Stotz schriftlich eingesendet wurde, die Frage über die Errichtung
eines neuen Kirchhofes hier, zur Sprache gebracht, und eine Kom-
niission zur Erstattung eines Berichtes gewählt, um auf Grund
desselben die Zuschrift des Herrn Stotz beantworten zu können.
— Diese Kommission, bestehend aus Straßenbau-Inspektor
Kaiser, Baurath Stahl und Baurath Binder, hat sich
am 29. Februar auf den Platz begeben, der von den städ
tischen Behörden zum neuen Kirchhof ausersehen ist; derselbe
ist auf der Nordseite der Stadt, zwischen der Eisenbahn nach
Bietigheim, der Mönchstraße, der Bahnhofstraße und der Hall-
berger'schen Ziegelei gelegen. Auf demselben angekommen, traf
die Kommission die Herren Gemeinderäthe Professor Dr. Fraas
und Fabrikant Walther, sowie den in der Nähe des neuen Kirch
hofs begüterten Herrn Joh. Häberle, welcher als Besitzer von
Häusern und Gütern in der Mönchstraße, die Interessen der an
grenzenden Besitzer in seinen der Kommission gemachten Mitthei
lringen lebhaft vertrat. — Nach Maßgabe sowohl der örtlichen
Verhältnisse als des Stadtbauplanes, konnten sich sämmtliche
Anwesende der Ueberzeugung nicht entziehen, daß der ausgewählte
Platz eine ganz geeignete Lage für den neuen Friedhof habe, daß
er sich aber auch recht wohl zu einem schönen Stadtviertel eignen
würde. Es konnte sich somit die Aufgabe der Kommission weiter
nur dahin ausdehnen, zu erheben: ob die Plätze, auf welche sich
die Gegenvorschläge beziehen, sich zur Anlage eines Friedhofs eig
nen. — Leicht konnte sich die Kommission überzeugen, daß der
Grund der Aecker jenseits der Hallberger'schen Ziegelei, welche
ebenfalls der Lage nach die Anlage eines Friedhofs sehr gut zu
lassen würden, aus lauter undurchlassendem Zicglerlehm besteht, der
sich zu einem Begräbnißplatz durchaus nicht eignet, und entschieden
gemieden werden muß. — Weiterhin findet sich ein an und für
sich geeigneter Platz nur noch in größerer Entfernung, nämlich die
Aecker „unter der Eckartshalden", allein abgesehen davon, daß den
bestehenden Anforderungen, welche in der nicht leicht zu beseitigen
den Sitte und dem allgemeinen Bedürfniß, mit den Ruheplätzen
theurer Verstorbener in leichten Verkehr treten zu können, begrün
det sind, nicht entgegenzutreten ist, und diesen Anforderungen an
genanntem Orte nicht wohl genügt ist, liegt derselbe gar nicht
mehr auf der Markung Stuttgart, sondern auf der Markung Can-
statt; geeigneter Zugang zu demselben ist durch die Eisenbahn ab
geschnitten, und die Erwerbung des Platzes, auf welchen sich das
Expropriationsrecht der Gemeinde Stuttgart nicht erstrecken dürfte,
die Anlage der Zufahrten rc. würden mit großen Schwierigkeiten
verbunden sein. — Da die Kommission nicht in der Lage sich
befindet, einen andern geeigneten Platz zu bezeichnen, so ist sie
auch nicht in der Lage ausreichende Gründe gegen die Verwendung
des ausgewählten Platzes zur Anlage eines Friedhofes aufzustellen,
so sehr sie auch andernfalls vorziehen würde, hier ein gesund und
schön liegendes Stadtviertel entstehen zu sehen."
Herr Baurath Bock ist mit der Ansicht der Kommission nicht
einverstanden und schlägt vor, den Friedhof links an der Bahnhof
straße anzulegen, auf dem gegen den Berg ansteigenden Terrain.
