64 BAUZEITUNG Nr. 27/28 eine rein akademische Ausbildung, fern von den eigentlichen Trägem des Handwerks und der Technik, verlangen, wo sie sich ihre Kenntnisse und Erfahrung in der Heranbildung der Lehrlinge erwerben wollen. Wir fragen uns: Wie kann ein akademisch gebildeter Ge werbelehrer, mit seiner kurzen, auf dem Papier nachzuweisen den praktischen Tätigkeit, die er auch in den Ferien machen kann, Lehrlinge erziehen? Wie kann er mit diesen die technische Sprache des Hand werks sprechen? Wie will er sich auf dem Werkplatz und im Werkstätten unterricht beteiligen? Die Beantwortung der Lehrerfrage wird doch bei gleicuer Veranlagung folgend lauten: Der, welcher die meiste Erfahrung im Gewerbe hat, wird für den Fachlehrer die geeignetste Kraft ergeben, wenn er dazu noch etwas L'nterrichiserfahrung erhält. Das sind außer Zweifel diejenigen, die sich aus dem Technikerstande ent wickelt haben, nicht diejenigen, die vom Gymnasium und von der Hochschule kommen. Als Nur-Akademiker wird er jeder werktätigen Arbeit fern gegenüberstehen, und es wäre zweifellos von außerordent licher Wichtigkeit, wenn die an Spielerei grenzende, drei- bis vierwöchige praktische Tätigkeit in den verschiedenen Be rufen eine Erweiterung erfahren würde. Wir glauben nach dem Vorgesagten, daß der staatlich ge prüfte Werkmeister, der seine dreijährige praktische Lehrzeit hinter sich hat, der als Bauführer, oder Betriebsleiter vor Ab legung seines Examens in allen in seinen Beruf einschlagenden Gewerben bewandert sein muß, der durch seine verlangte, jahrelange Bürotätigkeit die ganze Theorie beherrscht, die ge eignetste Persönlichkeit zur Erteilung von Unterrircht an der Gewerbeschule ist. Wir verlangen deshalb, daß neben den speziell heran gebildeten Gewerbelehrern künftighin die Tüchtigsten unter den Absolventen der Baugewerkschule zum Qewerbelehrer- dienst zugelassen werden. Wir setzen dabei voraus, daß den Bewerbern um diese Stellen Gelegenheit geboten wird, sich in Pädagogik, Gewerbekunde und Qewerbeschulpraxis aus zubilden. Die Ausbildung könnte unseres Erachtens in einem Jahr beendet sein. Nach Ablegung einer Prüfung in vorgenannten drei Fächern müßte sodann Anstellung als Gewerbelehrer er folgen. Nicht unerwähnt möchten wir lassen, daß in Württemberg die Möglichkeit der Betätigung der Bauwerkmeister als Ge werbelehrer schon längst besteht und jetzt noch weiter be günstigt würde. Unser Verlangen, in den Qewerbelehrerdienst aufgenommen zu werden, ist umso berechtigter, als nach der Denkschrift der badischen Gewerbeschulmänner 40 Prozent der Gewerbelehrer- steilen unbesetzt sind. Mit dem weiteren Ausbau der Gewerbe schulen dürfte dieser Mangel noch viel größer werden, wenn auch eine vorübergehende Besetzung durch Hilfskräfte er folgen sollte. Durch die Aufnahme der Absolventen der Bau gewerkschule in den Qewerbelehrerdienst würde die für alle Berufe und Stände so notwendige Erneuerung künftig auch hier gewährleistet sein. Wir stellen deshalb den Antrag: Den Absolventen der Baugewerkschule, die ihr Staats examen mit einer guten Note bestanden haben, ist alsbald die Möglichkeit zu schaffen, nach weiterer einjähriger Berufsaus bildung und nach abgelegter Prüfung in Pädagogik, Gewerbe kunde und Gewerbeschulpraxis Verwendung zu finden. Daß diese unsere Leitsätze Staub unter der Gewerbe- lehrerschaft Badens aufwirbeln würden, war von vornherein anzunehmen. Und daß man unsere Bestrebungen mit allen Mitteln bekämpft, zeigen die Aeußerungen im Verbandsblatt der Gewerbeschulmänner „Die Gewerbeschule“, die eigentlich so richtig die Angst verraten, die die Gewerbelehrer befiel, als sie von unseren Forderungen hörten. Angst verrät immer ein unruhiges Gewissen, und wenn in der Gewerbeschule ge sagt wird; „Die Eingabe der Werkmeister strotzt voll Wider sprüchen und sachlichen Unrichtigkeiten und Unwahrheiten in Gesuchen haben die kürzesten Beine“, so haben wir darauf die Antwort: was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen. Unsere Klarlegung, daß die an Spielerei grenzende drei- bis vierwöchige praktische Tätigkeit dem Qewerbelehrerkan- didaten nicht das ist, was sie ihm sein soll, und infolgedessen eine Erweiterung erfahren muß, scheint die Herren am meisten beunruhigt zu haben. Wenigstens versuchen sie alle möglichen und unmöglichen Beweise, wovon aber keiner stichhaltig ge nug ist, um auch nur als einigermaßen erbracht angesprochen werden zu können. So lautet ein