D eshalb gedeiht der Wunsch nach Gesamtkunstwerken erst in dem zwielichtigen Klima zwischen privatem Kommerz und öffentlich säkularisierter Sinnstiftung. Das war im 19. Jahr- hundert so, und das ist heute überhaupt nicht anders. Was Fotografie und Film, Eisen und Beton, was Radio und Fernsehen, elektronischen Ton- und Bildträgern, ja selbst Kunst- Stoffen nicht gelang, nämlich die bürgerliche Grundausstattung zu ändern, statt zu bestätigen, warum sollte das gerade Hologra- fie und digitalen Rechnern gelingen? Die Selbstbestimmung des Künstlers und das Numinose der Kreativität werden heute höher gehandelt denn je, und immer schneller beeilt sich jedermann, nicht nur modern, sondern auch zeitgenössisch zu sein, um damit die Einheit des Zeitgeistes zu beweisen. Nein, an der bürgerli- chen Grundausstattung hat sich nichts geändert; sicher, Zeiten und Mittel haben sich geändert, die Ideale und ihre sinnstiften- 7 den Funktionen sind geblieben. Gesamtkunstwerke waren nicht nur zwischen Dampfmaschine und Museum dazu verurteilt zu + EX mißlingen, sie werden auch zwischen Computer und Medienzen- ‚> trum scheitern. x 2 f MB x “u * Das wäre das eigentliche Fazit meiner Anmerkungen, wenn * ich die Ideale der selbstbestimmten Kreativität, der autonomen HS Künste und besonders des einheitlichen Zeitgeistes nicht bereits } vor 25 Jahren einfach beiseite getan hätte. Diese idealen Krücken ermöglichen ja nicht nur ein bequemeres und schnelleres Fort- A kommen, sie beweisen auch Schwäche und Gebrechlichkeit. NE ZZ Rocaille Doch damals wurde das „Projekt der Moderne“ sowohl von links AN N wie von rechts gestützt, von unten getragen und von oben ge- DO weiht. Kurzum, ein Auskommen ohne all diese Hilfsmittel stieß schon vor allen politischen und sozialen Parteiungen bestenfalls auf verständnisloses Kopfschütteln, normalerweise auf Haß und Aggression. Heute hingegen gebe ich mich gerne der Illusion hin. das könnte ein wenig anders sein