17 welches in den vorhergehenden Wochen besonders übel gelaunt war, goß an diesem Tage alle Herrlichkeiten des lang vermiß ten Frühlings in reichster Fülle iiber uns aus und trug we sentlich zürn guten Gelingen des Ausfluges bei. — Ein halb stündiger Aufenthalt in Heilbronn genügte zur Besichtigung der schönen Bahnhvfgebäude, einer gelungenen Arbeit unseres zu früh dahin geschiedenen Vereinsmitgliedes Schurr. Nach der um 10 Uhr erfolgten Ankunft in Jagstfeld gingen wir alsbald zu Fuße nach dem Mathildenbad in Wimpfen am Berg, ivo ein willkommenes Gabelfrühstück für uns bereit stand. Nachdem das Klappern des Tischqeräthes zu verklingen be-. gann, hielt der Schreiber dieses Berichtes einen kurzen, zur Orientirung bestimmten Vortrag über die Geschichte und künst lerischen Sehenswürdigkeiten Wimpfens, zu deren Besichtigung man auch sofort schritt, nachdem Herr Professor Dr. Schäfer aus Darmstadt zuvor noch in gewandter Rede einige ergän zende Bemerkungen dem eben erwähnten Vortrage beigefügt hatte. Die schönen spätromanischen Arkaden in der jetzigen Stadtmauer — welche mit dem umgebenden Quaderge mäuer einen der besterhaltenen Theile der auf der östlichen Spitze der Bergstadt, hoch über dem Neckar gelegenen Ueber reste der ehemaligen Pfalz der hohenstausischen Kaiser bilden — hatten wir schon bei dem Gang nach dem Mathildenbad be sichtigt. Nach dem Frühstücke gieng deßhalb unsere Wanderung nach der zunächstliegenden Stadtkirche, mit einem aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammenden einfachen frühgothischen Chore und einem in spätest gothischer Zeit (1492) errichteten in mehrfacher Hinsicht recht interessanten hallenförmigen Schiffbau, dessen Netzgewölbe auf doppelt ge krümmten Rippen ruhen. Die östliche Wand des nördlichen Seitenschiffes ist mit einenr im 16. Jahrhundert entstandenen, später übertünchten aber neuerdings wieder aufgedeckten und gut restaurirten, sehr beachtenswerthen Freskobilde — das jüngste Gericht darstellend — geschmückt. Von den Einrichtungsstücken haben die zwei geschnitzten und gemalten Altäre aus dem An fange des 16. Jahrhunderts, an denen die Renaissance sich bereits bemerkbar macht und besonders das um 1530 in auf fallend reinem, fast italienischem Renaissancestyl gefertigte Chorgestühl unsere Aufmerksamkeit vorzugsweise gefesselt. Zur Besichtigung der alten Kelche und Hostienkästchen sind nur wenige von uns gekommen. Dagegen wurde die bekannte süd westlich neben der Kirche stehende Calvarienberg-Gruppe aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, theils wegen ihrer plastischen Schönheit, theils wegen des Materials, aus welchem die Figuren bestehen, einer genauen Untersuchung unterzogen; wobei wir nach längerer Besprechung zu der Ueberzeugung ge langten, daß fragliches Material nicht etwa Stuck sei, wie schon vermuthet worden ist, sondern ein sehr weicher und feinkörniger Stein (Kalkstein?). -- Von da gieng unser Zug nach der Donlinikanerkirche, ebenfalls mit einem frühgothischen, 1273 begonnenen Chor und einem Schiffbau aus dem vorigen Jahrhundert. Dicht daneben ist der höchst interessante, zum Theil noch frühgothische Krenzgaug, welcher der hessischen Regierung behufs der Erhaltung — nicht Restauration — zu empfehlen wäre. Nach einer genauen Besichtigung desselben wanderten wir durch die malerischen Gäßchen mit ihren alten Bürgerhäusern zum „Steinhaus", ferner zur spätromanischen sog. Kapuzinerkirche, jetzt in ein Wohnhaus umgewandelt, und zum „rothen Thurme". Diese drei letztgenannten Bau ten liegen nahe beisammen und sind Ueberreste von der ehe maligen Kaiser-Pfalz. Die äußerlich noch ziemlich erhaltene Kapuzinerkirche (Palastkapelle) grenzt an die oben erwähnten