disputierbarer Satz in der Gewerbeschule: Wir möchten bei dieser Gelegenheit noch er wähnen, daß die effektive Auswirkung dieser zwei- bis drei jährigen praktischen Tätigkeit der, in einem gereiften Alter stehenden Gewerbeschulkandidaten hinsichtlich der Summe des Kennens ein Vielfaches ist gegenüber der dreijährigen Lehrzeit eines Werkmeisters als Maurer usw. in einem un reifen Alter von 14—16 Jahren, bei welcher letzterer bekannt lich manche Stunden in unproduktiver Tätigkeit mit Lauf- und Handlangerdiensten usw. für die technische Ausbildung im Könnnen verloren geht. Stellen wir hierzu einen Vergleich: Der Hochbauwerkmeister, den „Die Gewerbeschule“ am meisten zu geißeln scheint, hat eine dreijährige praktische Lehrzeit als Maurer und Zimmermann hinter sich. Unbestreit bar hat er manche Stunde in unproduktiver Tätigkeit mit Lauf- und Handlangerdiensten usw. verloren. Sagen wir, der Zeitverlust beträgt, reichlich bemessen, ein Vierteljahr, so bleibt doch immer noch eine gut ausgenützte praktische Tätig keit von 2 Jahren unter der Aufsicht eines Poliers oder Bau führers. Dies ist doch etwas ganz anderes, als wenn der Herr Soundso sich gelegentlich einmal auf der Baustelle oder in der Werkstätte einfindet und sich das und jenes betrachtet. Der Maurerlehrling mußte sich in seine Arbeit hineinleben, was man jedoch von dem „im gereiften Alter“ stehenden Qewerbe- lehrerkandidaten wohl selten behaupten kann. Und seien wir uns einig, was man sich nicht durch praktische Tätigkeit an geeignet «hat, vergißt man bald wieder. Hat dann der zukünftige Werkmeister nach seiner prak tischen Tätigkeit einige Semester der Baugewerkschule be sucht, so betätigt er sich als Bauführer. Vorgeschrieben ist eine ISmonatige Bauführerpraxis, doch in den meisten Fällen werden aus diesen 18 Monaten 4—5 Jahre, aus dem einfachen Grunde, weil sich der meist wenig bemittelte Techniker das Geld für sein Studium selbst verdienen muß. Und was erlernt er nun alles als Bauführer, viel mehr, was muß er als Bauführer alles kennen? Ist es nicht der Maurer, Zimmermann, Steinhauer, Bildhauer, Holzschnitzer, Schmied, Blechner, Dachdecker, Kupferschmied, Glaser, Schrei ner, Schlosser, Gipser, Stukkateur, Maler, Elektriker und der und jener Installateur, Linoleumleger, Dekorateur, Gärtner usw., dem seine Arbeit angegeben und überwacht werden muß? Wie stellt sich der Gewerbelehrer denn die Funktion eines Bauführers vor? Wir wollen nicht fragen: Glaubt er vielleicht, mit all diesen sich auf dem Werkplatz lustig tummeln und mittelst der technischen Sprache des Maurers usw. Durchgei- stigung und Duichseelung in die verschiedenen Handwerks gebiete hineintragen zu können?, wie der Gewerbelehrer den Werkmeister wörtlich fragt. Dem angehenden Werkmeister muß also ein eingehendes Kennen und Können eigen sein, wenn er sich als Baumeister durch das Leben schlagen will, gar nicht daran zu erinnern, daß der Baumeister in 90 unter 100 Fällen auch gleichzeitig der Architekt ist und Entwurf und Ausführungszeichnungen selbst anfertigt. Hier könnte von einer Durchgeistigung und Durchseelung in den verschiedenen Hand werksgebieten durch den Bauwerkmeister gesprochen werden. (Schluß lolgt.) Briefkasten. Antwort an N. F.: Ihre Anfrage ist sehr unbestimmt. Jeder Grundeigentümer ist berechtigt, sein Grundstück entlang der Eigentumsgrenze einzufriedigen, wenn nicht besondere polizeiliche Vorschriften oder Rechte Dritter dem entgegenstehen. Die Vorschrift von Art. 66 Abs. 1 der BauO. ist im vorliegenden Falle kein Hindernis. Eine Ortsbausatzung besitzt Ihre Gemeinde nicht, und auch besondere ortspolizeiliche Vorschriften über Einfriedigun gen scheinen dort nicht zu bestehen. In welcher Weise das in der Anfrage erwähnte „Zufahrtsrecht und Zugangs recht in unbeschränkter Weise“ sichergestellt ist, ist nicht zu erkennen. Es dürfte aber kaum in der Weise festgelegt sein, daß der Inhalt der Abortgrube auf jedem beliebigen Wege über das Nachbargrundstück abgeführt werden kann. Von Bedeutung wird sein, auf welche Weise der Erbauer des Hauses beim Einholen der Baugenehmigung die erforderliche Zufahrt zum Hause nachgewiesen hat und welche zivilrechtliche Abmachung zwischen den bei den Nachbarn in rechtsgültiger Weise getroffen worden ist. Wenn Sie sich über diese beiden Punkte Klarheit verschaffen, wird sich die Anfrage leicht beantworten lassen. Verantwort!.: Karl Sohuler, Stuttgart. Druck: G. Sttirner, Waiblingen.