22 Beil. 1 zur 1. u. 4. Versammlung. Keferat und Weschluß über die vom Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine in seiner Abgeordnetenversanimtung ;n Dresden gestellte Frage 5: Welche Mittel und Wege sind geeignet, der Einführung des Eisens in den Hochbau mehr Eingang zu verschaffen? Das Referat über diese Frage, von einer Kommission, bestehend aus den Herren Oberbauräthen v. Tritschler und Bol, Professoren Laißle und Dollinger und Bauinspektor Wagner, behandelt und vom Verein für Baukunde in seiner vierten Versammlung am 15. Februar zum Beschluß erhoben, lautet wie folgt: Zufolge der allenthalben ins wahrhaft Großartige be triebenen Eisenbahnbauten, wo das Eisen schon längst als Hauptmaterial auftritt, sind die Eisenkonstruktionen auch in ausgedehntem Maße bei Hochbau zur Anwendung gekommen, und treten dieselben jetzt mit einer Selbständigkeit auf, wie das in früheren Bou- und Stillperioden entfernt nicht in ähnlicher Weise zu bemerken ist. Die Leichtigkeit und das zierliche Ansehen der Eisenkon- struktionen liegen ohnehin auch im Geiste unserer modernen Zeit, die im Gegensatz zu den schweren und schwerfällig aus sehenden Stein- und Holzkonstruktionen älterer Bauperioden alles leicht, licht, positiv, wir möchten sagen wissenschaftlich klar und hell haben will. Hiezu treten aber namentlich die technischen Vortheile, welche das Eisen bietet: die Möglichkeit, das Eisen ohne Schwierigkeit entgegen den starren und unbiegsamen Formen der Steine und Hölzer in jede beliebige, also auch in die zweck mäßigste Form zu bringen, das verhältnißmäßig geringe Gewicht der Konstruktionstheile, die Möglichkeit und die fast unendliche Mannigfaltigkeit, die einzelnen Konstruktionstheile in einer Weise fest mit einander zu verbinden und zu verknüpfen, wie das bei Stein- und Holzkonstruktionen entweder gar nicht, oder nur sehr unvollkommen, oder in genügender Weise auch nur mit Znhülfe- nabme des Eisens stattfinden kann, die Dauerhaftigkeit und Widerstandsfähigkeit des Materials, die Unverbrennlichkeit desselben, die Möglichkeit, die Eisenkonstruktionen leicht und ohne große kostspielige Gerüste rasch zu niontiren und aufzu schlagen, sind Vortheile, die schwer ins Gewicht fallen, je länger je mehr erkannt werden und dem Eisen in vielen Fällen und bei einer Menge von Bauten, wie sie namentlich die moderne Zeit verlangt, eine selbständige Stellung, ja eine gewisse Präponderanz gegenüber von Stein und Holz bereits verschafft haben. Die Herstellung großer Kuppeln und sonstiger schwerfälliger Gewölbe-, Treppen- rc. Konstruktionen in Stein, weitgesprengter und daher ebenfalls schwerfälliger Dachstühle und Deckenkonstruk- tionen in Holz dürften zu den überwundenen Standpunkten zu rechnen sein, und kann deshalb wohl füglich gesagt werden, daß für eine Reihe von Bauten, wie sie jetzt verlangt werden, z B. für Hohlbauten jeder Art, für hallenartige Gebäude, für solche, die unverbrennlich sein sollen, für Waareuhäuser, Ma gazine, wo nicht gerade sehr werthvolle Gegenstände aufbe wahrt werden sollen, wie z. B. Archive, wichtige und werth volle Sammlungen, sodann für Theater, für Werkstätten, für versetzbare Gebäude, auch für besonders hiefür geeignete Theile von Wohngebäuden, das Eisen, wenn nicht als aus schließliches, so doch als Hauptmaterial betrachtet wird und immer betrachtet werden sollte. Zahlreiche Bauten und Konstruktionen dieser Art sind allenthalben ausgeführt worden, auch die bedeutenderen Städte unseres