17 Axe des neuen Stegs würde an der Ulmer Seite auf die Adlerbastei oberhalb des Erkers treffen und unter Umständen eine unmittelbare Fortsetzung durch den Spitalhof gegen die Sammlungsgasse hin er halten können. Damit wäre allerdings für Fußgänger eine möglichst rasche Ueberschreitung der Donau gegeben. Mindestens ebenso wichtig er scheint aber die Frage der Herstellung einer weiteren Fußstegver bindung im Anschluß an die Eisenbahnbrücke. Vermöge der bedeutenden Höhenentwicklung des Württember gischen Ufers an der Adlerbastei, welche zur Ausführung einer Treppen anlage auf der gegenüber liegenden Neu-Ulmer Seite führen wird, erscheint die Stegbaustelle besonders geeignet, die Donau hier mit einem großen Bogen von entsprechender Pfeilhöhe zu überspannen und behuf möglichster Verringerung der Rüstungsarbeiten eine Kon struktion aus Zement und Eisen zu wählen, wie sie für die neu zu erbauende große gewölbte Brücke in Bern auch in Vorschlag gebracht worden ist. — Die Pfeilhöhe ist hier so bedeutend, daß eine vor zügliche Bogenform zu erreichen wäre. Bei der letzten Stuttgarter Ausstellung war projektiert, als Ausstellungsobjekl einen Betonbogen von annähernd 100 in Spannweite über den Stadtgarten hinweg herzustellen. Das Projekt kam mit Rücksicht auf die wenig befrie digende Wirkung, die ein solch ungeheures, an sich zweckloses Bau wesen gemacht haben würde, nicht zur Ausführung. Hier wäre eine Gelegenheit gegeben, eine Betonbrücke von den größten Maßen wirkungsvoll in eine wunderschöne Naturumgebung einzufügen. Jeden falls werden reine Eisenkonstruktion, Eisen mit Zement und reine Betonkönstruklion konkurrieren. Die einheimische Zementindustrie wird sich eine solche Gelegenheit znm Nachweis ihrer Leistungsfähig keit auch bei den höchsten Anforderungen nicht entgehen lassen. So können wir mit Ruhe der Weiterentwicklung der Verkehrs verhältnisse zwischen beiden Ufern entgegensehen. Mögen sich die beiden Städte immer fester zusammenschließen. Die gemeinschaft lichen Interessen erfordern gemeinsame Arbeit. Astronomische Betrachtungen über das Endliche und das Unendliche im Universum Vortrag von Fabrikant Tesdorpf, gehalten am 19. März 1898. Wo und zu welcher Zeit der vergangenen Geschichte wir die Thätigkeit der Kulturvölker einer Betrachtung unterziehen, finden wir, daß durch den überwältigenden Anblick des über uns scheinbar aus gespannten Himmelsgewölbes, des Firmaments, sich nicht nur der Wunsch, sondern auch das ernsthafte Bestreben kundthat, die Lage der Millionen und Milliarden Gestirne in einem Rahmen unterzu bringen, der es ermöglicht, einen Vergleich für die jeweilige Gegen wart, sowie auch für die nachfolgenden Geschlechter anzustellen. Die Wandlungen, die unsere Mutter Erde seit Jahrtausenden gleich Mil liarden von Weltkörpern nach bestimmten Gesetzen durchgemacht hatte und weiter durchmachen mußte, diese Rätsel der wunderbaren Schöpfung, sie liegen heute klarer vor uns, als ehedem. Wie so mancher kühne Seefahrer, welcher von der Ueber zeugung gedrängt, in dieser oder jener Himmelsrichtung auf unserem Erdball ein neues Land, einen neuen Weltteil finden zu müssen glaubte, den sicheren Heimatshafen verließ, sich dem wilden Element preisgab, um seine Forschungen zu befriedigen, das Gesuchte entweder nicht fand oder in ganz anderer Ausdehnung und Beschaffenheit entdeckte, so ging es und geht es auch heutzutage denjenigen zuweilen, die sich mit Beobachtungen in dem Sternenmeer verlieren, um die Astronomie zu bezeichnen. Manches Gestirn, welches das Auge des Astronomen beglückt, ist nur ein Gast, der hundertjährig wiederkehrt, -oder ein solcher auf Nimmerwiedersehen. Da heißt eS, aus wenigen Beobachtungen die Bahn desselben zn bestimmen, — auf Entfernungen von Millionen von Meilen den Pfad des