Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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Sechste ordentliche Versammlung vom 28. März 1874. 
Vorsitzender: OberLaurath v. Schlierholz. 
Schriftführer: Professor Teichmann. 
Anwesend: 21 Mitglieder. 
Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung durch Mittheilung 
einer Zuschrift des Vororts des Vereins deutscher Architekten und 
Jngenieurvereine vom 21. d. M.. mittelst welcher die Mitglieder 
des Vereins für Baukunde eingeladen werden, an der in Berlin 
nächsten Herbst stattfindenden Hauptversammlung der zum Verbände 
gehörigen Vereine, mit welcher eine 14tügige Ausstellung von her 
vorragenden Entwürfen der Architektur und des Jngenieurwesens 
verbunden ist, sich zu betheiligen, und soll die Theilnahme längstens 
bis 1. Mai d. I. kund gegeben werden. 
Von dem Wunsche beseelt, es möchte auch Württemberg bei 
dieser Versammlung würdig vertreten sein, stellt der Vorstand an 
die Mitglieder des Vereins das Ersuchen, der erfolgten Einladung 
in ausgedehntem Maaße zu entsprechen, und macht den Vorschlag, 
eine Commission zu wählen, welche sich zur Aufgabe macht, die Theil 
nahme zu beleben; gewählt werden in diese Commission die Herren 
Oberbaurath v. Egle, 
Professor Reinhardt und 
Eisenbahnbauinspektor Kn oll. 
Es wird ferner mitgetheilt, eine Denkschrift des polytechnischen 
Vereins in Karlsruhe, betreffend die Einführung eines allgemeinen 
Diplomexamens auf allen deutschen technischen Hochschulen. 
Da sich der Verein schon früher für derartige Examina — 
jedoch auf möglichst wissenschaftlicher Grundlage — ausgesprochen 
hat, welche neben den üblichen Staatsexamen für die in den 
Staatsdienst tretenden Techniker, für die dem Civildienst sich wid 
menden Fachleute einzuführen wären, wird beschlossen, eine zu 
stimmende Erklärung an den polytechnischen Verein in obigem 
Sinne nach Karlsruhe zu übersenden. 
Herr Architekt Mecklenburg zeigt seinen Austritt aus dem 
Vereine in Folge Wegzugs von hier an, und spricht dem Verein 
für die ihm in den Versammlungen gewordene wohlwollende Auf 
nahme seinen Dank aus. 
Ein weiterer Gegenstand, der durch die erstmalige Benützung 
des Fragekastens zur Kenntniß des Vereins gelangt, betrifft die 
Unterhaltung chaussirter Straßen. 
Es wird die Frage zur Beantwortung vorgelegt: 
Welches sind die Resultate bezüglich der verschiedenen Metho 
den der Straßenunterhaltung und zwar: 
bei dem in Württemberg vorzugsweise gebräuchlichen ge 
schlossenen Einbringen des Unterhaltungsmaterials, gegen 
über gewalzten Straßen mit Schutzdecke, wie sie in Baden, 
Hessen u. s. f. gebräuchlich ist, 
hinsichtlich des Vorzuges der einen vor der andern und des 
Kostenaufwands, die periodische Erneuerung der Schutz 
decke bei letzter Methode in Rücksicht genommen? 
Auf den Antrag des Vorstandes wird für die Beantwortung 
dieser Frage, deren Wichtigkeit anerkannt wird, eine Commission, 
bestehend aus den Herren Baurath Schenk, v. Martens und 
Kaiser in Stuttgart gewählt, und sollen zugleich die Mitglieder 
Güntter in Reutlingen, Diesch in Gmünd, Sonne in Darm 
stadt, Lauer in Sigmaringen, Ströhlin in Ellwangen, Euting 
in Biberach, Graner in Heilbronn und Leibrand in Oberndorf 
um ihre Aeußerung über ihre Erfahrungen an obige Commission 
so zeitig ersucht werden, daß dieser Gegenstand in der letzten Ver 
sammlung des Monats Mai sicher erledigt werden kann. 
