33 einer dritten Disziplin, der Sprachtheorie, ausgefüllt werden kann. Als Sigwart die Definition des Urteils dahin formulierte, »daß ich etwas von etwas aus- sage«, hatte er das sprachtheoretische Problem — unwissentlich — berührt, aber es sogleich wieder ausgeschaltet, indem er »das ich sage ... aus« weiter hin nicht mehr einbezog und nur die traditionelle Urteilsformel »Von etwas wird etwas ausgesagt« erörterte. Nun, Sigwart — und dieser Name steht hier stellvertretend für die ältere Logik überhaupt — brauchte sich um die Bedeu tung dieses »ich sage aus« nicht zu kümmern, so wenig wie die Grammatik, die sich mit dem Aussagesatz befaßt. Andererseits hat auch die Psychologie und die Phänomenologie nichts damit zu tun, denn die Bedeutung des »ich sage aus« dieses Satzes ist nicht die eines Bewußtseinsaktes, einer »subjektiven Tätigkeit«, die in diesem Satze gegebene Definition betrifft das Urteil, nicht aber das Urteilen. Dies muß besonders mit Hinsicht auf eine Bemerkung Husserls betont werden, der in »Erfahrung und Urteil« der traditionellen Lo gik den Vorwurf macht, daß sie »das Urteilen als subjektive Tätigkeit«, als »Leistung des Bewußtseins«, nicht, »wie es nötig gewesen wäre, in das Zen trum ihrer Betrachtungen gestellt hat, sondern der Psychologie überlassen zu können glaubte« 46 . Husserl setzt die — wie er will, nicht psychologische, sondern phänomenologische — Problematik des Urteilens als subjektive Tätigkeit als die notwendige Alternative zu der formalen Urteilslehre, in der, wie es ausdrücklich heißt, das Urteil, als Apophansis, »dem Logiker zunächst ... in seiner sprachlichen Ausformung als Aussagesatz vorgegeben ist« 47 . Diese Alternative bzw. »die Doppelseitigkeit der logischen Thematik«, die Husserl aufstellt, macht es besonders deutlich, daß in Hinsicht auf das Problem der Aussage zwischen Logik und Grammatik eine Lücke vorhanden ist, die nicht durch die Phänomenologie des Urteilsaktes ausgefüllt werden kann, aber, wie nochmals betont sei, durch die Bezeichnung des prädikativen Urteils als Aussage verdeckt wurde. — Die unwillkürliche, ein Subjekt einbeziehende Form aber, die Sigwart der Urteilsdefinition als der einer Aussage gab, richtet die Aufmerksamkeit auf eine Struktur, die, wohlverstanden, in Sigwarts Formulierung keineswegs gemeint war. Es bedarf des Hinweises nicht, daß dieses Subjekt nichts als den Namen mit dem logischen Subjekt, dem Hypo- keimenon, wie auch dem grammatischen Subjekt gemeinsam hat. Es ist nicht das Subjekt der Aussage, sondern das Aussage-Subjekt, während es wiederum falsch wäre, es als das aussagende Subjekt zu bezeichnen, also etwa als die von Husserl ins Auge gefaßte »subjektive Tätigkeit« des Urteilens oder Aus- 46 Erfahrung und Urteil, S. 9 47 Ebd., S. 7