Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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den Vortrieb eines kleineren Stollens voraussetzt, der zur Ent 
wässerung des Gebirges und zum Transport der Berge dient. 
Die Ausführung geschah in folgender Weise: 
Zunächst wurde von den abgeteuften Schächten aus ein Sohl 
stollen (Bl. 2 Fig. IV) vorgetrieben. Nach dem Durchschlag des 
Stollens zwischen 2 Schächten konnte man mehrere Meter von 
den Schächten entfernt, also ohne den Schachtbau einer Bewegung 
auszusetzen, mit einem Aufbruch zum Firststollen vorgehen und 
letzterem Stück für Stück in der Kronbalkenlänge von 5 dis 6 M. 
den Vollausbruch mit dem englischen Einban folgen lassen. Zu 
erst wurden die 2er Kronbalken eingezogen und damit die Ständer 
des Sohlen- und Firststollens ausgewechselt, hierauf erfolgte die 
Ausweitung und das Einziehen der 4 weiteren Kronbalken gleich 
mäßig nach beiden Seiten. Bl. 2 Fig. VI bis VII zeigt die 
Anwendung in druckhaftem Gebirge. Da hiebei Auswechslungen 
vermieden werden mußten, so wurden die 2er Kronbalken ganz 
außerhalb des Mauerrings gelegt, so daß dieser geschlossen werden 
konnte, ehe diese Kronbalken weggenommen wurden. Der Raum 
zwischen dem Mauerwerk und den Firstpfählen wurde sodann mit 
Erdmaterial ausgestopft. Im günstigeren Gebirge (Bl. 2 Fig. V) 
wurden die 2er Kronbalken tiefer in das Profil des Mauerrings 
gelegt; derselbe konnte daher erst geschlossen werden, nachdem die 
darüber liegenden Kappen gegen das fertige Mauerwerk und die 
Lehrbögen abgespreizt und die Kronbalken herausgezogen waren. 
Ein Ausstopfen zwischen dem Mauerwerk und den Pfählen war in 
diesem Falle erspart. 
Die Arbeitseintheilung wurde so getroffen, daß nach dem 
Sohlenstollen-Durchschlag zwischen zwei Förderschüchten (die Hülfs- 
schächte konnten ohne Zeitverlust aufgegeben werden) ein Schacht 
den Bergleuten für die Arbeiten des Vollausbruchs, den Erd- 
und Holztransport überwiesen wurde, während der andere Schacht 
den Maurern zur Einbringung ihrer Materialien und Gerüste 
diente. — Die Mauerung folgte dem Vollausbruch unmittelbar. 
— Hiebei waren drei Maurerparthieen beschäftigt- in der Art, 
daß die erste das Sohlengewölbe herstellte, die zweite bis über die 
Kämpfer und die dritte zunächst bis an die obersten Kronbalken 
mauerte. Nachdem djese sodann von den Bergleuten herausgezogen 
waren, erfolgte der Schluß des Gewölbes auf Kronbalkenlänge. 
Während der Zeit, in welcher die Kronbalken durch die Bergleute 
weggenommen wurden, waren die Maurer mit dem Versetzen ihrer 
Gerüste und Lehrbögen vollauf beschäftigt. 
Man erreichte so den Vortheil, daß der Holzeinbau möglichst 
rasch durch die Ausmauerung ersetzt wurde und das Gewölbe in 
größeren Längen zumal geschlossen werden konnte. Die sonstigen 
Vortheile des englischen Einbaus in Beziehung auf Holzverbrauch 
u. s. w. können als bekannt vorausgesetzt werden und es wäre 
noch von den Nachtheilen dieses Systems zu sprechen, welche sich 
in den Strecken zeigten, wo eine genügende Entwässerung auch 
durch den Sohlstollen nicht erreicht worden war und starker Ge- 
birgsdruck zu überwinden war. Es zeigte sich namentlich, daß das 
Gebirge durch das Eintreiben der Pfähle, da eigentliche Abtreibe- 
Arbeit nicht möglich ist, zu sehr in Bewegung kommt und ungün 
stige, besonders auch seitliche Druckäußerungen hervorgerufen wer 
den, denen die Zimmerung nicht widerstehen kann, trotz aller Un 
terstützungen und Verstrebungen, welche natürlich erst bei den An 
zeichen des Drucks, also im äußersten Nothfall angebracht werden. 
