skizzieren: die Ingredienzien werden ja - Arbeitslosigkeit, Rezession im Baugewerbe, Untergang der kleinen Firmen, arbeitslose Architekten, Jugendausbildungsprojekte, ökologisches Bauen mit einfachen Techno- logien usw. - seit Jahren diskutiert mit wachsender Annäherung an die Wirklichkeit. Ich will das hier aufgreifen, nur unter dem Winkel der Frage, was das Denkelement Hausbau für das Umgehen mit der Stadt an Perspektiven beitragen kann. Hausbau ist der kritische Grenzfall einer Stadt, in der - ob nun Pariser Agglomeration, Londoner New Town, Darmstadt Neu- Kranichstein, Albertslund bei Kopenhagen oder Gropiusstadt in Berlin - ganze Stadt- viertel von einer Baugesellschaft errichtet und verwaltet werden, von einem einzigen Fern- heizsystem abhängig sind und von wenigen, deshalb hochzentralisierten Einrichtungen versorgt werden. Der alte kleinbürgerliche Hausbau ist da so vollständig erdrückt, daß wir ihn getrost als abgewöhnt betrachten können, ohne allzu ungenau zu sein. Klein- bürgerlichkeit im alten Sinne ist in unseren Städten nur noch ästhetische Verweisschicht oder ökonomische Sicherung an ganz quer dazu strukturierten Objekten, das kleinbür- gerliche Eigentumsstreben tummelt sich in Neu- und modernisiertem Altbau als Eigen- tumswohnungsbesitz, im Reihenhausver- bund, der in einst großbürgerliche Vorort- parzellen hineingeklemmt wurde, oder es wandert ganz aus der Stadt aus und sucht die stadtnahen Dörfer grausig heim. Die Figur des Hausbaus würde in der heutigen Lage ein Stück vorwärtsgewandter Sehnsucht aus- drücken, einer Sehnsucht nach identifizier- barer Örtlichkeit, nach der Erkennbarkeit sozialer Situationen als Voraussetzung des Zuhauseseins. Man sollte sich das nicht zu friedlich vorstellen: nur mit Idyllik funktio- nierte das nämlich nicht. Ein Beispiel sind eher die besetzten Häuser in den Großstädten, ein Beispiel wohlgemerkt, kein Modell, weil auch sie als Spaltpilze in der pasteurisierten und homogenisierten Milch der frommen Den- kungsart überhaupt erst wirken. An Hausbau ist zu denken als an einen Hebel, mit dem in einer bewegungslosen, zubetonierten Stadtsituation möglicherweise noch etwas zu bewegen ist, nach den ästhe- tischen Hebelgesetzen einer dialektischen, d.i. in Widersprüchen arbeitenden Stadtbau- kunst, die nicht von oben aus dem Stadtbau- kasten heraus komponiert, Häusermassen verteilt, Plätze und Piazzettas sät und Bäume symmetrisch vom Himmel regnen läßt, sondern die mit Provokationen arbeitet, gezielt angreift, Reaktionen hervorlockt, .die den taubstummen Massen der spekulativen Stadt ihre unterdrückte Sprache vorhält. Der Hausbau dieses Sinnes hat besseres zu tun als Lücken zu füllen, aber dazu muß er die Lücken erst einmal akzeptieren, denn mehr als Lücken werden für Experimente nicht zur Verfügung sein. Aus den spekulativen Defi- ziten dieser Lücken heraus kann dann ange- griffen werden, getreu der Maxime, nicht Lücken zu füllen, sondern Schlüsselfälle zu bilden. Der Hausbau braucht den Unterdruck der Lücken, um daraus aggressiv hervor- zuschnellen als eine Stadtfigur, die einen Bruch im Kontinuum darstellt, ein Wider- spruchselement in der geronnenen Gewalt einer Blockrandumbauung, ein Stück Un- heimlichkeit in der Glätte der Straßenfront - aber ebenso auch ein Stück Wärme und Heimlichkeit, und ein Vermittlungsangebot im vermittlungslosen Beieinander in der Gegend verlorener Baumassen, ein Versöh- nungsversuch in Bruchsituationen zwischen Alt- und Neubaukanten, zwischen sozial unvermittelten feindlichen Baumassen. Um das zu leisten, sind viele Einzelzüge nötig, kein einmaliges ästhetisches Konzept. Was Hausbau sein könnte in solcher Funk- tion der Grenzbildung und Grenzvermitt- lung, des Bruchs und der Versöhnung, das läßt sich erst an der einzelnen konkret gefaßten Situation herausfinden und nur nach voll- brachter Arbeit vollständig und überzeugend sagen. Man muß freilich diese Situationen aufzufinden wissen. Es ist in der Regel keineswegs schon der Fall, daß ein Ereignis sie markiert hätte eine Besetzung etwa oder ein unangenehmes Baugesuch eines ortsbekann- ten Spekulanten. So etwas kann auch Falle sein, nämlich gerade nicht die