6. Juni 1914 BAUZEITUNO 179 In den Tagesblättern wurde das Ausschreiben wärm- stens zur Nachahmung empfohlen, weshalb ein Eingehen auf dasselbe sich verlohnen dürfte. Beim näheren Stu dium wird jedoch Mancher enttäuscht das Blatt wieder beiseite gelegt haben. In einem stark bergigen Gelände (Höhenunterschied bis zu 74 m) liegen acht durch schlangenförmige Straßen, Eisenbahnen, städtische und staatliche Grundstücke aus einandergerissene Parzellen, um deren Ausnützung es sich handelt. Verlangt wird die Einzeichnung der Parzellierung 1 : 500 mit.1,sämtlichen Gebäudegrundrissen, Zubehörden, Gärten, Hofräumen und Zufahrten unter Berücksichtigung der bekanntlich noch in der Schwebe befindlichen Stutt garterortsbaustatutarischen Bestimmungen und Verhältnisse: sämtliche Grundrisse 1 : 200, die erforderlichen Schnitte 1 :200 mit Berücksichtigung der Höhenunterschiede, Ge ländeverschiebungen usw., die sichtbar bleibenden An sichten 1 :200, dazu noch eine Vogelperspektive. Diesen gewiß nicht geringen Forderungen stehen 3 Preise im Gesamtbetrag von M. 4500 gegenüber.! so geringe Summe zur Verfügung steht, so sollte wenig stens vermieden werden, ein solches Verfahren dem Publi kum gegenüber als besonders vorbildlich und nach ahmenswert hinzustellen. —n. Propaganda für die Amortisationshypolheken Die Verfechter der Idee der Amortisationshypothek haben jetzt einen großen äußerlichen Erfolg erzielt: der preußische Landwirtschaftsminister, der die Aufsicht über die Hypothekenbanken ausübt, hat den Regierungspräsi denten vorgeschrieben, auf die Leiter der Hypotheken banken im Sinne einer eifrigen Pflege der Amortisations hypothek einzuwirken. In der Verfügung des Ministers wird dieser Weg als das beste Mittel zur Beseitigung der Schwierigkeiten auf dem Hypothekenmarkte bezeich net. Die Frage der Amortisationshypotheken, der Hypo theken, bei denen durch Zahlung einer jährlichen Til- Werkbund-Ausstellung Cöln 1914 Haupthalle, Mittelbau Architekt; Professor Th. Fischer-München Wenn man nun bedenkt, welche Auslagen für jeden am Wettbewerb Teilnehmenden mit Durcharbeitung des Projekts verknüpft sind, welche bedeutende Wertstei gerung die Grundstücke durch die zu erwartenden Vor schläge erfahren sollen und werden, wenn man ferner bedenkt, daß der ausgesprochene Zweck des Ausschreibens wohl der ist, die Grundstücke mit dem größtmöglichen Gewinne zu verkaufen, also nicht einmal für den Sieger irgend eine Aussicht auf Verwirklichung seiner Ideen, oder auch nur eines Teils derselben winkt, wenn man zum Schluß in Betracht zieht, daß es sich hier um ein Millionen objekt handelt, so muß es doch fast wie eine Ausnützung der Notlage erscheinen, in der sich gegenwärtig eine ganze Anzahl Architekten befinden, wenn für den 1. Preis ein Betrag von M. 2000 ausgesetzt ist, eine Summe, die nicht einmal die Selbstkosten zu decken vermag bei ernsthafter Bearbeitung des Programms. Die Arbeiten sind bis 15. Oktober ds. Js. einzureichen. Es wäre also ohne Hinausschiebung des Termins wohl möglich und sehr zu begrüßen, wenn die Wettbewerbs unterlagen einer nochmaligen Prüfung unterzogen werden könnten. Sollte sich hiebei herausstellen, daß in der Tat für die Honorierung der Arbeit des Städtebauers und Architekten eine im Verhältnis zum Wert des Objekts gungsrate der Gesamtbetrag der Hypothek, oder wenig stens ein Teilbetrag abgezahlt wird, ist eine der umstrit tensten auf dem Gebiete des Hypothekenwesens. Ur sprünglich waren in Deutschland alle Hypotheken Amor tisationshypotheken. Diese Einrichtung war im 18. Jahr hundert, das die Hypothek nur als eine feudale Einrichtung, eine Einrichtung zur Unterstützung adliger Ritterguts besitzer kannte, eine Notwendigkeit. Denn der Kreis derer, die Hypothekengelder ausleihen konnten, war ein sehr geringer. Die Lauffrist der Hypotheken war infolge dessen eine sehr lange und um den Hypothekenschuldner nicht durch die Rückzahlung in Schwierigkeiten zu bringen, zwang man ihn zu jährlichen Amortisationen. An diesem gesunden Prinzip haben unsere Hypothekenbanken lange Zeit festgehalten, am längsten die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, die bis zum Jahre 1896 nur Amorti sationshypotheken gewährte. Aber allmählich zwang die ungeheure Ausdehnung des Hypothekenwesens zur Auf gabe dieses Prinzipes. Der städtische Hausbesitz hat sich in den letztenvwei Jahrzehnten in seiner Zusammen setzung vollkommen geändert. Das Haus, das früher ein fester Besitz war, von dem man sich nur ungern trennte, wurde ein Handelsobjekt, das seinen Besitzer sehr schnell änderte, sobald eine günstige Konjunktur den Preis des