45 unter die Leitung des Staatsraths Generalmajors v. Seeg er und des Oberbauraths v. Bühl er, wozu schon ein Theil unserer topographischen und Flur-Karten, mit denen wir manchen größeren Ländern voraus waren, benützt werden konnten und vorzügliche Dienste leisteten. Ersterer bearbeitete die Linie: 1) Berg, Ludwigsburg, Besigheim, Heilbronn. 2) Ludwigsburg — Westgrenze. 3) Stuttgart-Berg, ins Rems- und Brenzthal. Letzterer vorzugsweise Berg — Ulm und Ulm Friedrichs- Hasen, wobei jedoch für Lokomotiv-Bahnen nicht für räthlich gehalten wurde, stärkere Steigungen als für den Albaufgang 1:150, im übrigen 1:200, und stärkere Radien, als von 2000' anzuwenden, was bei der Beurtheilung der betreffenden Tracir- ungcn nicht aus dem Auge gelassen werden darf. Der Minister des Innern erstattete den 23. Febr. 1839 den Ständen erstmals Bericht, woraus ersichtlich, daß die Bahn linie O -Ä * •§.<£< \ — 3* 3 3 1) Cannstatt—Ulm 30 Std. 305030 fl. Pr. Std. doppelspurig —' • 9.150899 fl. 2) Ulm —Friedrichshafen 27 Std. einsp. pr. Std. 235315 fl. — > 6.353493 fl. /3) Cannstatt—Heilbronn 15 ‘/ 2 Std. pr. Std. 316929 fl. — > 4.912403 fl. 4) — auf der Pforzheimer Linie bis Landesgrenze 14'/- Std. pr. Std. 254926 fl. — j - 3.696424 fl. 5) — auf der Bruchsaler Linie bis Landesgrenze 17 9 /i 0 Std. pr. Std. 239528 fl. —4.287543 fl. zus. 104°/,, Std. —270741 fl. — > 28.400762 fl. veranschlagt war, und nebenbei von Ulm bis Friedrichshafen ein Kanalprojekt auf die Länge von 29 Std. mit einem Kosten betrag von 7.446944 fl. bei 314' Steigung von Ulm zur Wasser scheide, 568' Gefäll von da bis Friedrichshafen und bei 5—10' Schleußenfall niit 95 Schleusten durch v. Bühlcr pojektirt war. Die K. Regierung stellte hienach bei der Neuheit und Schwierigkeit des Unternehmens weitere Erwägungen und sorg fältige Prüfungen in Aussicht. Seitens der Kammer wurde die Vorlage nur von dem Ab geordneten Dörtenbach von Calw eingehend und in richtiger Erfassung der wichtigen Frage studirt, in der Kammer selbst aber der Gegenstand nicht weiter behandelt, zudem auch der Eisenbahn-Enthusiasmus einige Abkühlung erfuhr. In diese Stillstandszeit fiel Seitens einer Privatgesellschaft die Idee einer Pferdebahn zwischen Stuttgart und Cannstatt, getragen von Oberbaurath von Etzel junior, und zwischen der bairischen Grenze bei Friesenhofen über Leutkirch, Jsny nach Wangen und Friedrichshafen 23 Std. 6280' lang auf Grund einer Petition der Städte Leutkirch, Wangen und Jsny vom Jahre 1838/39 durch den damaligen Straßenbauinspektor, jetzigen Baurath von Seeg er ausgearbeitet und durch Bericht vom 4. Mai 1842 übergeben. Die Kostenberechnung bezifferte sich für Letztere auf 1.739427 fl. 20 kr. oder pr. Std. auf 74018 fl. 10 kr. und sollte als eine Verbindung zwischen Ulm und Friejenhofen, der Linie Ulm—Friedrichshafen nach Ansicht der Petenten Konkurrenz machen. Die genannten Regierungstcchniker überarbeiteten ihre Pro jekte; leider aber trat im Jahre 1841 Staatsrath v. Seeger, dessen Verdienste bezüglich seiner nach richtigem Systeme — auf Grund topogr. Behandlung der Flurkarten durch Aufnahme von Höhepunkten in einer gewissen Ausdehnung zu Bildung eines nivelistischen Netzes — gefertigten Vorarbeiten auch später von dem Professor v. Vignoles wie von dem Obcrbaurath von Etzel junior, in ausgezeichneter Weise anerkannt wurden, von den Geschäften zurück, und so fiel die ganze große Arbeit in die Hände des Oberbauraths von Bühlcr. Die K. Regierung konnte im März 1842 durch den da maligen Minister v. Schlayer begleitet durch einen ausführ lichen ausgezeichneten Vortrag an die Stände des Landes Vor lage machen und von der Nothwendigkeit des Eiscnbahnbaues, nachdem die übrigen Staaten Deutschlands bereits Eisenbahnen besaßen, durchdrungen, einen