Auf Antrag des Oberbauraths Schlierholz wird beschlos
sen, auch diesen Platz an Ort und Stelle einer Untersuchung
zu unterwerfen, und zwar durch eine verstärkte Kommission,
bestehend aus den Herren Binder, Kaiser, Stahl, Schlier
holz, Bock, Silber und L. Stotz.
6 -
Baurath Stahl übernimmt es, die erforderlichen Probelöcher
graben zu lassen, nach deren Erstellung die Kommission sich an
Ort und Stelle einfinden soll.
Fünfte Versammlung am 23. März 1872.
Vorsitzender: v. E g l e.
Schriftführer: Brockmann.
Anwesend: 22 Mitglieder.
Ter Vorsitzende theilt der Versammlung zunächst mit, daß
von dem Berliner Architekten-Verein 2 Exemplare eines neuen
Heftes seiner Monats-Concurrenzen, sowie 2 Exemplare seiner
Protokolle vom Jahre 1871 eingesandt seien; dieselben sollen den
Mitgliedern mittelst Circulation zur Kenntniß gebracht werden.
Darauf verliest Herr Baurath Stahl das Gutachten, wel
ches von der für die Beurtheilung der Situation des für die Stadt
Stuttgart neu anzulegenden Friedhofes eingesetzten Kommission
nach eingehender Untersuchung der Frage ausgearbeitet ist. Es
entspinnt sich über den Inhalt dieses Gutachtens und über die
Frage, in welcher Weise dasselbe zur Geltung gebracht werden soll,
eine lebhafte Debatte, an welcher sich die Herren Silber, Stahl,
Schlierholz, Schübler, Stotz und Bock betheiligen.
Das Ergebniß der Debatte ist der von der Versammlung
einstimmig gefaßte Beschluß, daß dem Gutachten durch die Kom
mission ein Schlußsatz angefügt werden soll, in welchem die Ver
legung des Friedhofes auf den von der Kommission vorgeschlagenen
Platz empfohlen wird, daß ferner die Nothwendigkeit der Anlage
eines zweiten neuen Friedhofes für die Stadttheile im oberen
Theile des Thales in dem Gutachten erwähnt werden soll,
und endlich, daß letzteres sowohl dein Gemeinderathe (unter Er
wähnung der Veranlassung zu Abfassung dieses Gutachtens), als
auch dem Gastgeber Stotz, und zwar Letzterem mit dem Bemer
ken, daß er das Gutachten nur unter genauer Beibehaltung seines
Wortlautes in die Oeffentlichkeit bringen dürfe, mitgetheilt werden
soll.
Es war ferner für die Sitzung ein Vortrag des Professors
Sonne „Ueber Mittel zur Abstellung des Wagenmangels
der Eisenbahnen" auf die Tagesordnung gesetzt. Die vorge
rückte Zeit gestattete indeß nur die Besprechung eines Theils des
Gegenstandes.
Redner führte zunächst aus, wie im letzten Jahre ganz un
gewöhnliche Anforderungen an die Eisenbahnverwaltungcn gestellt
worden seien — durch Truppen- und Proviant-Transporte, —
in Folge massenhafter Anhäufung von Transportgegenstünden in
den Seeplätzen und in den Bergbau- und Hütten-Revieren, und
endlich in Folge des Entstehens neuer industrieller Unternehmungen
und neuer Verkehrsrouten. Diesen Anforderungen mit einem durch
den Krieg und durch die Abgaben nach Elsaß-Lothringen decimir-
ten Materiale zu genügen, sei vielerorts unmöglich gewesen, so daß
namentlich im Herbst des vergangenen Jahres mancherlei Verkehrs
stockungen und ein Wagenmangel entstanden wäre, wie solcher in
gleichem Grade früher nie dagewesen sei.
Die geschilderten Verhältnisse sind nun zwar der Hauptsache
nach vorübergehender Art, da aber einige der Veranlassungen des
Wagenmangels (periodische Steigerung des Güterverkehrs während