46 BAUZEITUNO 1./15. juni 1917. Kriegs-Kältemaschinen. von Prof. Dr. Job. Alexander. Berlin zensiert. Nachdruck verboten. ATK. So einfach und klar das Prinzip der Kälte- Erzeugung in der Theorie ist, so schwierig war es, dieses Prinzip in ein wirklich praktisches Gewand zu kleiden. Daher sind die Maschinen zur Erzeugung von künstlichem Eis oder überhaupt von Kälte im eigentlichen Sinne des Wortes Kinder der Neuzeit oder der neuesten Zeit. Wenn wir einen festen Körper, z. B. Eis schmelzen wollen, so müssen wir ihn bis zur Schmelztemperatur, in unserem Beispiele also bis 0 Grad C, erwärmen. Er geht dann aus dem festen Zustande in den flüssigen über und wird während dieser Zeit minimal wärmer, so sehr ihm auch von außen Wärme zugeführt wird. Schmelzendes Eis zeigt also auch bei Erwärmung immer eine Temperatur von 0 Grad C, und erst, wenn das letzte Stückchen Eis geschmolzen also nur noch Wasser vorhanden ist, fängt dessen Temperatur an zu steigen, wenn man von außen neue Wärme zuleitet. Genau das Entsprechende zeigt sich, wenn man eine Flüssigkeit verdampft. Der Dampf zeigt dann, solange noch Flüssigkeit vorhanden ist, un veränderlich die Tamperatur des Siedepunktes, beim Wasser also 100 Grad. Erst wenn das letzte Tröpfchen Wasser verdampft ist, beginnt bei weiterer Zuführung von Wärme nun auch der Dampf, eine höhere Temperatur anzunehmen. Wo ist nun die Wärme geblieben, die man während des Schmelzens dem Eise, während des Verdampfens dem Wasser zugeführt hatte? Nun, sie ist eben dazu verwandt worden, Eis flüssig bezw. Wasser dampfförmig zu machen. Sie ist von diesen Stoffen verschluckt worden, so daß sie nun nicht mehr wahrnehmbar ist. Man nennt solche Wärme daher auch verborgene, latente Wärme. Dieser Ausdruck ist recht glücklich gewählt, denn daß die Wärme nur verborgen ist, beweißt der Umstand, daß sie wieder zum Vorschein kommt, wenn sich Dampf umgekehrt in Wasser oder dieses sich in Eis verwandelt. Die Kältemaschinen beruhen nun darauf, daß Flüssig keiten, die leicht in Dampf übergehen, hierbei latente Wärme in sich aufnehmen, diese also ihrer Umgebung entziehen müssen, sodaß letztere hierbei abgekühlt wird. Von allen Flüssigkeiten hat sich das flüssige Ammoniak für diesen Zweck am besten bewährt. Flüssiges Ammoniak darf nicht verwechselt werden mit der bekannten Flüssig keit Salmiakgeist, welche eine Auflösung des Ammoniak gases in Wasser darstellt (etwa 100 Volumen Amoniakgas auf 1 Volumen Wasser). Flüssiges Ammoniak dagegen ist nicht wässeriges Ammoniak, sondern durch Druck oder Abkühlung zu einer Flüssigkeit verdichtetes Am moniakgas. Durch einen Druck von 6,5 Atmosphären kann man bei 10 Grad C, bei gewöhnlichem Luftdr^j^k durch Abkühlen auf —40 Grad C diese Flüssigkeit her- stellen, beispielsweise durch ein Kältegemisch von Chlor calzium und Eis. Der Siedepunkt des flüssigen Ammoniaks ist —33,5 Grad C, d. h. also, sobald eine Temperatur eintritt, die höher ist als —33,5 Grad C, beginnt flüssiges Ammoniak zu verdampfen. Da man nun eine so tiefe Temperatur nur künstlich herstellen kann, so wird praktisch das flüssige Ammoniak überall da, wo es hergestellt und frei wird, sofort verdampfen und hierbei der Umgebung gewaltige Mengen von Wärme entziehen. Bei den Eis oder Kältemaschinen werden, um einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen, die aus dem flüssigen Ammoniak gebildeten Ammoniakdämpfe sofort wieder verflüssigt, entweder auf dem Wege der Absorption, nämlich durch Auflösen in Wasser, oder auf dem Wege der Kompression und Abkühlung. Die Erzeugung von Eis oder Kälte für technische oder gewerbliche Zwecke hat im jetzigen Kriege eine große Ausdehnung angenommen. Da Ammoniak als Stickstoff verbindung zweckmäßigerweise zur Herstellung von künst lichen Düngemitteln Verwendung findet, so hat man einen Ersatz in zwei anderen Gasen gesucht, dem Schwefel dioxyd und dem Kohlendioxyd, den bekannten Körpern, die in Verbindung mit Wasser die Namenschweflige Säure und Kohlensäure führen, oft sogar irrtümlicher Weise mit diesen Namen auch im wasserfreiem Zustande belegt werden. Auch diese beiden Gase können durch hin reichenden Druck oder genügende Abkühlung zu Flüssig keiten verdichtet werden, die dann im freien Zustande Rückseite der Deutschen Bücherei zu Leipzig.