Subjekt ist. Der reinste Fall der theoretischen Aussage ist der mathematisch
naturwissenschaftliche oder logische Gesetzessatz. Der Satz etwa »Parallelen
schneiden sich im Unendlichen« ist so >objektiv<-allgemeingültig, daß ein
Aussagesubjekt nicht vorhanden zu sein scheint. Denn es kommt bei dem
mathematischen Satz weder auf das Aussagesubjekt an, das den Satz jeweilig
ausspricht oder schreibt, noch auf das des Mathematikers, der ihn erstmals auf
gestellt hat. Dennoch ist es vorhanden, aber nicht als ein individuelles, sondern
— entsprechend der Allgemeingültigkeit des Aussageobjekts — als ein inter
individuell-allgemeines, d. h. alle denkbaren Aussagesubjekte meinendes, von
denen keines vor dem andern ausgezeichnet ist.
Das pragmatische Aussagesubjekt. Das historische und theoretische Aussage
subjekt haben das gemeinsam, daß ihre Aussageobjekte Sachverhalte sind, die
im Modus des Berichtes oder der Feststellung erscheinen. Diese beiden Formen
oder Typen der Aussage beherrschen den weitaus größten Teil unseres aus
sagenden Lebens: nahezu das gesamte Schrifttum des Aussagesystems und
auch den größten Teil der mündlichen Kommunikation. Sie machen jenen
Teil des Aussagesystems aus, der im engeren Sinne als >Aussage< bezeichnet
worden ist, und zwar sowohl im Sinne des Behauptungssatzes als auch in dem
weiteren, nichtgrammatischen, eine Aussage (z. B. vor Gericht) zu machen.
(Und von der heute im Deutschen üblichen vagen Anwendung von Aussage
als Aussage einer Dichtung, eines Kunstwerks überhaupt ist hier natürlich
abgesehen.) Aus dieser engeren Bedeutung des Begriffes Aussage sind die
Satzmodalitäten der Frage, des Befehls, des Ausrufs und der Ellipse ausge
schlossen. Wenn man jedoch Aussage in dem weiteren strukturellen Sinne als
Aussage eines Aussagesubjekts versteht, ordnen sich auch diese Satzmodalitäten
in das Aussagesystem ein. Ja, es wird sich weiterhin zeigen, daß es erst damit
möglich wird, die Struktur der Sprache vollständig und exakt zu beschreiben,
die all unserem denkenden und sprechenden Leben zugrunde liegt : die Subjekt-
Objekt-Struktur.
Es ist nun möglich, die Satzmodalitäten, die nicht dem Typus der Fest
stellung angehören, also nicht Behauptungssätze sind : Frage, Befehl, Wunsch
in der Kategorie des pragmatischen Aussagesubjekts zusammenzufassen. Dieser
Begriff ist dadurch begründet, daß diese in ihren je verschiedenen grammati
schen Satzformen erscheinenden Aussagemodalitäten zweckhaft, auf ein Be
wirken hin ausgerichtet sind. Das fragende, befehlende, bittende Aussage
subjekt will etwas in bezug auf das Aussageobjekt. Es will, daß der Sachverhalt,
der auch in der Frage, im Befehl, in der Bitte, im Wunsch virtuell intendiert ist,
beantwortet, ausgeführt, erfüllt wird. Daß es überdies im Wesen der Frage, des
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