Die hiezu nöthigen Hölzer haben überdieß die nachtheilige Folge, 
daß der Raum für die nachfolgenden Arbeiten sehr beengt wird. 
Senkungen in vertikaler Richtung waren übrigens beim Kronbal- 
kensystem mit weniger Mühe und Aufwand als beim großen Stol-» 
lenbau zü verbessern, da sich das richtige Profil mittelst eines 
niedrigen Firststollens leichter wiederherstellen ließ. — In unserem 
Falle wären diese Nachtheile vermieden worden, wenn von Anfang 
an mehr auf vollständige Entwässerung hingearbeitet worden wäre; 
auch war der Uebergang von einem System auf das andere nicht 
ohne üble Folgen, durch Aufstauungen des Wassers und Erweichung 
des Gebirges, durchzuführen, da man vor Allem darnach strebte, 
die gegebene, sehr kurze Bauzeit einzuhalten. 
Um die bedeutenden Schwierigkeiten würdigen zu können, 
welche sich den Tunnelarbeiten entgegenstellten, muß noch etwas 
näher auf das unerwartet ungünstige Verhalten der Gebirgsfor- 
mation eingegangen werden, welches schon dem Vortreiben des 
Sohlstollens die größten Hindernisse bereitete. 
Von einer einigermaßen regelmäßigen Schichtung des Ter 
rains war keine Rede und selbst der Wasserzufluß war ein ganz 
unregelmäßiger, was wohl daraus zu erklären ist, daß das allzu 
häufige Durchbrechen der wasserführenden Schichten durch die 
Schächte Schwankungen hervorrufen mußte, welche sich erst mit der 
Zeit ausgleichen konnten. — Ganz unvermuthet wurde öfters 
schwimmendes Gebirge angehauen, das sich in Gestalt von mehr 
oder weniger großen Nestern vorfand und aus Triebsand, Thon 
und Wasser bestand. Trotz der bereit gehaltenen Hülfsmittel zum 
Verstopfen der Fugen mit Stroh, Mist und Moss und der An 
wendung von Abtreibezimmerung mit Spuntpfählen waren ein 
Auslaufen dieser Nester und in Folge davon, bei der geringen 
Terrainhöhe über dem Siel, Tagesbrüche nicht zu vermeiden. 
Aber nicht allein in diesen Fällen spielte der feine Triebsand 
(oder Schleichsand, wie ihn die Häuer bezeichnend nennen) seine 
unangenehme Rolle, sein allgemeines Vorkommen vermehrte auch 
die Schwierigkeiten der Wasserförderung, er zerstörte die Kolben 
liderungen und Ventile der Pumpen in unglaublich kurzer Zeit 
und verursachte täglich mehrmalige Reparaturen derselben. Auch 
durch doppelte Einrichtungen von Pumpensätzen in einem Schacht 
war es daher nicht zu verhindern, daß sich das Wasser in den 
Stollen aufstaute und den harten Thon, der in kaum faustgroßen 
Stücken mit Schlägel und Keilhaue gelöst werden konnte, zu 
einer zähflüssigen Masse erweichte, in der jeder Einbau, selbst 
wenn die Thürstöcke Mann an Mann gestellt worden wären, zu 
Grunde gehen mußte. — Diesen Uebelständen war nur durch re 
gelmäßige Wasserförderung vorzubeugen und es wurden daher 
statt der Kolbenpumpen, welche sich hier so schlecht bewährten, 
Centrifugalpumpen angewendet. Dieselben hatten allerdings vom 
Triebsand nichts zu leiden, sie erforderten aber eine verhältniß- 
mäßige große Betriebskraft, auch mußten an den langen Riemen 
leitungen häufige Reparaturen vorgenommen werden, da dieselben 
einer bedeutenden Abnützung unterworfen waren und das unver 
meidliche Naßwerden auch aus die angewendeten Schweizer- (Crown-) 
Leder- und Gummi-Riemen ungünstig einwirkten. Die Anwendung 
von Drahtseil-Transmissionen erschien bei einer Umdrehungsge 
schwindigkeit der Pumpen von 1600 bis 2000 pro Minute un- 
thunlich. 
Die Erfahrungen, welche man im schwimmenden Gebirge
	        

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