36 Erkenntnistheorie: dem Erkenntnissubjekt. Aber er weist Unterschiede zu diesem auf, die sich freilich nicht auf den ersten Blick erschließen. Sie beruhen darauf, daß die Aussage als sprachliche, sich im System der Sätze manifestierende Form fixierter ist als der Denk- und Erkennensvorgang als solcher. Die Aussage ist eben deshalb ein sprachtheoretisches und kein erkenntnistheoretisches Phänomen. Das aber besagt nun, daß das Aussagesubjekt, von dem wir oben schon bemerkten, daß es nicht als aussagendes Subjekt aufgefaßt werden darf, nicht in der Vielfalt der Aspekte schillert, die dem Erkenntnis- oder allge meiner : dem Bewußtseinssubjekt darum anhaften, weil es sozusagen ein Faktor im freien Bereich des personalen Lebens überhaupt ist, der, wie erwähnt, auch noch in seinen strukturellen Abstraktionen verborgen ist und in verschiedener Weise — psychologisch, transzendental, intentional — interpretiert werden konnte. Ja, obwohl der Begriff Subjekt in korrelativer Beziehung zu dem des Objekts gedacht ist, so kann diese doch in den Hintergrund treten und die spezifische Subjektivität des Subjekts sich isoliert als solche präsentieren, wie es schon im Alltagsgebrauch des Adjektivs subjektiv zu Tage tritt. Diese sozu sagen unbezogene, apolare Bedeutung hat das Adjektiv, wenn z. B. Husserl vom Urteilen als subjektiver Tätigkeit spricht (ohne dies im psychologischen Sinne verstanden wissen zu wollen) oder R. Ingarden von subjektiven inten tionalen Denk- und Bewußtseinsoperationen, deren Resultat und Korrelat der Satz ist 51 . So lehnt Whitehead überhaupt den »Fachausdruck« Subjekt-Objekt ab, weil er zu sehr »an das aristotelische Subjekt-Prädikat erinnert«. White- head verselbständigt darum das Subjekt zum »Ich-Objekt unter den Objekten, als die Ausgangslage, wie sie sich der erkennenden Erfahrung darstellt« 52 . Es handelt sich hier natürlich nicht darum, diese aus der Fülle anderer bei spielsweise zitierten Auffassungen des Erkenntnissubjekts zu diskutieren, etwa im Zusammenhang der verschiedenen erkenntnistheoretischen oder metaphysischen Standpunkte der genannten Philosophen. Sie dienen nur als Hinweis auf den aspektreichen weiten Sinn, der im Begriffe des Bewußtseins subjekts enthalten ist und je nach der Auffassung der jeweiligen Erkenntnis theorie bald den einen, bald den anderen Aspekt hervorkehrt. Wir befinden uns dem Aussagesubjekt gegenüber in einer gebundeneren, föderieren Situa tion. Sie ist fixiert in der Aussagestruktur, in der das Aussagesubjekt immer nur in bezug auf sein Aussageobjekt aussagt. Die Aussagestruktur ist eine fixierte ablesbare Subjekt-Objekt-Relation. Ihre Analyse aber wird zeigen, daß Charakter und Funktion der Aussage ausschließlich auf dem Aussagesubjekt beruht, ja 61 R. Ingarden, a. a. O., S. 109£, 114 52 A. N. Whitehead, Science and modern World, dt., Zürich 1949, S. 196