10 BAUZEITUNG Nr. 3/4 hohen Bausumme ausdrückt. In der F aßadenausbildung versucht der Verfasser, bodenständige Bauweise zur An wendung zu bringen. In der Verwendung von Holzver kleidungen der großen Giebel, von Holzbalkonen usw. sucht und findet er die äußeren Formen behaglicher Wohn- und Schlafräume, wie sie auch für ein Kinderheim zulässig erscheinen. Die Arbeit wurde vom Preisgericht zum Ankauf empfohlen. Nr. 103: Kennwort „Getrennt“. Die Lage des Gebäudes geht in der Hauptsache gegen »üdwest, sie ist infolge der Tiefe des Gebäudes ziemlich nahe an die Straße gerückt. Das Gebäude kann jedoch nach erfolgtem Austausch weiterer Parzellen mehr von der Straße abgerückt werden. Der Charakter des Ge bäudes ist für den Zweck, dem es dienen soll, etwas zu monumental. Für sich betrachtet, zeigt die Ansicht, gute Verhältnisse mit ruhigen Formen. Das zweigeschossige Gebäude mit durch den Verbindungsgang in zwei Teile getrennter Hofanlage zeigt eine übersichtliche, durchge arbeitete Anordnung. Der an die südwestliche Nebenseite gelegte Eingang führt in übersichtlicher Weise zum Haupt gang, an dem zwei geräumige Treppen den Verkehr nach oben vermitteln. Direkt am westlichen Eingang liegt die Hausmeisterwohnung in einem nach hinten gerichteten Flügelanbau, in entsprechender Weise auf der südöstlichen Nebenseite angeordnet, befindet sich die Krankenabteilung mit besonderem Eingang. Als ein Mißstand dürfte hier empfunden werden die Anordnung der Heizung und des Kohlenraums unter den Krankenzimmern; der Mittelbau enthält im Erdgeschoß in zweckentsprechender Anlage die Tagräume, an die sich die Liegehallen seitlich anschließen; eine große Terrasse gestattet den freien Austritt. In sehr zweckmäßiger Weise ist die Küche in der Mitte des Hofes angeordnet, durch einen Gang mit dem Hauptgebäude verbunden. Das Obergeschoß enthält die Schlafräume und Waschräume mit den Zimmern für die Aufsicht, gut beleuchtet und gelegen. Die Kostensumme bewegt sich in normalen Grenzen. Nr. 122: Kennwort „See und Alpen“. *) Der Verfasser legt Wert auf malerische Gruppierung; er stellt das Gebäude mit der Hausmeisterwohnung und dem Krankenbau bis an die vordere, südliche Grenze des Bauplatzes. Eine Anordnung, die durch Zurückschieben der ganzen Anlage verbessert werden kann, nachdem der zur Verfügung stehende Bauplatz durch Austausch wei terer Parzellen tiefer geworden ist. Der Grundriß zeigt trotz einzelner origineller und guter Gedanken aber er hebliche Mängel. Die Küche ist weit entfernt tfon den Tag- und Speiseräumen; die Abortanlagen im Erdgeschoß sind unzureichend. Der Hauptzugang zum Gebäude über eine Liegeterrasse ist nicht ganz einwandfrei; zum Garten führt eine zwar sehr hübsche, aber doch auch unnötig große Halle. Die Wohnräume der Pflegerinnen haben eine ungünstige Grundform, was unschwer zu ändern wäre. Was die Faßadenausbildung betrifft, so ist mit den einfachsten Mitteln, mit dem weit ausladenden Dach, dem tiefen Schatten der beiden geschickt angeordneten Liege terrassen, durch reizvolle Gruppierung der einzelnen Bauteile eine eigenartige künstlerische Gesamtlösung und Gesamtleistung erzielt worden. Die Baukosten sind auf 700 000 Mark ermittelt, halten sich also in zulässigen Grenzen. Wegen seiner künstlerischen Haltung wurde das Projekt zum Ankauf empfohlen. *) In dem ersten Abschnitt der Veröffentlichung in letzter Nummer ist auf Seite 2 bei Aufzählung der ausgewählten Arbeiten bei dem Entwurf Nr. 122 leider eine Namensverwechslung unter laufen. Es muß richtig heißen: Nr. 122. Verfasser Reg.-Baumeister Hans Herkommer, Stuttgart. Vom Chiemsee. Von Ingenieur Bernhard Woerner (München). Man zupft wieder an ihm. Er soll Kraft und Licht geben für München. Der Isar aushelfen, die sich nicht darum kümmert, daß immer mehr Menschen in der Stadt leben wollen und dann über Mangel an Strom, frühe Polizeistunde und dunkle Gassen schimpfen. Natürlich ist es dem Chiemsee ein Leichtes. So viel ihr wollt! Seht seinen breiten Rücken, 8000 Hektar! Was kann man da aufspeichern. So viel, daß München leuchten würde als hellster Stern am ganzen Städtehimmel. Aber etwas Vorsicht ! Der See ist keine tote Sache, mit der man machen kann, was man will. Er lebt und ist stark, mächtig stark. Sein Rücken ist ein kleines Meer und seine Glieder, die A c h e n, die P r i e n und die A1 z reichen viele Kilometer in das Land hinein. Die kleinste unwillige Zuckung und Tausende von Menschen fühlen den Grund und Boden unter den Füßen wanken. Geht nur hinaus und fragt die Leute von Uebersee und Feld wies, von Grabenstätt und Egerndach oder die Bewohner des Alztales, sie kennen aus eigener Erfahrung und den Schicksalen ihrer Vorväter, wie weit und breit ihr Land von jeglicher Wallung des großen Sees beherrscht wird. Sein Steigen und Fallen teilt ihnen Fluch und Segen aus. Als man vor 17 Jahren daranging, durch eine Ab senkung des Seespiegels dem weiten Südufer wieder trockene Wiesen und Felder zu geben, ohne dabei die Hochwasserverhältnisse des Alztales zu verschlimmern, mußte erst ein Meinungsstreit geklärt werden, den über hundert Jahre lang die Bewohner des See-Einflußgebietes und ihre Berater mit einander geführt hatten. Es waren der Oberbaurat Mayr und sein Helfer Baurat N e n n i n g, die über ein Menschenalter hindurch den See in all seinen Regungen mit liebevollem Fleiß be obachtet hatten, ihr Projekt seinem Wirken und Leben an paßten, das Vertrauen der Bevölkerung gewannen und es dann durch Ausführung des Unternehmens glänzend rechtfertigten. Beide Herren sind tot. Tausend Hektar wiedergewonnener Kulturboden sind ihr Denkmal. Der Zufall fügte, daß ich damals als junger Ingenieur beim Aufstellen des Projektes mithelfen konnte und es später als Unternehmer ausführte. Manche Stunde saß ich damals mit dem Mann, der es erdachte, an der alten Holzbrücke, die nach Seebruck hinüberführt, und wäh-