Wohin sollte sie gehen, Herr Justizrat. Man muß feststellen,
ob sie dort gewesen ist.
Da muß ich meine Frau anrufen. Warten Sie bitte einen Augen
blick.
Ottilie? Ich bin es, Otto. Wohin hast Du gestern Fräulein
Richter geschickt. Ich bitte Dich, sei doch nicht kindisch.
Fräulein Richter ist nämlich nachts nicht nach Hause ge
kommen. Was sagst Du? Was? Zum Juwelier? Mit
ihrem Ring, mit Deinem Ring, wollte ich sagen? Unsinn,
Fräulein Richter stiehlt nicht. Das glaube ich nicht. Ich
werde selbst sofort zum Juwelier gehen.
Ja, Herr Richter, bitte. Es ist mir wirklich sehr, sehr peinlich.
Fräulein Richter sollte gestern Abend einen kostbaren Ring
zu unserem Juwelier bringen.
Was sagen Sie? Oh, mein guter Name.
Beruhigen Sie sich, lieber Herr Richter. Sie wird den Ring
schon hingebracht haben.
Ich will Ihnen den Ring gerne ersetzen, freilich kann ich es nur
in Raten. Aber bringen Sie mich nicht in die Schande.
Das ist eine sehr unangenehme Sache mit dem Ring, lieber
Herr Richter.
Um Gottes Willen, es wird doch nicht ein Familienstück ge
wesen sein.
Es ist eine sehr unangenehme Geschichte. Ach, Fräulein, ver
binden Sie mich doch mal mit dem Juwelier.
Ja, bitte. Sagen Sie, war gestern Abend mein Bürofräulein bei
Ihnen, um einen Ring für meine Frau abzugeben? Wie?
Nein? Danke schön, es wird sich schon aufklären. Sie ist
nicht dagewesen.
Um Gottes Willen, um Gottes Willen. Nun kann ich nicht ein
mal zur Polizei gehen. Was soll ich machen, Herr Justiz
rat. Meine Frau rührt der Schlag, wenn sie das erfährt.
Wir sind eine achtbare jüdische Familie.
Ich denke darin ganz liberal, lieber Herr Richter. Das ist bei
Christen auch schon vorgekommen. Und schließlich sind
Sie juristisch nicht einmal haftbar, da Ihre Tochter mündig
ist.
Herr Justizrat, so viel Edelmut
Man hat doch auch ein Herz. Das junge Mädchen wird sich
finden, der Ring auch. Sie wollte vielleicht nur damit eine
Nacht bei ihrem Liebsten protzen.
Was sagen Sie, Herr Justizrat. Meine Tochter hat ein Ver
hältnis und Sie wissen es.
Ich weiß gar nichts, lieber Herr Richter, aber alle Bürofräuleins
haben Verhältnisse. Das ist die neue Zeit.