Zweiter Band. Baustile vom 4. bis 13. Jahrhundert. Altchristliche und romanische Baukunst. Abteilung VI. Altchristliche, byzantinische und karolingische Baukunst. 4.—9. Jahrhundert. Tafel 1—5. Die alte Peterskirche und die altchristlichen Hauptkirchen des 4. Jahr hunderts in Rom. Die altchristliche Baukunst bedeutet die unmittelbare Fortsetzung antiker Bau tradition. Der wichtigste Gebäudetyp ist in Italien die Säulenbasilika. Sie tritt uns in den drei großen Apostelkirchen, St. Peter, St. Paul und St. Johannes, sowie in vielen anderen schon im 4. Jahr hundert fertig, ja in einer ins Monumentale ge steigerten Form entgegen. Die drei Hauptkirchen sind fünfschiffig, während die übrigen dreischiffig angelegt sind, wobei das Mittelschiff stets minde stens doppelt so breit bemessen ist als ein Seiten schiff. Die Längsrichtung, die durch die Säulenreihen stark betont wird, kommt bei den drei Hauptkirchen an der Wand eines Querschiffes zum Stillstand. Durch den Triumphbogen blickt man hinein in ein breitgelagertes Querschiff, das den Hoch altar über dem Grab oder den Reliquien des Apostels umschließt, und in die Apsis dahinter, welche die Sitze für die Priester und den Bischofs thron enthielt (vgl. Tafel 2, 2; Tafel 3, 3; Tafel 6, 1; Tafel 7, 3). Der künstlerische Wert dieser Grundrißform mit der Richtung auf ein Ziel hin, das sich erst jenseits des Gemeinderaumes erhebt, ist außerordentlich groß. Die Abtrennung des fungierenden Klerus, das rein Anschauungsmäßige, Repräsentative des Kultus kommt in dieser Raumgestaltung stark zum Aus druck. Das Querschiff fehlt sonst den meisten Basiliken. Über seinen Ursprung und den Grund, warum es später meist wegblieb, gehen die Mei nungen auseinander. Vermutlich ist es bei den großen »Constantinischen« Bauten im Anschluß an östliche Vorbilder als eigentlicher Kultraum entstanden. 65 Egle, Baustil-u. Bauformenlehre. Text von Fiechter. Auch der Aufbau wird zu einer eigenartigen und glücklichen Lösung gebracht. Als Lichtgaden dient das Mittelschiff mit seinen langen Fenster reihen, die, im 4. Jahrhundert ebensogut verglast wie die riesigen Thermenfenster, reichliches Licht ins Innere gelangen lassen, ohne daß indessen die Blickrichtung des Andächtigen dadurch gestört wurde. In den Seitenschiffen sind nur kleine, oft gar keine Fenster, so daß diese Räume in ein ab gestuftes Licht eingetaucht werden, wie sie auch räumlich untergeordnet sind. Darin liegt ein be deutendes künstlerisches Prinzip, das einen wei teren großen Vorzug der altchristlichen Basilika ausmacht. Die Hochwände werden getragen von Marmor- oder Granitsäulen. In den meisten Kir chen sind es antike Spolien, d. h. von antiken Tempeln entnommene Schäfte samt ihren Kapi tellen. In Alt-St.-Peter ruhten Architrave auf den Säulen, wie auch in Santa Maria maggiore (Tafel 3, 3; Tafel 4, 2 u. 3) und in St. Lorenzo vor der Stadt (Tafel 8, 1). Doch war in den meisten Fällen die Bogenform zweckmäßiger, weil entweder keine geeigneten Marmorbalken vorhanden waren oder weil man versuchte, die Spannweite zu vergrößern, um die Durchsichtigkeit des Raumes zu steigern. So kommen beide Formen nebeneinander vor. Die Basiliken mit geradem Gebälk über den Säulen werden im 12. Jahrhundert wieder als Vorbilder für neue Anlagen geschätzt, aber die Bogenarkaden waren doch für die Entwicklung der kirchlichen Architektur entscheidend, ln den meisten Basiliken waren ursprünglich flache Felderdecken, keine offenen Dachstühle, doch ist keine antike Decke erhalten, denn in der Renaissancezeit bekamen fast alle Basiliken neue prachtvolle Kassettendecken, auch jeneaus dem 9.—12.Jahrhundert, diederNot derZeit 66 - 5