Gesetzcscntwurs einbringen, wornach für die auf Kosten des Staats zu bauenden Eisenbahnen für die Etatsperiode 1. Juli 1842 bis 30. Juni 45 — 3.200000 fl. zu bewilligen angesonnen wurden und die weitere Prüfung der Plane durch einen im Eiscnbahnbau praktisch erfahrenen und be währten fremden Techniker in Aussicht gestellt wurde. Diese Vorlage erregte bei einem großen Theile der Stände- Versammlung und der Landesbevölkerung große Freude; die hiefür niedergesetzte Kommission, deren Berichterstatter die treff lichen Männer Regierungsdirektor v. Werner aus Reutlingen und Fabrikant Dörtenbach aus Calw waren, gab in einem umfassenden, auf ausgedehnten Studien aus technischem, volkswirthschaftlichem, finanziellem Gebiete, der Vcrkehrsfrequenz, der Anschlüsse und der strategischen Verhält nisse, sowie auf Erwägungen zwischen Pferde- und Lokomotiv- bahncn, beruhendem vorzüglichen Referate dem großen Gedanken einer Eisenbahnanlage — bauend auf dem Ausspruche, daß in geistiger und politischer Beziehung die Natur und Größe des Effektes, den diese Erfindung auf alle Verhält nisse des menschlichen Lebens ausüben werde, nicht zu ahnen, so viel aber gewiß feie, daß Eisenbahnen die Träger der Kultur, der Humanität und der Gesittung seien; daß sie das Band des Einzelwesens, wie der Völker bilden, Künste, Wissenschaften, Licht und Aufklärung und eine gesunde öffent liche Meinung immer mehr verbreiten und befördern, den unedlen Partikularismus mildern, die materielle Einheit be festigen und die Völker und Interessen so ineinander ver schlingen, daß je inniger das Völkerleben sich entwickle und der Völkerverkchr zum Weltverkehr sich gestalte, desto weniger auch eine gewaltsame Störung des Friedens zu befürchten sei, die volkswirthschaftliche Seite der finanziellen voranstellend, Vortheile und Nachtheile gründlichst gegeneinander abwägend, die ersteren als bleibend, letztere als vorübergehend bezeichnend — ihren Ausdruck in der Anerkennung der Nothwendigkeit des Baues von Eisenbahnen auf Staatskosten, auch ohne vorherige Erledi gung der Anschlußsragen gegen Baiern und Baden hin, sprach dabei aber auch ihre großen Bedenken gegen die Projekte v. Böhlers insbesondere bezüglich der hohen Dämme, tiefen Einschnitte, des Winterbetriebs über die Alb und über Unzulänglichkeit der Baukosten aus. Diese Berichterstattung kann überhaupt als ein Muster auf dem Gebiete landständischer kommissarischer Thätigkeit be zeichnet werden. Diesem Kommissionsbcrichte stand ein solcher der Minorität, aus 2 Personen bestehend, gestützt auf ängstlicher Anschauung, welcher der Erbauung nicht hold war, jedenfalls den Bau aber verschoben haben wollte bis die Anschlüsse au die Nachbarstaaten geregelt seien, entgegen. v. Bühlcr, welcher zwar als Straßen- und Brückenbau meister und insbesondere in Oberschwaben als Lehrer einer großen Anzahl von angehenden Technikern einen guten Namen hatte und auf diesem Felde viel Verdienstliches leistete, ver mochte an der Spitze eines so bedeutenden Unternehmens und trotz seiner vielen Detailarbeiten dennoch kein Vertrauen zu er wecken, es fehlte ihm wohl nicht an Selbstbewußtsein und Energie, dagegen an System für solche Arbeiten. Er, der nie eine Eisenbahn gesehen, überhaupt mit der Methode für Terrain aufnahmen und so auch mit der Eiscnbahntracirung und dem Eiscnbahnbau unbekannt war, konnte unmöglich das Richtige treffen. Das Land war, wie V i g n o l e s später bemerkte, in seiner Hand eine unbehandelbare Masse, er zog nach seinem Gutdünken, gestützt auf barometrische Höhenpunkte und die topogr. Karte sowie durch Festhalten an vorgefaßten Gradienten, nach dem sog. englischen System meist lange gerade Linien ohne Rücksicht auf Terrainbeschaffcnheit und Ausgaben, und erhielt so häufig un-