Mensch alles . . . ” 38) So unverkennbar die Potenz der Natur als wertschöpfend der physiokratischen Theorie entnommen ist, so stellt sich auch in diesem Abschnitt der Schritt Smiths dar über die Physiokraten hinaus. War es bei jenen nur eine bestimmte Form der konkreten Arbeit, die Wert zu schaffen in der Lage war, und erschien darum aller Mehrwert nur in der Form der Grundrente, so dehnt Smith die Kategorie des Mehrwerts auf alle Bereiche der gesellschaftlichen Arbeits teilung aus. Die allgemeine gesellschaftliche Arbeit ist es, die Wert schafft. Solange Smith diese Bestimmung des Wertes durchhält, nennt er Grundrente, Profit und Zins Abzüge vom Produkt des Arbeiters beziehungsweise von dessen Wert. „Sobald der Boden Privateigentum gewor- den ist, verlangt der Grundbesitzer einen Anteil fast aller Produkte, die der Arbeiter darauf erzeugen oder einsam- meln kann. Seine Bodenrente macht den ersten Abzug vom Produkt der auf den Boden verwandten Arbeit aus.” 39) Aber es gehen bei Smith zwei verschiedene Arten des wissenschaftlichen Vorgehens durcheinander. Einmal fragt er nach dem inneren Zusammenhang der bürger- lichen Produktionsweise (die Resultate haben wir bisher betrachtet), zum anderen werden rein äußerlich die Ka- tegorien so aufgegriffen und behandelt, wie sie unmittel bar dem praktischen Verstand erscheinen, Marx nennt dies den „Widerspruch zwischen dem esoterischen und dem exoterischen Smith.” Die Auffassung des Verhältnisses zwischem dem Wert der Waren und den verschiedenen Einkommensrefor- men, die aus dieser zweiten Vorgehensweise resultiert, gipfelt in folgendem Satz: „Arbeitslohn, Profit und Rente sind die drei Urquel- len alles Einkommens sowohl wie allen Tausch werts. ” 40) Hier nun stellt Smith seine vorher bewie- sene wissenschaftliche Einsicht auf den Kopf und behaup- tet schlankweg, daß der Wert sich nicht auflöst in Profit, Lohn und Rente, sondern daß er sich vielmehr aus diesen drei Elementen konstituiert. Die Quelle, aus der diese Anschauung bei Smith stammt, ist offen- sichtlich: die alltägliche, praktische Erfahrung des Lebens in der bürgerlichen Gesellschaft zeigt, daß für den Kapital- besitzer in der Tat sein Kapital „Quelle von Wert” ist, schon allein in der Form des Zinses ihm kontinuierlich Frucht abwirft, scheinbar ganz von selbst aus ihm inne- wohnenden Kräften heraus. In dem Augenblick, in dem Smith diese empirisch „richtige” Beobachtung als solche nicht weiter hinterfragt und sogar noch in dem Satz zu- sammenfaßt, daß diese drei Einkommensarten „Quellen allen Tauschwerts” seien, verfällt er in die „exoterische Betrachtungsweise” und stellt damit genau die Nahtstellen her, an die die spätere Vulgärökonomie unmittelbar an- schließ... 38) 2a.2.0., 8. 31. 39) 2a.a.0., 5.55. 40) a.a.0., 5. 65. Smith meint am Ende seiner Abhandlung über die Grund- rente, daß das Interesse der Grundeigentümer direkt und untrennbar mit dem Gesamtinteresse der Gesellschaft ver- bunden sei. Als Begründung führt er an, daß die Zunehme des Reichtums der Gesellschaft, jede Verbesserung des Zustandes der Gesellschaft direkt oder indirekt eine Stei- gerung der Grundrente zur Folge habe. Sie steige direkt, wenn durch Verbesserung der Ausnutzung des Bodens der Anteil des Grundeigentümers am Produkt sich zwangs- läufig erhöhe, und zwar sowohl relativ wie absolut. Indi- rekt werde die Grundrente erhöht einerseits durch Stei- gerung der Produktivität in der Manufaktur, die die Preise der Manufakturwaren senke, die der Grundeigentümer eintausche, andererseits durch Zunahme des gesellschaft- lichen Reichtums überhaupt, die Vermehrung der Bevöl- kerung und damit Steigerung der Nachfrage nach landwirt schaftlichen Produkten zur Folge habe. Was auch immer gut oder schlecht sei für die gesamte Gesellschaft, nütze oder schade den Grundeigentümern in gleicher Weise. Ill. DAVID RICARDO ( 1772 - 1823 ) Mit A. Smith ist bereits der Höhepunkt der wissenschaft- lichen politischen Ökonomie erreicht. Ricardo unterschei: det sich von Smith im wesentlichen dadurch, daß er das Smithsche Denken systematisiert, von offensichtlichen Widersprüchen und Unentschiedenheiten reinigt und sich darüber hinaus noch um eine logisch konsistente Darstel- lung bemüht, wenigstens was die ersten sechs Kapitel seines Hauptwerkes, „On the Principles of Political Eco- nomy and Taxation”, angeht. Die entscheidende Schwäche von Smith ist der ständige, unbewußte Wechsel des wissen- schaftlichen Ausgangspunktes: einerseits bemüht er sich, eine wissenschaftliche Analyse des Gesamtzusam- menhanges der bürgerlichen Produktionsweise zu leisten, ihr Wesen als reichtumsproduzierende Gesell. schaft zu ergründen, andererseits fällt er aber immer wie- der aus diesem Ansatz heraus und zurück auf den indivi- duell-praktischen Standpunkt des einzelnen Kapitalisten, indem er die Kategorien des bürgerlichen Geschäftslebens naiv so behandelt, wie sie dem praktischen Verstand des Kapitalisten fix und fertig vorkommen. Auf welche Weise versucht nun Ricardo, entsprechend dem von Marx formulierten wissenschaftlichen Motiv der klassischen Ökonomie die innere Einheit der bürgerlichen Produktionsweise analytisch zu konstituieren? „Er geht aus von der Bestimmung der Wertgröße der Ware durch die Arbeitszeit und untersucht dann, ob die übrigen öko- nomischen Verhältnisse, Kategorien, dieser Bestimmung des Werts widersprechen oder wie weit sie dieselbe modi- fizieren.” 41) Des weiteren geht Ricardo aus vom Standpunkt der voll entwickelten kapitalistischen Produktionsweise. Er un- 41) MEW 26.2., a.a.O.,S. 161.