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Dabei ist das Aussageobjekt der Aussageinhalt, in welcher Satzmodalität die
Aussage auch erscheint. Der Satz Sigwarts »ich sage etwas von etwas aus«
kann reduziert werden auf den Satz »ich sage etwas aus«. In dieser Form ist
er nicht mehr die (übrigens schlecht formulierte) Beschreibung des prädikati
ven Urteils, sondern der Ausdruck für die Aussage selbst. Er bedeutet: die
Aussage ist die Aussage eines Subjekts über ein Objekt. Erst diese Formel, die
eine Strukturformel ist, läßt erkennen, daß nicht nur die einzelne Aussage,
sondern das Ganze des sich in der Sprache manifestierenden Lebens durch sie
beschrieben ist. Und wenn schon an dieser Stelle auf den einzigen Fall im
Gebiete der Sprache hingewiesen wird, für den die Aussageformel nicht gültig
ist, nämlich das Erzählen der erzählenden Dichtung, so erhärtet gerade diese
Ausnahme, wie gezeigt werden wird, die Gültigkeit der Aussageformel für
den gesamten übrigen Bereich der Sprache, in den auch die lyrische Dichtung
gehört.
Analyse des Aussagesubjekts
Die Begriffsbestimmung der Aussage als Aussage eines Aussagesubjekts
über ein Aussageobjekt kann erst durch eine genaue Analyse des Aussage
subjekts durchgeführt werden; es wird sich dabei zeigen, warum es nur auf
dieses und nicht auf das Aussageobjekt ankommt.
Der Begriff Aussagesubjekt ist eine Entsprechung zum Subjektsbegriff 50 der
schaft zwischen ihnen betont und der sprachlichen Form nur geringes Gewicht beimessen
wollen. »Exclamation and Statement are separated from one another only by a thin partition
in How well he sings and he sings very well.« (The Theory of Speech and Language, Oxford
1932, S. 190). — Auch H. Ammann schlägt eine Erweiterung des Wortgebrauchs von Aus
sage vor und will »auch alle diejenigen Gebilde als Sätze [bezeichnen], die sich als Modifika
tionen des behauptenden Satzes verstehen lassen, insofern in ihnen unter Wahrung der Struk
tur-Elemente des Behauptungssatzes das Moment des Behauptens durch ein Moment des
Fragens, Wünschens, Annehmens abgelöst ist« (a. a. O., S. 67).
50 Es ist eine Unzulänglichkeit der Terminologie, daß im Bereiche der Logik, Grammatik,
Erkenntnistheorie und Psychologie der Begriff des Subjekts in verschiedener Bedeutung und
Funktion auftritt oder verwendet wird. Er hat in der Logik und Grammatik — als Urteils
subjekt und als Satzsubjekt — eine statische, in Erkenntnistheorie, Psychologie und auch
Metaphysik eine dynamisch-aktivistische Qualität. Er meint dort, metasprachlich, einen
Begriff oder ein Wort, hier, objektsprachlich, eine Person oder allgemeiner eine personale
Instanz: das denkend erkennende Subjekt, dem der Charakter des Personalen auch dann noch
anhaftet, wenn es in der Abstraktion des Subjektpols der Erkenntnisstruktur auftritt, als
Bewußtseinssubjekt, Transzendentalsubjekt (Fichte), das Kantische >Ich denket, das Bewußt-
sein-überhaupt Husserls usw. Th. W. Adorno hat gegen Fichtes Unterscheidung des empi
rischen und absoluten Subjekts betont, daß eben deshalb, weil dieses eine Abstraktion des
ersteren sei, es unter seinen Begriff falle und mitgemeint sei (Drei Studien zu Hegel, Frank
furt a. M. 1964, S. 27).