228 BAUZEITUNG Nr. 29 Arbeiterkolonie Merck, Darmstadt. Fig. 5 Architekt Professor Pützer, Darmstadt Blitzableiter Die Brandstatistik zeigt uns, daß ein erheblicher Teil der alljährlich durch Feuer vernichteten Gebäude auf das Konto des Blitzes fällt, und an diesem Teil parti zipieren verhältnismäßig viel stärker die Landbezirke und kleinen Städte als die ausgesprochenen Großstädte. In letzteren spielen als Blitzableiter oder richtiger als Aus gleicher der nach Vereinigung strebenden feindlichen Elektrizitäten die vielen Telephondrähte und sonstigen metallischen Gegenstände eine Rolle, so daß sich die Ver minderung der Blitzschläge sehr einfach daraus erklären läßt. Sicherlich ist der Blitzableiter, wenn er sachgemäß angeordnet und richtig unterhalten wird, der beste Schutz gegen die Blitzgefahr, aber das hier angeführte „wenn“ zeigt schon, daß es nicht unbedingt der Fall ist. Auch der Kostenpunkt spielt häufig mit, um eine Anlage des selben gänzlich zu unterlassen. In diesem Falle wird man jedoch versuchen müssen, einen Schutz zu schaffen, der dem des Blitzableiters nahe kommt. Das Einschlagen des Blitzes wird durch den Blitzableiter nicht gänzlich verhindert, sondern nur die zerstörende Wirkung des selben auf die Gebäude selbst aufgehoben. Die Theorie des Blitzableiters besteht bekanntlich darin, der aus den Wolken zur Erde niederstrebenden Elektrizität einen Weg, einen Leiter zu schaffen, auf welchem dieselbe möglichst ohne Widerstand dorthin gelangen kann. Ist ein solcher vorhanden, so findet der Ausgleich zwischen Luft- und Erdelektrizität auch ohne die geringsten Schwierigkeiten, ohne irgendwelche Spuren der im andern Falle durch den Blitz hervorgerufenen gewaltigen Zerstörungen statt. Ein solcher guter Leiter ist aber nur Metall, und die einzigen Teile an Gebäuden, die aus Metall bestehen, sind die Dachrinnen. Diese werden denn auch mit Vorliebe von dem Blitz als Weg benutzt, und von ihrer Beschaffenheit und Anlage hängt es ab, in wie hohem Maße sie als Blitzableiter, als Blitz- Arbeiterkolonie Merck, Darmstadt. Fig. 6 Architekt Professor Pützer, Darmstadt Schutzvorrichtung ihren Zweck erfüllen können. Bei einiger Ueberlegung kann man ohne weiteres die hier in Frage kommenden Bedingungen und die zur Erfüllung derselben notwendigen Formen und Anordnungen der Dach- oder Regenrinnen feststellen. Erste Bedingung ist, daß diese Rinnen eine genügende Wandstärke haben, um den Leitungswiderstand auf das geringste Maß herabzudrücken. Wie beim Blitzableiter selbst ist auch hier das Vorhandensein einer guten Erd leitung unbedingt nötig. Als solche ist es aber nicht anzusehen, wenn die am Hause herunterführende Zink röhre schon einen halben Meter über dem Erdboden en digt, allenfalls noch ein Winkelstück trägt, um Regenwasser auffangen zu können. In diesem Falle hat die Röhre als Blitzschutz Vorrichtung gar keinen AVert, da die aus der Erde hochsteigende Elektrizität keinen Anschluß an sie findet. Das ist aber zur Verhütung des Blitzschlages häufig mehr ausschlaggebend als die Niederleitung des schon vorhandenen Blitzes. Wissenschaftlich müßte man sich hier allerdings etwas anders ausdrücken; da es aber hier nicht auf die theoretische Erklärung der Entstehung des Blitzes ankonnnt, sondern lediglich auf die Erklärung der dem Laien sichtbaren Erscheinungen, so wollen wir hier von weiteren Erörterungen absehen und nur noch bemerken, daß es viel wichtiger ist, einen Ausgleich der elektrischen Spannung herbeizuführen. Dazu gehört aber unbedingt, daß die Regenrinne in ihrer Fortsetzung, ebenso wie der Blitzableiter, mit fließendem Wasser, Grundwasser, einem Brunnen oder feuchtem Erdreich in eine genügend gut leitende Verbindung gebracht wird. Je nach den Verhältnissen ändert sich hier die Ausführung zwecks Erfüllung dieser Bedingung. Ist eine Kanali sation vorhanden und münden die Regenröhren direkt in diese, so sind, wenn die Kanalröhren aus Eisen bestehen und durch Verschraubungen oder Bleistemmungen ge dichtet sind, weitere Vorrichtungen überflüssig. Selbst verständlich darf aber das Uebergangsstück von der Regenrinne zum Kanalrohr nicht aus Ton bestehen, son dern aus Metall, vielleicht auch aus .Gußeisen. Ist eine solche Leitung nicht vorhanden, so bleibt weiter kein Ausweg übrig als die Anbringung einer regel rechten Erdleitung in Form eines an die Regenrinne an geschlossenen Kupferdrahtseiles mit Grundplatte. Sind die für gewöhnlich geforderten Bedingungen betreffs Grundwasser zur Einlegung derselben nicht vorhanden, so genügt schließlich die Niederbringung eines guß eisernen Rohres nach Art der bekannten Abessinier brunnen. Blitzableitertechniker werden eine solche Anlage aller dings nicht als sachgemäß bezeichnen, der Umstand je doch, daß der Blitz so häufig diese Rinnen als Weg benutzt, beweist zur Genüge, daß dieselbe immerhin besser ist als gar kein Schutz. I. H. Das Bauen auf dem Lande Es ist ein erfreuliches Anzeichen, daß in Architekten kreisen immer mehr das Bestreben für eine natürliche, schlichte Bauweise zum Ausdruck kommt, namentlich in Gegenden, die von Natur aus eine solche gebieterisch verlangen. Hohe Zeit wäre es in der Tat, daß insbesondere das Bauen auf dem Lande in die Bahnen eines besseren Geschmacks geleitet wird, und jeder Schritt auf diesem Wege ist mit Genugtuung zu begrüßen. So hat der Oberrheinische Bezirksverein Kreiburg des Badischen Architekten- und Ingenieur-Vereins dieser Tage an sämt liche Gemeinderäte und an die Baugewerksmeister der Landorte Rundschreiben geschickt mit eingehender Kritik des Häßlichen, Falschen und mit Angaben, wie Besserung zu schaffen sei. In dem Schreiben an die Gemeinderäte wird empfohlen, die äußere Erscheinung der Gebäude, wie es früher so gern geschah, mit der