WÜRTTEMBERG BADEN HESSEN EL SAS S-LOTHRINGEN Stuttgart, 8. Juni 1907 Inhalt: Das Einfamilienhaus. — Oelmühle Hirsau. — Biologische Kläranlagen. — Beratungsstelle für das Baugewerbe. — Vom Holzmarkt. — Vereinsmitteilungen. — Wettbewerbe. — Kleine Mitteilungen. — Personalien. — Bücher. — Anfragen. •namai:mM- — Alle Rechte Vorbehalten Das Einfamilienhaus (Schluß) Die Nachteile des Einfamilienhauses dürfen aber auch nicht verschwiegen werden. In der Stadt sind die Terrains sehr teuer, so daß hier das Wohnen im Einfamilienhause recht kostspielig wird. Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß die Kosten des Terrains sich nicht auf eine größere Reihe von Stockwerkswohnungen verteilen, sondern gleich sam auf der einen Wohnung lasten. Das Haus trägt auch keinen andern Zins, so daß auch die gesamten Bau kosten für die eine Wohnung in Rechnung zu ziehen sind, die gerade in der Stadt, wo die Baupolizei massive und feuersichere Ausführung in allen Teilen vorschreibt, wieder bedeutender ist als auf dem Lande. So bleibt das Ein familienhaus in der Großstadt fast nur wirklich wohl habenden Klassen Vorbehalten. Dazu kommt auch noch, daß die Arbeitsleistung für die Haushaltung vermehrt wird; denn es gilt eben nicht nur eine Wohnung, sondern ein ganzes Haus sauber und in Ordnung zu halten. Man muß also das Dienstpersonal vermehren. Diese Kosten können aber auch durch zweckmäßige Be messung des Grundstückes, durch Beschränkung der Wünsche auf das Notwendige wesentlich eingeschränkt werden, und das ist wieder am besten in ländlichen Bezirken möglich, wo man nicht zwischen den beiden Giebeln der Nachbarn ein massives Haus zu errichten genötigt ist, das außen und innen den Charakter der vornehmen herrschaftlichen Stadtwohnungen aufweisen soll. AVer sich also nicht ein derartiges herrschaftliches Einfamilienhaus in der Stadt leisten kann, der wird in zahlreichen, Fällen doch immer noch ein schlichtes Häus chen in einem ländlichen Bezirke wählen können, das dennoch, und vielleicht noch in höherem Maße, alle Vor züge des Familienhauses aufweist. Denn das eine muß immer wieder betont werden: nicht die Entwicklung eines größeren Luxus kann der Zweck des Eigenheims sein; vielmehr wird gerade erst durch weise Beschränkung in der Zahl und Größe der Räume, in ihrer Ausstattung auch mäßig begüterten Leuten das Wohnen im Eigenheim ermöglicht. Wir haben also das herrschaftliche und das bescheidene Einfamilienhaus zu unterscheiden. „Herrschaftlich“ und „bescheiden“ sind zwar sehr dehnbare Begriffe, aber der Architekt muß diese Richtschnur erhalten, da das Pro gramm für das herrschaftliche Haus ein wesentlich andres ist. Die Raumeinteilung beruht im wesentlichen auf den ip Baukreisen allgemein bekannten Erfahrungssätzen. Bei dem vornehmen herrschaftlichen Einfamilienhause werden sämtliche den verschiedenen Wirtschaftszwecken dienen den Räume in einem besonderen Untergeschoß unter gebracht, und hier liegen auch die den Heizungszwecken bezw. der Zentralheizung dienenden Räume. Die Räume für den Tagesgebrauch, also die Wohn-, Speise- und Gesellschaftsräume, befinden sich im Erdgeschoß, während im Obergeschoß die Schlafzimmer und die dazugehörigen Nebenräume (Toilettenzimmer, Bad) untergebracht werden. Das Dachgeschoß enthält schließlich die Dienstboten- und Fremdenzimmer, Schrankzimmer, Vorratsräume u. s. w. Die Fremdenzimmer spielen im herrschaftlichen Hause eine wesentliche Rolle; sie sollen ständig reserviert bleiben und werden am liebsten im Dachgeschoß untergebracht, weil sie in den Hauptgeschossen den Zusammenhang der Familienwohnung zerstören würden. Natürlich dürfen die Fremdenzimmer keinen dachbodenartigen Charakter erhalten; es lassen sich einzelne Teile des Dachgeschosses derart ausbauen, daß die Zimmer eine normale Höhe und einen ganz wohnlichen Charakter erhalten. Vielfach wird das Wirtschaftsgeschoß nicht als Keller geschoß aufgeführt, sondern etwa in Terrainhöhe angelegt. Dann vertritt es gleichsam das Erdgeschoß; die für den Tagesgebrauch dienenden Räume liegen in diesem Falle im ersten und die Schlafzimmer im zweiten Stockwerk. Dieses zu ebener Erde angelegte Wirtschaftsgeschoß, das auch den Zugang zur Treppe enthält, besitzt mancherlei Vorzüge. Man gewinnt hier in der Regel noch Raum für ein Kinderspielzimmer und einen Gartensaal — beide an der Gartenfront gelegen. Die Kinder können hier, ohne die Treppen passieren zu müssen, je nach der Witterung im Kinderzimmer oder im Garten spielen; die Tür ihres Zimmers führt direkt ins Grüne hinaus. Ebenso werden Besucher sich schnell aus dem Garten in das Gartenzimmer zurückziehen können, wenn sich der Himmel verfinstert. Der Gartensaal dient im Sommer auch vielfach als Speisezimmer, weil er, in Höhe des Gartenterrains, sehr kühl liegt. In manchen amerika nischen Staaten, wo man sehr unter der Hitze zu leiden hat, sah ich sogar Landhäuser mit Speisezimmern im Kellergeschoß. Ich habe einige Tage in solch einem Landhäuschen im Staate Jersey gewohnt und die An nehmlichkeit des Speisezimmers im Kellergeschoß bei großer Hitze kennen gelernt. Ist schon durch die Lage zu ebener Erde für eine größere Kühlung des Garten-