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es kein Aussageobjekt, das in einer absoluten Subjektivität der Aussage ver
schwände, weil ein Aussagesubjekt ohne ein Aussageobjekt keine Aussage
machen kann, das Aussageobjekt also immer sichtbar bleibt, so subjektiv
die Aussage auch formuliert ist. Dies ist das Problem, das für die Struktur des
lyrischen Gedichts von Wichtigkeit ist.
Ohne Frage ist nun die Polarität der Subjekt-Objekt-Struktur am deut
lichsten am Behauptungssatz abzulesen und sie ist umgekehrt auch nur in Hin
sicht auf ihn relevant. Auch ist der Behauptungssatz diejenige Aussageform,
deren Subjekt-Objekt-Polarität am wenigsten durch >Ausdruck<, emotionales
Hervortreten des Aussagesubjekts beeinflußt ist. Eben dieses Moment ist
bezeichnend für die Typen der Aussagesubjekte — und d. h. der Aussagen —,
die wir als pragmatische zusammengefaßt haben: die des Frage-, Befehls- und
Wunschsatzes. Wenn Heidegger (Beisp. 5) die theoretische Aussage, daß »wir
heute keine Antwort auf die Frage nach dem, was wir mit dem Worte >seiend<
eigentlich meinen, haben«, in die Form einer wie immer rhetorischen Frage
kleidet, so ist das Aussagesubjekt zwar, eben weil die Frageform rhetorisch ist,
immer noch ein theoretisches, gewinnt aber wiederum durch die Frageform
einen Akzent von — sagen wir — Dringlichkeit, der dem theoretischen Charak
ter der Aussage eine pragmatische Farbe hinzusetzt. In dem Kantischen Beispiel
aus der »Kritik der praktischen Vernunft« (6.) ist der Aspekt der Dringlichkeit
noch stärker; ja das theoretische Aussagesubjekt wird hier fast zu einem
pragmatischen, weil die Frage »welches ist der deiner würdige Ursprung . .. ?«
an die personifizierte Pflicht gerichtet wird und, wie immer rhetorisch, von ihr
eine Antwort erwartet. Eben deshalb erscheint die Kantische Frage subjektiver
gefärbt als die Heideggersche. — Diese beiden Beispiele von Fragesätzen zei
gen oder weisen schon darauf hin, daß die Struktur der Subjekt-Objekt-
Polarität nicht nur die der Behauptungssätze ist, bei denen das theoretische
und das historische Aussagesubjekt vorwiegt, sondern auch die der pragmati
schen Kategorie bestimmt. Es gibt objektivere und subjektivere Frage-,
Befehls- und Wunschsätze. Aber das fragende, befehlende, bittende, wün
schende Aussagesubjekt ist schon als solches ein Subjekt, das qua Subjekt
mehr hervortritt als das des Behauptungssatzes.
Der Begriff der Aussage als Wirklichkeitsaussage
Es ist die Struktur der Subjekt-Objekt-Polarität, die nun den Blick für die
weiteren Strukturelemente der Aussage freigibt und unmittelbar zu der Ein
sicht führt, daß alle Aussage Wirklichkeitsaussage ist. Wenn diese Behauptung