nissen fehlte: zu deren Erlernung war in Bopfingen damals gar keine Gelegenheit vorhanden. Diesem Mangel suchte ich in den nächsten Ferien durch Privatunterricht abzuhelfen, so daß ich es wagen konnte, mich im Herbst des Jahres 1839 der Aufnahmsprüfung in die damalige Gewerbeschule — die spätere Polytechnische Schule — zu unterziehen. Durch Bestehen der Prüfung konnte ich im Spät herbst des genannten Jahres in diese Schule eintreten. Im November desselben Jahres stattete S. Majestät König Wilhelm I. der Schule einen Besuch ab, und verlieh ihr dabei den Titel „Polytechnische Schule". Der Zeitpunkt meines Eintritts in die Schule war insofern ein sehr günstiger, als kurz vorher eine ganz bedeutende Erweiterung derselben stattgefunden hatte, wodurch weitere wichtige Lehrfächer und bedeutende Lehrkräfte hinzugekommen waren. Ich gestatte mir hier in Kürze einiges über die Gewerbeschule von ihrer Entstehung an anzuführen. Die Gewerbeschule ist im Jahr 1829 errichtet und in einem Teil der Räume des Gebäudes Königsstr. Nr. 12, gegenüber dem K. Marstallgebäude, das im Jahr 1807 unter König Friedrich als Offizierspavillon gebaut worden war, untergebracht worden. Die Hauptlehrer waren: Professor Or. Heigelin für Kunstgeschichte, Kunstkritik, descrip- tive Geometrie und konstruierende Technologie, 1829/33; er war ein vorzüglicher Lehrer und zuletzt auch Vorstand der Schule; leiderstarb er, von allen seinen Schülern hochbetrauert, schon im Jahr 1833. Bergiat Degen für Physik und Chemie, 1829/39. Prof. Hang für Mechanik und Maschinenbau, 1829/39. Prof. Kiefer für reine Mathematik. Prof. Oberbaurat Thouret, 1832/34, Hofarchitekt des Königs Friedrich, zugleich Lehrer an der im gleichen Gebäude unter gebrachten Kunstschule. Prof. Weitbrecht für Plastik und Ornamentik 1832/36, leider zu bald gestorben. Architekt Mäntler, 1832/39, für Bauzeichnen. Architekt Mühlbach er, 1832/51, für Bauzeichnen; früher unter Thouret am Katharinenhospital thätig gewesen. Auf Prof. Or. Heigelin folgte im Jahr 1833 als Vorstand Oberbaurat Fischer, vorher Kreisbaurat in Ellwangen; er hatte viele Jahre in Paris unter Durand studiert und sich lange in Italien aufgehalten. Für die Baufächer, insbesonders für Baukunde und Entwerfen, war zu wenig Sorge getragen worden, weshalb einzelne Schüler sich veranlaßt sahen, zur besseren Ausbildung in der Architektur nach München (Schlierholz), Berlin (Egle) und Paris (Leins) zu gehen. Vom Jahr 1839 an wirkten als Hauptlehrer: Prof. Proß für Geometrie, Stereometrie und Trigonometrie, Verfasser von Lehrbüchern über praktische Geometrie. Prof. Ritter für Algebra und Analysis, Verfasser von Lehr büchern über Arithmetik. Prof. Clavel für darstellende Geometrie. Prof. Kurr für Naturgeschichte, Verfasser eines Lehrbuches über Geognosie. Prof. Reu sch für Mechanik und Physik. Prof. Fehling für Chemie und Technologie, Verfasser eines Lehrbuches der Chemie. Prof. Mauch für Bauzeichnen, Kunstgeschichte, Ornamentzeichnen und Modellieren. Derselbe ist durch sein berühmtes Werk über die architektonischen Ordnungen bekannt. Prof. Seubert für Freihand- und Figurenzeichnen. Oberbaurat Fischer für Baukunde und Baukostenberechnung. Prof. Breymann bis 1845 als Hilfslehrer und dann Haupt lehrer für Baukonstruktionen, Straßen- und Brückenbaukunde. Derselbe ist durch sein heute noch mustergiltiges Werk über Baukonstruktionslehre Ihnen allen bekannt. Prof. Mährlin für Geschichte, Religion und Nationalökonomie. An die Stelle von Prof. Clavel, welcher im Jahr 1842 starb, kam aushilfsweise Ingenieur Pressel, der spätere Oberingenieur der orientalischen Bahnen, 1842/43, und hierauf