44 Monatsschrift des Württembg. Vereins für Badkdnde in Stdttgart. No. 8 Das Läuten der Kirchenglocken auf mechanischem Wege. Die mannigfachen Versuche, welche gemacht worden sind, um Kirchenglocken auf mechanischem Wege anzuschwingen, haben bisher kein günstiges Resultat ergeben, weil die hiezu gebauten Maschinen den verschieden langen Schwingungsperioden der Glocken nicht Rechnung tragen konnten, sondern die Glocken zwangsweise entsprechend der Einstellung der Maschine be wegt haben. Diese Läutemaschinen haben ein Geläute erzielt, welches allerdings abwechslungsreicher in seinen Ton Variationen war als die mechanisch angeschlagenen Glockenspiele mit ihren monotonen Wiederholungen, aber sie können niemals die un endlich abwechslungsreichen Tongemälde schaffen, welche die von Menschenhand angeschwungenen Glocken mit ihren regel losen, beständig wechselnden Schwingungszeiten hervorbringen. Es ist das Verdienst des Herrn Pfarrers Seeger in Zuffen hausen, die Anregung zu neuen Versuchen auf diesem Gebiete gegeben zu haben, indem derselbe den Glockengießer G. A. Kiesel in Heilbronn a/N. beauftragte, die Glocken für den durch Oberbaurat H. Dolmetsch zu erstellenden Neubau einer zweiten evangelischen Kirche in Zuffenhausen auf elektrischem Wege läutbar zu machen. Der Initiative dieses Pfarrherm, sowie dem ermunternden Interesse, das von seiten des Baumeisters dieser Aufgabe entgegengebracht wurde, ist es in erster Linie zu danken, dass Glockengießer Kiesel in Verbindung mit dem Maschinenkonstrukteur Albert Hirth in Cannstatt, früher in Stuttgart, sich an die Lösung der Aufgabe machten. Das Er gebnis ihrer gemeinsamen Arbeit ist eine Läutmaschine, deren hervorragendste Eigenschaften darin bestehen, dass ihre Arbeit von den schwingenden Glocken selbst reguliert wird, d. h., genau wie beim Läuten von Menschenhand beginnt die Maschine erst dann am Glockenseil zu ziehen, wenn die Glocke ihren Rückwärtsschwung beendet und bereits ihren Vorwärtsschwung wieder begonnen hat. Eine zweite, vorzügliche Eigenschaft dieser Maschine besteht darin, dass der Kirchendiener die Läutmaschine in Gang setzen kann, ohne dass jemand den Turm besteigt. Die Maschine wird durch Umlegen eines elektrischen Kontakthebels in Gang gesetzt und dieser elektrische Schalthebel kann montiert werden, wo immer es wünschenswert ist, in der Sakristei, im Kirchenschiff, oder einem Nebenraum, oder für einzelne, z. B. Feuerglocken, auf der Feuerwachtstube, im Rathaus u. s. w. An Hand der nachfolgenden 8 Figuren soll gezeigt werden, mit welchen Hilfsmitteln der Konstrukteur diese Aufgabe ge löst hat. Figur 1 zeigt in verstärkter Verkleinerung die Glocke I mit ihrem Läutarm 2, an welchem das zum Kontaktkasten A führende Seil 3 und das zur Zugmaschine B führende Zugseil 4 befestigt ist. Am Zugseil 4 hängt eine Metall- oder Hartholzschiene 18, welche zwischen zwei in der Pfeilrichtung sich drehenden Walzen 19 und 20 durchgeführt ist und durch den Fussboden in das nächst untere Stockwerk reicht. Die Walze 20 ist auf schwingenden Hebeln 21 gelagert und kann durch Zugstangen 22, welche an den Kurbeln 24 befestigt sind, gegen die Walze 19 gepresst werden, so dass die zwischen den Walzen 19 und 20 hängende Schiene 18 mit grosser Kraft abwärts gezogen wird. Die Verdrehung der Kurbeln 24, welche gemeinsam mit dem Hebel 25 auf der Welle 26 festsitzen, bewirkt der am Hebel 25 aufgehängte Magnetanker 27, welcher in der Magnet spule 28 kräftig abwärts gezogen wird, sobald ein elektrischer Strom diese Spule 28 erregt. Hört diese Einwirkung des elektrischen Stromes auf, so wird der Anker 27 durch ein auf dem Hebel 25 befestigtes Gegengewicht 23 wieder hochgezogen, wodurch die Walze 20 sich von Walze 19 entfernt und die Schiene 18 wieder frei nach oben gleitet, d. h. die Glocke wieder zurückschwingen kann. Die eigenartigste Einrichtung, gewissermaßen die Seele der ganzen Maschine, finden wir im Kontaktkasten A, dessen Funktion darin besteht, der Magnetspule 28 im geeignetsten Moment den erregenden elektrischen Strom zuzusenden. Zu diesem Zweck ist im Kasten A eine von dem fest stehenden Träger 17 getragene Kontaktkohle 15 und eine zweite vom Doppelhebel 9 getragene Kohle 14 angeordnet. Der Hebel 9 dreht sich um den Stift 16 und trägt in seinem untern Arm eine drehbare Rolle 10 und einen Sperrstift 11. Eine um einen Zapfen drehbare Sperrklinke 12 wird in ihrer jeweiligen Lage festgehalten durch eine Feder 13, welche am Halter 17 befestigt ist. In dem Kasten A führt sich ausserdem eine mehrere Kilo gramm schwere Kontaktschiene 5, welche an dem Kontaktseil 3 aufgehängt ist und beim Schwingen der Glocke auf und ab bewegt wird. Am oberen und unteren Ende der Schiene 5 sind je für sich verstellbar die Auslösestifte 6 und 7 derart angeordnet,