Hierauf gibt Oberbaurath v. Morlock Erläuterung über ein 
vorliegendes Relief von der Umgebung von Stuttgart, in welches 
die Bahnprojekte 
1) Zuffenhausen-Hasenberg, 
2) Stuttgart-Hasenberg, 
3) Stuttgart-Feüerbach-Hasenberg 
eingelegt sind. 
Hasenberg-Zuffenhausen bildet das natürliche Bindeglied zwi 
schen der vom Süden (Gotthard) zum Norden (Hanau rc.) und 
Nordwesten (Mannheim) führenden Transitbahn, welche Württem 
berg bei Villingen (Schwenningen) resp. Jmmendingen erreicht 
und bei Jagstfeld resp. Gundelsheim verläßt. Auf derselben ist 
als Maximalsteigung 1:100 eingeführt. 
Die Bahn Stuttgart-Hasenberg ist als Ring oder Verbin 
dungsbahn für die Stationen Stuttgart und Hasenberg, welche 
beide dem Lokalverkehr von Stuttgart zu dienen bestimmt sind, 
anzusehen. Dieselbe erhält die Steigung von 1:60 am Ausgang 
aus dem Bahnhof Stuttgart und in der mit 300 m. Radius 
angelegt werdenden Curve; im Uebrigen 1:52. Eine Variante 
dieses Projekts wäre das Bahnstück. 
Stuttgart-Feuerbach-Hasenberg, welches unter Benützung der 
bestehenden Bahn Stuttgart-Feuerbach von dieser Station ab 
zweigen und in die Bahn ad 1 einmünden würde. Die größere 
Mehrlänge von 0,8 Meilen dieser im Uebrigen billigeren und mit 
günstigeren Gradienten anzulegenden Bahn (1:80 im Maximum) 
ist Veranlassung gewesen von derselben abzusehen, und werden 
also zur Ausführung gebracht in erster Linie die direkte Verbin 
dungsbahn Stuttgart-Hasenberg, in zweiter Linie das die Transit 
bahn verbindende Zwischenglied Zuffenhausen-Hasenberg. 
Das vorliegende Relief im Maßstab 1:10000 für die Situa 
tion und 1:4000 für die Höhen ist an der Hand der in den 
letzten 3 Jahren zu den Vorarbeiten der erwähnten Bahnlinien 
aufgenommenen Höhencurven bearbeitet worden, und hat den 
Zweck, die Terrainverhältnisse des dem Bau dieser Linien zur 
Wahl der Traces gebotenen Terrains in möglichst anschaulicher 
Weise darzustellen. 
Bei dieser Gelegenheit gibt Oberbaurath v. Morlock eine 
kurze Schilderung über die Entstehung und Entwicklung der Höhen 
aufnahme in Württemberg. 
Schon vor einer größeren Reihe von Jahren haben verschie 
dene Länder, England, Frankreich, Baden, Belgien, Schweden, 
Rußland, ein Theil der Schweiz u. s. w., in richtiger Erkenntniß 
der Wichtigkeit, welche die genaue Feststellung der Erdoberfläche 
für die Wissenschaft im Allgemeinen sowohl als auch für das 
praktische Leben hat, Höhenaufnahmen in größerer Ausdehnung 
vornehmen lassen. 
In Württemberg selbst waren bis zur allgemeinen Landes 
vermessung auch nur annähernd genaue Höhepunkte gar nicht vor 
handen und auch damals wurden für das ganze Land nur 1500 
Höhenpunkte trigonometrisch bestimmt. Bis zum Jahre 1859 ge 
schah zur Ergänzung resp. Erweiterung des Landes-Nivellements 
als solchem so viel als gar nichts, indem nur für einzelne Special-
	        
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