107 Tötn 16. bis ins ,y. Jabrbunctert Stellung nach Kräften ausnützten. Jm Jahre 1565 beschwerte sich der Magistrat über den ehe maligen Vogt Stephan 6rüninger, daß er von Urteilen des Stadtgerichts das Stadtsiegel ab gerissen und einem Bürger, der ihm darüber Vorhalt gemacht, geantwortet habe: Jbr Stutt garter seid alle Darren. Einem Stadtwächter gegenüber habe er geäußert: Jch bin Herr und Herzog, die von Stuttgart lind nur ein Dreck und haben nicht einmal Macht einen Kuh- oder Schweinehirten anzustellen. Ja er ging sogar soweit, städtische Urkunden von lieh aus mit feinem Siegel zu versehen, während das Stadtliegel darauf gehört hätte; in summa, heißt es, er hielt den Magistrat ärger denn Schneidersknechte. Das find zweifellos Überschreitungen der Hmts- befugnis des Vogts und find auf die Beschwerde des Magistrats von der Regierung auch gerügt worden, „da der Magistrat doch nicht dem Döbel gleich ?u achten sei". Ein solches Beispiel Zeigt aber, wie sehr die Stadtvertretung, wenn wir das Kollegium so heißen wollen, von der Person des jeweiligen Vogtes, des herzoglichen Beamten, abhängig und wie wenig die städtische Verwaltung Selbstverwaltung war, zumal wenn wir noch bedenken, welch bedeutenden Einfluß der Vogt im Damen des Herzogs auf die Zusammensetzung des Kollegiums selbst und die Wahl der daraus hervorgehenden Gemeindebeamten hatte. Hußer dem Vorsitz im Magistrat hatte der Vogt noch weitere städtische Funktionen: er war Vorstand der städtischen Polizei, hatte die Oberaufsicht über die öffentlichen Gebäude, über die Straßen, die Wasserversorgung u. s. w. Die Wohltätigheits- und Bildungsanftalten waren ihm unterstellt, das städtische Rechnungswesen stand unter seiner Kontrolle; die Rechner der Stadt, die Bürgermeister, hatten ihm ihre Jahres rechnung vorzulegen. Das Verhältnis des Vogtes zu der Stadt blieb das gleiche während unseres ganzen Zeit raums; nur wurde von der Stadtvogtei die Hmtsvogtei abgetrennt. Da der Vogt zugleich Justi)- und Verwaltungsbeamter für Stadt und Hmt war, so wurde die anfallende Geschäfts last groß; die herzogliche Regierung suchte auf verschiedene Weise der Überlastung des einen Vogtes abzuhelfen; mehreremal, schon im 16. Jahrhundert, tat sie es durch Ernennung eines Obervogts für Stadt und Hmt, dem ein „fleißiger, geschickter Geselle" als Untervogt an die Seite gegeben werden sollte. Doch hatte diese wiederholt versuchte Ordnung nie lange Bestand. Dagegen wurde im Verlauf des 17. Jahrhundert für das Hmt ein besonderer Vogt mit dem Sit} in Dellingen ernannt. Der Hauptgrund für diese ürennung, neben der angeführten 6e- fchäftsüberbürdung, scheint die Tatsache gewesen }u sein, daß die Rechnungsabhör in den Hmts- gemeinden sehr unregelmäßig vorgenommen wurde, so daß in den finanjen des Hmts große Unordnung herrschte. „Der schwerste Knott (Knoten) war das Rechnungsgeschäft," sagt ein Bericht der Zeit. Gegen diese Trennung wandten sich mit Eifer die Vertreter der Stadt Stutt gart: Vogt, Bürgermeister, Gericht und Rat, mit zahlreichen Eingaben an die herzogliche Regie rung; ja in einer Bittschrift von 1675 schlossen sich auch gesamte Schultheißen im Damen des Hmts den Bitten um Wiedervereinigung der Vogteien an. Die Gründe der Stadt, welche ihr die Herstellung des dreihundertjährigen Herkommens wünschenswert erscheinen ließen, find ein leuchtend. Wenn das Hmt einen besonderen Vogt besaß, der seinen Sit} nicht in Stuttgart hatte, so wurde der Stadt ein gut Teil des früheren Verkehrs entzogen. Ein Teil der Gerichts sachen wurde vom Hmtsvogt in Dellingen erledigt, und so kamen die Hmtsinfassen oberhalb der Weinsteig bei diesen Hnlässen nicht mehr nach Stuttgart, wo sie früher ihr Recht geholt und zugleich Gelegenheit gehabt hatten, ihre Einkäufe }u machen, denn die Gerichtstage, Dienstag und Samstag, waren zugleich Markttage. Jetzt kauften viele Hmtseinwohner ihren Bedarf lieber in Eßlingen. Weiter erwuchs der Stadt ein Dachteil dadurch, daß der Hmtsvogt stillschweigend gestattete, daß bei Dellingen sich ein Salzhandel entwickelte, der dem Monopol des Saljhandels