Vaterlandes erfreuen sich einer Menge schöner und gelungener Werke dieser Art; der Gegenstand erfreut sich deshalb einer zahlreichen, zum Theil bedeutsamen Literatur und gewiß wird jeder einsichtige Techniker, der hiezu Gelegen heit hat, aufs Eifrigste bestrebt sein, sich denselben zu eigen und wo es die Umstände mit sich bringen, davon Gebrauch zu machen, um auf der Höhe der mit der raschen Zeit rasch fortschreitenden immer neuen und wichtigen Resultate und Errungenschaften in diesem Gebiete zu verbleiben. Auch alle technischen Hochschulen und Lehranstalten über haupt bebauen das Feld in ausgiebiger Weise, den theoretischen Theil bekanntlich in der technischen Mechanik, an welche sich die Konstruktionsübungen mehr oder weniger eng anschließen oder wenigstens anschließen sollen, um den lernenden und heranwachsenden Technikern die nöthige wissenschaftliche Basis mit auf den zukünftigen Lebensweg zu geben. Nichtsdestoweniger aber ist schon recht vielfach die Be merkung gemacht worden, daß das Eisen trotz der angeführten großen Vortheile bei weitem noch nicht in dem Maße im Hoch bau zur Anwendung kommt, wie es eben theils aus technischen, theils aus volkswirthschaftlichen Gründen wünschenswerth wäre; aus letzteren hauptsächlich wegen des allzugroßen Verbrauches an Holz, der, wie in einer denselben Gegenstand behandelnden Abhandlung von Ingenieur R. Daelen in Nr. 45 der Wochenschrift des Vereins Deutscher Ingenieure des Näheren ausgeführt ist, für unsere deutsche Waldbewirthschaftung — die gar häufig mehr vom einseitig finanziellen, als vom ratio nellen Standpunkte gehandhabt wird, — von den nachteilig sten Folgen sein könnte. Die Frage liegt also nahe, in welcher Weise dem Eisen mehr Eingang in den Hochbau verschafft werden könnte; sie ist in dem letzten Jahrzehnt schon mehrfach erörtert und sind Beitrüge zu deren Lösung theils in Zeitschriften, theils ander weitig geliefert worden. Will man in dieser Beziehung, soweit es überhaupt mög lich ist, etwas Ersprießliches leisten, so dürfte es sich empfehlen zunächst den Ursachen nachzuforschen, warum nicht von selbst schon, was ja immerhin das Beste und Natürlichste wäre, das Eisen im Hochbauwesen mehr Eingang gefunden hat. Es dürste nicht schwer halten, diese Ursachen näher zu bezeichnen. Zunächst wird als wesentliches Hinderniß 1) die Macht der Gewohnheit zu betrachten sein. Die selbe ist bekanntlich sehr groß; insbesondere wird in kleineren Städten auf denr Lande und auch in größeren Städten bei gewöhnlichen Wohnhaus- und anderen Bauten, die ja großen- theils in Händen einfacher Meister sich befinden, schon ver möge des konservativen Sinnes an dem hergebrachten Alten nur allzugerne festgehalten, das Neue mit Mißtrauen betrachtet, und werden die leichter und müheloser zu beschaffenden, gewohnten Holzkonstruktionen beibehalten; besonders, wenn es sich um Spekulaliansbauten handelt, deren nachheriges Verhalten dem Spekulanten, wenn er sich derselben glücklich entledigt hat, von keinem so wesentlichen Interesse mehr ist, daß er sich hätte veranlaßt fühlen sollen, die ausgesuchtesten Konstruktionen hie- sür bei der Ausführung zu wählen. Sodann dürfte ein weiteres Hinderniß der rascheren Ein führung des Eisens eben hauptsächlich 2) im Kostenpunkt zu suchen sein. Es wird allerdings vielfach die Behauptung aufgestellt, und durch Rechnung zu zu erhärteu gesucht, daß bei rationeller Anwendung des Eisens die daraus gefertigte« Konstruktionen, z. B. Gebälke, billiger