STUTTGART BTO&fl für Württemberg BRDEN•HESSEN•EL SHSS LOTHRINGEN* 1./15. Aug. 1916 Inhalt: Die Stuttgarter Kläranlage bei Mühlhausen a. N. — Meldestelle der Stück- schiackenkommission, — Kleine Mitteilungen. — Aufbesserung der Lehrlingslöhne — Bauwerkmeisterverein Württembergs E V. - Personalien. Alle Rechte Vorbehalten. Die Stuttgarter Kläranlage bei Mühlhausen a. N. (Bericht für die Bauzeitung.) Die Sfadtgemeinde Stuttgart beschloß im Jahre 1911 zwischen den Ortschaften Mühlhausen und Aldingen die neue Hauptkläranlage zu errichten. Nach umfangreichen und schwierigen Verhandlungen und nach Erfüllung weit gehender Forderungen konnte anfangs des Jahres 1913 die Stadtverwaltung die Genehmigung zur Ausführung des Baues erhalten. Nach der Genehmigungsurkunde ist zunächst verlangt die mechanische Klärung der Ab wässer solange nicht mehr als 4000 Häuser mit Wasser klosetts an das Kanalnetz angeschlossen sind. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, so muß das gesamte Abwasser weiter gehend gereinigt werden. Um Erfahrungen für die bio logische Reinigung zu gewinnen, muß jetzt schon bei Inbetriebnahme ein großer Versuchstropfkörper, welcher für Vio der Abwassermenge ausreicht, erstellt werden. Als Zuleitung für die Abwässer zur Kläranlage ist ein . 6,2 km langer Hauptsammelkanal erstellt worden. Derselbe beginnt bei der König-Karls-Brücke und führt teils auf dem rechten, teils auf dem linken Neckarufer auf das Gelände der Kläranlage. Dabei mußte der Kanal mittelst Dükeranlagen zweimal unter dem Neckar sowie mittelst eines ca. 2 km langen Stollens unter dem Höhenrücken bei Hofen hindurchgeführt werden. Der Hauptsammler ist so bemessen, daß er neben dem Schmutzwasser noch mindestens den fünffachen Be trag von Regenwasser d. h. die sechsfach verdünnte Schmutzwassermenge abführen kann. Durch in ver schiedenen Abständen angeordnete Regenauslässe wird die über diesen Grad der Verdünnung hinausgehende Wassermenge unmittelbar dem Neckar zugeführt. Für den Vollausbau der Kläranlage ist eine Einwohner zahl von 500000 zu Grunde gelegt. Die hiefür berechnete sechsfache Wassermenge beträgt bei einem Wasser verbrauch von 120 1 pro Kopf und Tag rd. 4,2 cbm/sec., für welche Wassermenge der Kanal berechnet ist. Von dem Kanal, welcher ein Sohlengefäll von 1: 2 500 aufweist und teils in Beton, teils in Backsteinen, je nach dem er in den Gehweg oder die Fahrbahn zu liegen kam, ausgeführt ist, sind in Planbeilage 2 einige Quer schnitte dargestellt. Bis auf die Höhe des Trockenwetter abflusses ist die Sohle des Kanals mit Steinzeugplatten (Knauff’sche Platten) belegt. Von den Einzelbauwerken sind besonders zu erwähnen, die Unterführungen des Kanals bei Cannstatt und Mühl hausen. Wie aus Planbeilage 3 zu ersehen ist, bestehen diese Düker je aus 2 Röhren, von denen das kleinere den Trockenwetterabfluß und das größere den Regen wetterabfluß aufzunehmen hat. Bei Regenwetter führt das Stuttgarter Abwasser sehr viel Sand und Geschiebe mit sich, weshalb es notwendig wurde, vor den Dükeranlagen Sandfänge anzuordnen. Weiterhin befinden sich vor den Röhren Rechen zum Abfangen der groben Schwimm stoffe. Zur Reinigung der Düker sind Spüleinrichtungen vorgesehen, außerdem ist am tiefsten Punkt ein Pumpen schacht angeordnet, so daß die Röhren jederzeit lecr- gepumpt werden können. Die Bauwerke wurden in offenen Baugruben zwischen eisernen Spuntwänden ausgeführt. An Planbeilage 4 sind einige Querschnitte des 1860 m langen Stollens, der durchweg durch hartes Muschelkalk steingebirge zu treiben war, dargestellt. Am Anfang und Ende dieses Bauwerks sind Entlüftungsschächte ange ordnet. Weiterhin befinden sich im Innern des Stollens Sicherheitskammern, welche in einzelnen Abständen ober halb des Gewölbescheitels eingebaut sind. Die eigentliche Kläranlage, die auf dem Gelände links des Neckars unterhalb Mühlhausen errichtet wird, besteht aus einer Emscherbrunnen- und Neustädterbeckenanlage. Zur Entlastung der erstgenannten Kläreinrichtungen bei Regenwetter ist ein weiteres Becken, das sogenannte Regenbecken, vorgesehen. Außer diesen mechanischen Kläreinrichtungen wird zur weitergehenden Reinigung für '/^ der Abwasser eine Tropfkörperanlage erstellt. Die allgemeine Anordnung ist aus Planbeilage 5 zu ersehen.