BAUZEITUNG Nr. 31 Sammelsohulhaus in Stuttgart (Schluß zu Nr. 25) Ansicht vom Friedhof die unsre Zeit dem Architekten stellt, als eine ebenso schwierige wie undankbare Aufgabe hervor. Das Undankbare der Aufgabe liegt darin, daß selbst die gelungenste Gestaltung dieser Art in ihrer Wirkung nicht in Frieden leben kann, „wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“, ja das enge Aufeinander entgegengesetzter Lösungen zu gegenseitiger Beeinträchtigung unausbleib lich führen muß. Ein öfter wiederkehrender Typus des Etagenhauses sucht diese Gefahr dadurch abzuschwächen, daß die Eassadenfläche an ihren seitlichen Grenzen etwa in Form von Loggien zurückspringt und dadurch ein Schattenstreif in der Gesamtmasse entsteht, der einerseits den Bau vom Nachbar isoliert, anderserseits ein Stück Fassade umrahmend loslöst, das nun durch einen aus geprägten oberen Abschluß den Bau innerhalb der großen Straßenllucht hervorhebt. Für die Fassadenfläche selbst aber wird der Künstler naturgemäß auf den Beiz der Flächenbehandlung hingewiesen, streifenartige Teilungen, verschiedene Putzbehandlungsarten, Farbe in Putz- oder Keramikflächen sind die Wirkungsmotive, mit denen man innerhalb des durch bestimmte Fensterachsenund bestimmte Etagenhöhe festgelegten Baugerippes zu gestalten vermag. Man sieht, wesentlich andre künstlerische Gesichts punkte diktieren dem eingebauten Hause, zumal dem Etagenhause seine Gesetze, wie dem freistehenden Pamilien- hause. Hier freier Spielraum für individuelle Gestaltung, dort engbegrenzte Möglichkeiten, die zu geschlossenen Linien- und Schattensystemen in der Fläche führen. Die Forderung aber, die für die eingebaute Fassade als Klar heit und Buhe in der Flächenteilung besteht, wird beim freistehenden Hause zum Verlangen nach Klarheit und Geschlossenheit in der Massen wirkung. Nur wenn die Massen eines Bauwerks ruhig sind und ein gesund entwickel tes Dach die Silhouette beherrscht, kann die einzelne Fläche ihre individuellen, in kein System gebannten Züge entfalten, ohne dabei kleinlich oder spielerig werden zu müssen. Landhaus und Stadthaus Im allgemeinen sind sich Landhaus und Stadthaus viel ähnlicher geworden, als sie das früher waren. Der moderne Mensch macht nicht mehr so deutlich den Unterschied zwischen dem für Gesellschaften und Be- präsentation geschaffenen Stadthaus und dem Land haus, das sich mehr dem einfachen Familienzuschnitt anpaßte. Er paßt auch sein Stadthaus seinen Fa rn ilienbedürfnissen an und beginnt damit zur kulturell höher stehenden Auffassung der Geselligkeit hinzuneigen, die den Gast teilnehmen lassen will am friedlichen Zu schnitt seines Alltagslebens und ihm nicht eine Welt vorsetzt, die eigens für ihn aufgeschlossen und nachher wieder eingepackt und weggestapelt wird. Dadurch ist unwillkürlich die natürlichere und unbefangenere Ge staltung des Landhauses der Kern des Begriffes „Villa“ geworden und die Villa immer mehr der Typus des eleganten Stadthauses. Früher war das vornehme Stadt haus, das „Patrizierhaus“, meist eingebaut in einer Straßen reihe ; dieser eingebaute Palast ist verhältnismäßig selten geworden. Man will auch in der Stadt freiliegen und dadurch ist schon von vornherein ein andrer Charakter in das hineingekommen, was heute dem Patrizierhause von einst entspricht. Es ist zur „Villa“ geworden. Sind aber die generellen Unterschiede von Stadt- und Landhaus verwischt und alle nur möglichen Uebergangs- typen nach der einen und nach der andern Seite zu fin den, so wird doch natürlich ein feines Gefühl die ver änderten Lebensbedingungen von Stadt und Land im ganzen Baucharakter zum Vorschein bringen. Als typischen Unterschied kann man vor allem die Art hervorheben, wie das Haus sich zu seiner Umgebung öffnet. Bei der Stadtvilla wird ein ausgeprägtes Sockel geschoß den ganzen Bau isolierend aus seinem Terrain herausheben, und selbst alle Ausbauten wie Loggien, Austritte und Glashäuser werden den Charakter des nach innen gekehrten schon durch diese Höhe des Sockels be halten. Beim Landhause, das wirklich mit seiner Um gehung verwächst, wird dies Sockelgeschoß einschrumpfen; man wird bestrebt sein, das Innere durch Sitzplatz, Loggia und Austritt möglichst unmittelbar mit der Natur zu verbinden, das Haus nicht aus dem Garten isolierend herauszuheben und ohne große Höhendifferenz Innen mit Außen in Beziehung zu setzen. , Die Art, wie das ge lungen ist, kann als Maßstab eines guten Land-