Situation, aus der erfolgreich und mit dem nötigen Über- zeugungsvorrat zu handeln wäre. Nach meiner Erfahrung mit Berliner IBA-Projekten in Neu- wie Altbaugebieten enthält aber jede komplexe Aufgabe jene Lückensituation, die, wenn man dank der genauen Durcharbeitung der Aufgabe sie aufgedeckt und aufgefunden hat, sich als Schlüsselsituation erweist, als Schlüssel einer die divergierenden Stränge vermittelnden Lösung. Erst in der Situation stellt sich dann auch die Frage eines bestimmten kritischen Haus- typs. In einer fünfgeschossigen steinernen Bauordnungsstadt wie Berlin wäre ein zwei- geschossiger, in Selbsthilfe erstellter Fach- werkbau bereits der Inbegriff des kritischen Genzfalls. Aber die Bedingungen der Kriti- schen Besonderheit gehen natürlich in jedem einzelnen Fall viel weiter und in unterschied- liche Richtungen. Welche soziale Identität hat ein solcher kritischer Hausbau? Das kann nicht genau genug ausformuliert werden. Wollen Jugendliche beim Hausbau eine Grundausbildung erwerben, oder gar im Lebenszusammenhang des Hauses ein Hand- werk erlernen, eine Werkstatt aufbauen, ihren Lebensunterhalt verdienen? Oder wollen kinderreiche Familien den Rahmen eines auf veränderte Weise arbeitsteiligen sozialen Lebens aufbauen, mit Kinderladen, Gemein- schaftsküche, Spiel- und Basteleinrichtungen bis zur Selbsthilfewerkstatt? Oder will eine Wohngemeinschaft weitere Schritte der Selbst- versorgung in der Stadt‘ unternehmen mit flächenintensivem Gemüseanbau im Ge- wächshaus und begrenzter Tierhaltung? Es gibt viele Vorstellungen - auf dem Papier ist das alles austauschbar und gratis, wozu also weiter aufzählen. Die Bedingungen der Durchsetzung wären interessant. Zu diesen Bedingungen gehört all das, was zur Zeit international ausprobiert wird. Kann eine alternative Trägerschaft politisch tole- riert werden - was ja die Voraussetzung wäre, um mit den nötigen öffentlichen Zuschüssen in Situationen zu bauen, die für die Verwertungsbedingungen der hochgerüsteten Wohnungsbaudinosaurier nicht mehr genug hergeben? Ist Selbsthilfe als soziales Modell in der relevanten Größenordnung überhaupt praktizierbar, und wenn, mit welchen Grup- pen? Welche Spielräume für einfache Techno- logien, Standardunterschreitungen, funktio- nale Vermischungen (Gewerbe, Tierhaltung, dauernder Aufenthalt von Menschen) werden politisch und folglich bauaufsichtlich tole- riert werden? Welche Vorstellungen und welche Praxis einer neuen Sparsamkeit und Verantwortlichkeit im Umgang mit Raum, gesellschaftlicher Arbeit und individuellen Objektansprüchen werden wir zustandebrin- gen? Was von alledem, was möglich ist, ist bei genügend vielen wirklicher Wunsch und damit Basis realer Veränderung? Die Chancen sind natürlich von Ort zu Ort verschieden, und sie entwickeln sich mit der monoton sich ver- breitenden Arbeitslosigkeit und der Aussicht auf deren Verewigung. Dazu ist hier nicht zu orakeln - es kam auf den Hinweis an, daß, bevor entsprechende Chancen abgewartet und ergriffen werden, wir begrifflich auf der Höhe dessen sein müssen, was dann zu leisten. ist. Hausbau ist eine Denkfigur dafür. << Cn a Internationale Bauausstellung Berlin 1987 STELLENAUSSCHREIBUNG Ab 01.05.1983 zu besetzen 1 Stelle (40 Std./Woche) Vergütung analog BAT zeitlich befristet bis31.07.1984 Stellenbeschreibung: Planungsassistent/in für den Leiter der Arbeitsgruppe Stadt- erneuerung in ihrer Funktion als treuhänderischer Sanie- rungsträger für das Sanierungs- gebiet Kreuzberg, Kottbusser Tor und Fraenkelufer Aufgabengebiet: Organisatorische und konzep- tionelle Weiterentwicklung des Verfahrens der behutsamen Stadterneuerung ‚Koordination und Mitarbeit bei der Aufstel- lung von Finanzierungsplänen und Erneuerungsprogrammen, Vorbereitung und Führung von Abstimmungsgesprächen mit den zuständigen Verwal- tungsstellen. Qualifikation: Einschlägige Kenntnisse der Problematik und Lösungsan- sätze der behutsamen Stadt- erneuerung, Erfahrung mit Ver- waltungsabläufen und mit Fra- gen der Betriebsorganisation. Bewerbungen sind innerhalb von 4 Wochen zu richten an: Bauausstellung Berlin GmbH z.H. Herrn Prof. Hämer Lindenstr. 20 -21 1000 Berlin 61 Tel.: 2508 260/261