leuchtenden Wanderers, den dieser durch das Universum unternimmt, zu berechnen. Wie die Philosophie aus scheinbar unergründlichen Geistestiefen die Lichtquelle erschloß, die erhellend auf Geist und Gemüt einwirkte, so lehrt uns die Astronomie erst recht begreifen, wie unermeßlich groß das Uni versum ist und giebt uns einen Maßstab an die Hand, jene Lichtquelle, welcher wir unser Dasein auf unserer kleinen Erde unter den ob waltenden Verhältnissen vor Jahrtausenden verdankten und nach Jahrtausenden noch verdanken werden, in Bezug auf Größe, Intensität und Entfernung zu ermessen. Auf Entfernungen von Millionen von Meilen übt der Mensch die Kunst, den Sonnenstrahl durch ein künstlich geformtes Glas (das Prisma) zu fesseln und erkennt durch scharfe Beobachtung aus dem sich entwickelnden Spektrum, welche Substanzen und in welchen Mengen dieselben jeweils in jenen unendlichen Fernen in der Auflösung und Verbrennung begriffen sind. Heutigen Tages verfügt die Wissenschaft auf dem Gebiete der Spektral-Analyse über eine große Anzahl von Sternuntersuchungen und fanden sich dadurch ähnliche und gleiche Beziehungen, wie auf unserer Erde. Dank der sich immer mehr und mehr entwickelnden Technik wissen wir, daß z. B. jene als permanente Nebel in einzelnen Sternbildern, in dem Orion und in der Milchstraße bezeichneten Gebilde sich bei genügender Fernrohrvergrößerung als neue Weltensysteme, — ähnlich unserem Sonnensystem — entpuppen, wobei noch weiter die Möglich keit, ja Gewißheit herrscht, daß diese unser Sonnensystem weit an räumlicher Ausdehnung übertreffen. Der Reformator der Astronomie, der unsterbliche Copernikus, dessen Name unauslöschlichen Glanz auch für spätere Geschlechter behalten wird, welcher im Jahr 1473 zu Thorn geboren wurde, war es, der den Zauber der Schöpfung zuerst richtig erkannte. Die Erde galt damals als Zentrale der Welt, um die sich die übrigen Gestirne drehen sollten. Als unan tastbar hielt die damalige Kirche diese Anschauung aufrecht. „Und sie bewegt sich doch" ist ein unsterbliches Dictum geblieben für die Träger und Vertreter der Astronomie, sowie für die wissenschaftlichen Forschungen bedeutungsvoll erhebend, und auch wiederum zermalmend und niederschmetternd geworden für die Verächter des geistigen Auf schwungs. Copernikus war es, der die Astronomie zuerst den be stehenden Wissenschaften anreihte und den Grundstein legte, auf welchen sich die späteren Wissenschaften stützten. Tycho de Brahe, unser Landsmann Keppler und Galilei bauten zunächst auf den gegebenen, fest fundierten Säulen das neue Himmelsgewölbe aus. Die von Keppler aufgestellten Gesetze begründeten die Mechanik des Himmels, indem auf Grund seiner Berechnungen die für ewige Zeiten unumstößlichen astronomischen Gesetze niedergelegt und die Beweise klar und scharf, zweifellos entwickelt wurden dafür, 1) daß der Radiusvector eines Gestirns in gleichen Zeiten gleiche Flächen beschreibt; 2) daß die Quadrate der Umlaufszeiten zweier Planeten sich zu einander verhalten, wie die dritten Potenzen ihrer mittleren Entfernung von der Sonne. Welcher Unterschied liegt zwischen den von Keppler aufgestellten Gesetzen und dem Sonnenkultus der Helenen, die ihren Apoll auf seinen Sonnenrossen morgens von der Göttin Aurora Abschied nehmen ließen, um abends beim Niederfahren Labung in den erquickenden Wellen des Ozeans zu suchen, welchem Zuge bei beginnender Dunkel heit seine Trabanten „Mond und Sterne" in unzählbarer Menge folgten, um auf der Fahrt um die Erdscheibe den Pfad mit dem Abglanz seiner von dannen gezogenen Herrlichkeit bis zum komnien- den Morgen zu beleuchten. Unsere Erde mußte in der Phantasie ihrer Bewohner sich der Mode unterwerfen und je nach dem zeitweisen Geschmack eine ihr zugedachte unmögliche Gestaltung und Gewandung