prächtigen romanischen Arkaden und ist mit diesen augenschein lich gleichaltrig. Der rothe Thurm zeigt in seinen unteren Theilen eine ganz vorzüglich pünktliche Ausführung. Gleich wohl ist er, wie die übrigen Theile des ehemaligen Palastes auch erst im 12. Jahrhundert entstanden, also nicht römisch, j wie andere vermuthet haben. Für seinen mitteralterlichen Ur- sprung sprechen die Art des Randbeschlages der Quader und die Ueberreste eines romanischen Kamins in seinem Innern. - | Hiemit war der Rundgang in der Bergstadt zu Ende und ! es gieng jetzt thalwärts. In einer Viertelstunde waren wir i vor der in architektonischen Kreisen rühmlich bekannten, dem I heiligen Petrus geweihten Kirche d es Augustiner-Ritter stiftes zu Wimpfen im Thal, das erst im Anfang dieses Jahrhunderts aufgehoben worden ist. Ueber dieses für die Geschichte der Einführung des gothischen Baustyles in Deutsch land so besonders wichtige Bauwerk hat der Schreiber dieser Zeilen bereits vor zwei Jahren in unserem Verein einen Vortrag gehalten, welcher in den Vereinsprotokollen enthalten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf ver- > wiesen und nur noch beigefügt, daß genannte frühgothische Kirche mit dem daranstoßenden Kreuzgang den Schwerpunkt unserer diesmaligen Exkursion bildete und uns wohl eine Stunde lang anregend beschäftigte. Wir besichtigten darnach nur noch die außerhalb des Städtchens gelegene spätgolhische Cornelienkirche mit einem schönen „englischen Gruße" im Tympanon des nördlichen Seitenportals und giengen dann mit beschleunigten Schritten in das nahe Badhotel nach Jagst feld, wo Abends 4 Uhr unseren durch lange Wanderung ge schärften Appetit eine wohlbestztzte Mittagstafel kunstgerecht stillte. Allseitige lebhafte Unterhaltung und bald auch Toaste würzten das Mahl. Der erste davon galt gebührendermaßen ! unserem eifrigen Vorstand, welcher Tages zuvor die sehr interes- ^ saute und reiche Ausstellung von Plänen des Jngenieurfaches eröffnet hatte; der zweite den liebenswürdigen Damen, welche j unserem Aus finge durch ihre Theilnahme eine höhere Weihe i verliehen hatten; der dritte unseren lieben Gästen aus Darmstadt, in deren Land wir an diesem Tage selbst Gäste gewesen waren, und der vierte endlich dem Cicerone und zumaligen Chronisten ! der Exkursion. Bald nach 5 Uhr lud die Bahnhofglocke unsere j Darmstädter Gäste — zu früh für uns — zur Heimreise ein. Doch mußten wir selbst die unsrige bald vor 6 Uhr auch an treten. Wie der ganze bisherige Tag, so war auch die Heim reise von der heitersten Laune aller Theilnehmer und vom ! besten Wetter begleitet, und wenn auch kein Thau mehr auf den blumigen Wiesen erglänzte, und Geist und Gemüth trotz ; aller Lust nicht mehr so morgenfrisch bei der Heimfahrt waren, ; wie bei der Ausfahrt, so gieng uns allen der schöne Tag doch dermaßen zu früh zu Ende, daß nicht wenige ihn in heiterer Geselligkeit noch bis tief in die Nacht hinein verlängerten. ! Alle schieden mit dem aufrichtigen Wunsche, daß jede künftige . Vereinsexkursion eben so gut gelingen möchte wie diese. Egle. Protokoll über die am 26. August 1877 stattgehabte Exkursion des Vereins für Baukuude an den Remsviadukt bei Nenstädtle, sowie ins Nenstädtle bei Waiblingen. Die Exkursion des Sommers 1877 war auf einen Sonn tag Nachmittag beschränkt, und vereinigte 22 Mitglieder des Vereins, 11 Damen der Vereinsmitglieder und 2 Gäste in den freundlichen Garten- und Wirthschaftsräumen des sallbe- kanuten Bades Neustädtle. Der Zug 3 Uhr 8 Min. brachte die Gesellschaft nach Waiblingen, dessen neu angelegter Bahn hof eine kurze Besichtigung einzelner Mitglieder fand, worauf man durch die vielgewundenen Straßen der alten Hohenstaufen-