Prof. Or. Gugler, Verfasser eines vorzüglichen Lehrbuchs über darstellende Geometrie, 1844/80. Im Jahr 1845 wurde die Winter baugewerkeschule, jetzige Baugewerkeschule errichtet; die bis dahin die polytechnische Schule besuchenden sogen. Winterschüler wurden nun in diese verwiesen. Was das Architekturfach anbelangt, so ist nicht zu verkennen, daß trotz der Tüchtigkeit der Lehrer, namentlich in der Kunstgeschichte und Baukunde ein Mangel an Vorbildern und Werken über diese Fächer sich geltend machte, welchem erst später, insbesondere durch die Erfindung der Photographie abgeholfen werden konnte. Für Straßen-, Brücken- und Wasserbau war kein besonderer Lehrer an gestellt, sondern es wurde dieses Fach von Prof. Breymann mit mit der Baukonstruktionskunde verbunden. Ich selbst habe dies nicht bedauert, weil ich dadurch gleichzeitig auch in diesen Fächern Kennt nisse erlangte, wenn auch nur allgemeine, die mir später sehr zu statten kamen. Infolgedessen habe ich diesen Fächern stets ein be sonderes Interesse bewahrt. Erst im Jahr 1844 mit der Anstellung des Herrn Prof. Hän el wurden die genannten Fächer als besonderes Abteilungsfach behandelt. Ich besuchte die Schule bis zum Jahre 1844 und legte im Jahr 1845 die 1. Staatsprüfung mit der Note Ha ab. In die Zeit 1839/45 fallen einige Ereignisse, deren Mit teilung Sie interessieren dürfte, wenn sie auch nicht zur Sache ge hören. Es sind dies: 1) Das 25jährige Jubiläum des Königs Wilhelm I. am 28. September 1841, welches ich teilweise im Festzug mitmachte, und welches Anlaß gab zu der Errichtung der Jubiläumssäule auf dem Schloßplatz in den Jahren 1842/46. Ausführliches hier über enthält der Vortrag des ch Präsidenten v. Leibbrand im Heft 2 Jahrgang 1893 der Monatschrift des Vereins für Baukunde. 2) Der Umbau des alten Lu st Hauses in das jetzige Hoftheater in den Jahren 1844/46. Gegen den Umbau, bezw. gegen die Zer störung dieses hochinteressanten Baues hatte damals Professor Mauch an der polytechnischen Schule protestiert, so gut er es zu thun ver mochte, jedoch ohne Erfolg. Er und seine Schüler, zu denen auch ich gehörte, besuchten den Bau so lange es möglich war und machten Aufnahmen. Besonders geschah dies von dem im vorigen Jahr ver- stdrbenen Architekten Hoffmann. Bekanntlich hat Architekt Beis bar th d. Ä., welcher auf dem Baubureau der damaligen Hofbau meister Gaab L Gabriel die Zeichnungen zu dem Umbau fertigte, das Ganze möglichst genau aufgenommen und dadurch das Gebäude der Nachwelt erhalten. Seine Zeichnungen wurden für die Bibliothek der polytechnischen Schule erworben. Außer der künstlerischen archi tektonischen Ausbildung des Gebäudes war namentlich die Konstruktion des hölzernen Dachstuhls über dem großen Saale von größtem 3) Der Bau der Wilhelms durch Architekt Zanth in den Jahren 1840 46. 4) Die Erbauung und Eröffnung der ersten Eisenbahn von Cannstatt bis Eßlingen in den Jahren 1844/45. Für die Linie von Stuttgart nach Cannstatt war damals von dem englischen Ingenieur Vignoles der Vorschlag gemacht worden, sie auf der nörd lichen Seite der Ludwigsburgerstraße mittelst eines steinernen Viadukts nach Art der römischen Aquädukte vor der Reiterkaserne vorbei zuführen, was glücklicherweise, nachdem zuvor ein Modell in wirk licher Größe aufgestellt worden war, nicht genehmigt wurde. Wenn ich nach dieser Abschweifung auf den Gegenstand meines heutigen Vortrags zurückkehre, so habe ich anzuführen, daß ich nach Erstehung der I. Staatsprüfung im Jahr 1845 von dem damaligen Referenten des K. Finanzministeriums in Bausachen, dem Oberbaurat v. Groß als Assistent angestellt wurde, und unter dessen Leitung