FÜR WÜRTTEMBERG BADEN HESSEN ELr SASS - LOTHRINGEN ALLE RECHTE VORBEHALTEN. — INHALT: NEUBAU DES WARENHAUSES TIETZ IN STUTTGART. — WIRTSCHAFTLICHE BETONBAUWEISE. — VEREINSMITTEILÜNGEN. —WETTBEWERBE. — KLEINE MITTEILUNGEN. — PERSONALIEN. - BÜCHER ■'HAüsrmN • NEUBAU DES WARENHAUSES TIETZ IN STUTT GART. ARCH. BIHL & WOLTZ IN STUTTGART Das im allgemeinen wenig Interessantes und Charakteri stisches bietende Architekturbild der Hauptstraße Stutt garts, der Königstraße, geht einer vollständigen Neu gestaltung entgegen. Das Bedürfnis nach großen Läden und Magazinen im Zentrum der Stadt, die Notwendigkeit, den kostbaren Baugrund rationeller auszunutzen, werden bald dazu führen, die kaum alt gewordenen Häuser der Königstraße durch neue zu ersetzen, nachdem der Neu bau des Warenhauses Tietz so energisch die erste Bresche geschlagen hat. Das moderne Bedürfnis kann und will sich nicht mehr damit begnügen, das unter wesentlich anderen Yoraussetzungen entstandene Alte für seine Zwecke umzubauen: es muß niederreißen, um zu seinem Rechte zu kommen. Dem ersten kühnen Eindringling folgen weitere und weitere: die Filiale der Württembergischen Vereinsbank (Architekten Hengerer & Katz) ist inzwischen fast fertiggestellt worden; die Legionskaserne ist zum Abbruch verurteilt, und an ihre Stelle werden große moderne Bauwesen treten, die einen neuen Grundton der Architektur weit hinab die Königstraße klingen lassen; das Neue ist unterwegs, unaufhaltsam; kaum ein Jahr zehnt weiter — und das Zentrum der Stadt hat ein vollständig neues Gesicht. Jetzt freilich steht das Waren haus Tietz noch allein auf Vorposten. Etwas ungewohnt, fremdartig sieht es aus und scheint uns doch bekannt, als hätten wir es so und nicht anders erwartet; sicher und selbstbewußt steht es da, als erwarte es mit Stolz die neue Baugeneration. Seinen großartigsten Ausdruck hat das moderne Waren haus wohl im Messelschen Warenhaus Wertheim in Berlin gefunden. Ihm werden wir unser Warenhaus Tietz nicht ebenbürtig an die Seite stellen dürfen, aber einen recht respektabeln Platz unter den Warenhäusern überhaupt dürfte es wohl erhalten. Es ist nicht sein geringster Vorzug, daß es — auf Wunsch des Bauherrn — den spezifisch modernen Warenhaustypus — schmale Pfeiler zwischen großen Lichtöffnungen — annahm und nicht, wie z. B. die beiden neuen Münchner Warenhäuser, ein mehr bürgerlich-wohnlich erscheinendes Gewand überzog. Zu berücksichtigen sind bei einer Beurteilung des Fertig bestehenden auch die Beschränkungen, die den künst lerischen Intentionen der Architekten auferlegt wurden durch die Forderungen der Bau- und Feuerpolizei, — und dieser waren es nicht wenige. So erklärt sich z. B. die Gestaltung der Fassade an der Schulstraße aus einer baupolizeilichen Vorschrift, die eine senkrechte Bauhöhe an der Straße nur bis zu 15,50 m gestattete, von da ein Zurückweichen der Silhouette unter höchstens 60° vor schrieb. Dieselbe Beschränkung machte das wenig schöne Einschneiden der Fenster in die Mansarde an der rück wärtigen Fassade nötig. Eine ganze Reihe für den Bau des Warenhauses besonders erlassener feuerpolizeilicher Bestimmungen wirkte ziemlich einschneidend auf die Gestaltung des Innern. Trotz aller dieser Schwierigkeiten ist etwas recht Statt liches zustande gekommen. Nicht wenig trägt zur Wirkung des Aeußeren das lebendige Farbenspiel des verwendeten Steinmaterials bei, das besonders schön am Abend bei elektrischer Beleuchtung zur Geltung kommt. Schm. Im folgenden einige sachliche Angaben über Grundriß einteilung, Konstruktionsweise u. s. w.: Außer den Außen pfeilern, die massiv von Werkstein (aus den Brüchen von K. Gössel in Klingenmünster und Dürkheim, Rheinpfalz) ausgeführt sind, besteht die gesamte Konstruktion — Innenpfeiler, Unterzüge, Decken — aus Eisenbeton, aus geführt von der Firma Meeß & Nees. Zu den Bildhauer arbeiten wurden verschiedene hiesige Künstler heran gezogen: Die Ornamente und dekorativen Figuren am Hauptportal sind von J. Brüllmann modelliert, die Figuren über dem Eingang Ecke Schul- und Schmalestraße — Wasser, Luft und Erde darstellend — von C. Scharrath, die Wappenschilder der wichtigsten Städte, in denen Häuser der Firma Tietz bestehen, an den Pfeilern von G. A. Bredow. Die Steinausführung übernahm die Firma Göhle & Rieble. Die Ornamente an den oberen Stock werken sind von Erfort & AVüst und H. Macholdt, das Giebelrelief mit den Kolossalfiguren von Handel und Industrie von C. Gimmi modelliert; Steinausführung K. Fanghänel. Das von der König-, Schul- und Schmalestraße um schlossene Grundstück hat einen Flächeninhalt von 1200 qm und ist in seiner ganzen Ausdehnung überbaut. Das Ge bäude enthält im ganzen 9 Stockwerke: den als Magazin dienenden Keller unter dem Niveau der Schmalestraße; das Erdgeschoß an der Schmalestraße mit dem Lebens mittelverkaufsraum, der Kantine und den Garderoben; sodann über der Königstraße 4 Verkaufsstockwerke; dar über ein niedrigeres Friesstockwerk mit dem photogra phischen Atelier, den Kontors und einigen Magazinen, ferner den I. und II. Dachstock mit den Vorratslagern. Es sind also 5 Verkaufs- und 4 Magazinstockwerke vor handen. Den Verkehr vermitteln 3 Aufzüge und 3 feuer- und rauchsicher abschließbare Treppenhäuser, von denen 2 in den Gebäudeecken an der Schmalestraße liegen, während die doppelarmige Haupttreppe die Mitte der Königstraßen front einnimmt. Sämtliche Treppen münden direkt auf die Straße, so daß für die sichere und rasche Entleerung des Hauses im Palle einer Panik alle erdenkbare Garantie