finanziellen, polizeilichen, universitätlichen, ökono- mischen und sozialen Einrichtungen und Gesetzen!” vernichtende, sondern als eine permanente zu verste- hen, als eine, die von einem qualitativen Sprung hin- sichtlich der gesellschaftlichen Entwicklung zum näch- sten fortschreitet. 8) Ist es die revolutionäre Funktion der Utopie, oder um Mißverständnissen vorzubeugen, die Funktion der Utopie für den revolutionären Kampf, das Entfremdet- sein bewußt zu machen und zu zeigen, inwieweit das Elend bzw. die Entfremdung beim gegenwärtigen Stand der Produktivkräfte aufgehoben werden kann, sobald die erstarrten und zu Fesseln der Entwicklung gewor- denen Produktionsverhältnisse jenen angepaßt werden”) so ist es die revolutionäre Funktion der Reformkümpfe. die rationale Einsicht mit der sinnlichen Erfahrung zu verbinden, um so über die bloße kritisch-utopische Reflexion hinausgehend ein revolutionäres Klassenbe- wußtsein zu entwickeln, ! 9) Als isolierte Ereignisse gesehen hätten die Utopien und Reformen tatsächlich nur geringen Wert. Die erreich- ten Konzessionen und das sich entwickelnde Klassen- bewußtsein sind keine ein für allemal gesicherten Er- rungenschaften, auf denen man sich ausruhen könnte. Denn die Bourgeoisie führt den Klassenkampf perma- nent, und, wenn sie an einer Stelle zurückweichen muß, an anderer Stelle um so heftiger. Revolutionäre Funk- tionen gewinnen Utopie und Reformkämpfe nur insoweit, als sie genutzt werden als Basis für den weiteren Kampf. Wenn also Benevolo die prinzipielle Ambiguität von Utopien und Reformen in bezug auf ihre zukünftige Funk- tion für den Klassenkampf hervorhebt, wie in dem unten zitierten Abschnitt - dies ist das einzige, was von Be- nevolo’s eigener Position zum Verhältnis von Utopie bzw. Reform und Revolution im Text zu finden ist -, so steht er damit entgegen seiner eigenen Auffassung u.E. nicht im Gegensatz zu der marxistischen Position. "Wie die technischen Vorstellungen der Utopisten von ihren sozialen Errungenschaften abgelöst und so vom paternalistischen Reformismus benutzt werden konnten, um die von der Revolution bedrohte soziale Verfassung zu konservieren, so konnten auch die Initiativen der kon- servativen Kräfte, sobald sie in die Wirklichkeit umge- setzt wurden, sich im Gegensatz zu ihrer ursprüngli- chen politischen Motivation entwickeln und sich zu 20 Waffen verwandeln, um das konservative System zu stürzen. Die cites ouvrieres des Zweiten franzôsi- schen Kaiserreiches, die englischen Modelldórfer und die Kruppschen Siedlungen sind darum die ersten Glieder einer Kette von Erfahrungen, die schließlich zu Garniers cité industrielle, zu Berlages Stadtvierteln und zu den Siedlungen in Frankfurt am Main und Wien führten. An diesen Punkt angekommen, wird eine neue Konfronta- tion von Stadtplanung und politischen Programmen fäl- lig, um die Kluft zu schließen, die sich vor hundert Jahren zwischen ihnen aufgetan hat. Das ist die Auf- gabe, die heute vor uns liegt. 11) Kann auch das allgemeine Verhältnis von Utopie bzw. Reform und Revolution und die notwendige Abgrenzung gegenüber dem linken Radikalismus, wie oben skizziert, sowie gegenüber dem Utopismus bzw. dem Reformismus und seiner theoretischen Grundlage, dem Revisionis- must?) kaum als wesentliches theoretisches Problem angesehen werden! >), so verschiebt sich doch mit der gesellschaftlichen Entwicklung des Klassenkampfs der Stellenwert von Utopie und Reform im revolutionären Kampf und ihr Inhalt. Deshalb ist es erforderlich, sich das notwendige Fingerspitzengefühl, wie Lenin sich ausdrückt, zu erwerben, um die nie gleichen kompli- zierten politischen Fragen schnell und richtig lösen zu können. Dazu genügt allerdings das Studium der Geschichte der revolutionären Bewegung nicht; viel- mehr ist dazu die eigene Erfahrung notwendig. Zu ersterem aber könnte der Historiker beitragen durch Analyse der tatsächlichen Funktion bestimmter Utopien und Reformen in Abhängigkeit von bestimmten Stadien und Strategien des Klassenkampfs. Aber gerade hier versagt Benevolo, weil ihm die Grundlage des dialek- tischen Materialismus fehlt, die es ihm ermöglichte, die einzelnen Schritte der Entwicklung im Kontext des Klassenkampfs der betreffenden Epoche zu sehen und richtig miteinander zu verbinden. Daß Benevolo nicht in der Lage ist, dies zu leisten, dafür ist die Unklar- heit in seiner Einschätzung des politischen Charakters der Stadtplanung, also der Rolle der Stadtplanung im Widerspruch zwischen den Klassen, ausreichendes Anzeichen. Nicht, daß die Stadtplanung in sich selbst als widersprüchlich herausgearbeitet wird; vielmehr sind die entsprechenden Textstellen mehrdeutig oder widersprüchlich. An einer Stelle ist bezüglich der Stadtplanung vor 1848 von einer "Überschneidung" des Sozialismus mit der Stadtplanung die Rede. An einer anderen Stelle heißt es: ARCH+ 15 (1971-3)