Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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und wirkt das Licht und die darunter liegenden Stellen des prä 
parirten Papiers werden daher dunkler, während alle Linien und 
Punkte der Zeichnung das Licht nicht durchlassen und demgemäß 
die unmittelbar unter dieser liegenden Stellen des präparirten Pa 
piers unverändert, d. h. weiß bleiben. Die negative Kopie bietet 
somit eine weiße Zeichnung auf dunklem Grunde. 
Die weiß gebliebene Zeichnung hat aber noch die Lichtempfind 
lichkeit, sie würde, dem Licht ausgesetzt, immer mehr dunkeln und 
zuletzt ganz verschwinden. Daher muß die Lichtempfindlichkeit durch 
weitere Behandlung aufgehoben, das Bild, die Zeichnung muß 
„fixirt" werden. Zu diesem Zwecke schwämmt man das Blatt 
wiederholt in reinem Wasser, das durch Auswaschen von über 
schüssigem Chlorsilber eine weißliche Färbung annimmt. Aus die 
sem Wasserbade bringt man es in eine mit etwas Ammoniak ver 
setzte Lösung von unterschwefligsaurem Natron, in der es etwa 5 
Minuten liegen bleibt, worauf es in stets erneutem reinem Wasser 
noch mehrmals gewaschen an der Luft getrocknet und durch leichte 
Pressung geglättet wird. Das Licht hat nunmehr keinen weiteren 
Einfluß auf die Zeichnung. 
Um sofort von diesem Negative die positive Zeichnung zu er 
halten, legt man in den Rahmen an die Stelle der Originalzeich 
nung das Negativ und verführt weiterhin ganz auf die zuvor an 
gegebene Weise. Das Licht wirkt jetzt durch die weiß gebliebene 
Zeichnung, nicht aber durch die dunkeln Flächen des Negativs. 
Auf dem zur Aufnahme eingelegten präparirten Papier erscheint 
daher zuletzt als positives Bild die dunkle Zeichnung auf weißein 
Grunde. Die Fixirung erfolgt wie beim Negative. 
Ich habe bei meiner Rückkehr in die Heimath diese Kopir- 
methode unter dem Namen „Photokopie" hier eingeführt und 
es freut mich, daß sie immer mehr Eingang findet. 
Das Chlorsilberpapier kommt aber ziemlich theuer zu stehen. 
Es ist daher von Werth, sich von demselben möglichst unabhängig 
zu machen; ich verfolgte dieses Ziel und es ist mir nach fortge 
setzten Versuchen gelungen, aus billige Weise ein brauchbares Papier 
selbst herzustellen, das noch den weiteren Vortheil gewährt, daß die 
ganze Operation einfacher ist. Da es mir nur darum zu thun 
ist, mit meiner Erfahrung Anderen zu dienen, so theile ich die Art 
der Zubereitung des Papiers und mein weiteres Verfahren hier 
gerne mit; ich bekenne übrigens, daß ich auch die von mir gefun 
dene Modifikation der Photokopie einer Andeutung des Hrn. Or. 
Vogel verdanke, die aber meines Wissens bisher noch nicht prak 
tisch verwerthet war. Das von mir angewandte chemische Präparat 
ist eine in Wasser gelöste Mischung von doppelchromsaurem Kali 
mit Eiweiß oder Gummiarabikum. Diese Mischung, in Wasser 
löslich, wird unter Einwirkung des Lichts unlöslich und dunkelt. 
Darauf beruht der ganze Versuch. Mit jener Lösung bestreiche ich 
— bei Lampenschein — ein gut geleimtes und satinirtes Papier 
möglichst gleichmäßig und trockne es sodann in einem dunkeln 
Raume. Sobald es trocken ist, vertritt es die Stelle des vorher 
verwendeten Chlorsilberpapiers. Der Apparat ist dem Lichte um 
Weniges länger auszusetzen, als bei Anwendung von Chlorsilber 
papier; dagegen ist die weitere Behandlung viel einfacher. Wenn 
das Licht die Kopie zur Reife gebracht hat, brauche ich keine Che 
mikalien mehr, sondern nur reines Wasser, in dem das Blatt, nach 
dem es kurze Zeit darin gelegen, mit einem weichen Schwamm 
oder Pinsel abgewaschen wird. Dabei wird die auf das Papier 
aufgetragene Lösung an den Stellen, an denen sie der Einwirkung 
des Lichts entzogen war und daher löslich blieb, entfernt, also 
bei dem Negativ unter der Zeichnung des Originals, daher das 
Negativ helle Zeichnung auf dunklem Grunde zeigt. Es bedarf 
nun nur noch eines wiederholten Wasserbades, worauf das Blatt 
an der Luft getrocknet und geglättet wird. 
Eines ist aber noch zu beachten: Durch die Einwirkung des 
Lichts wird die von mir verwendete Lösung zwar unlöslich und 
dadurch auf dem Papier fixirt, aber nicht sehr gedunkelt; Grund 
und Zeichnung stechen nicht in dem Grade von einander ab, wie 
bei dem Chlorsilberpapier. 
Um diesem Mangel abzuhelfen und eine kräftige Zeichnung zu 
gewinnen, setze ich meiner Lösung eine intensive Farbe zu und be 
streiche mit der gefärbten Lösung das Papier. Mein Papier ist 
blau, braun oder schwarz. Bei sonst richtiger Behandlung läßt 
sich auch die gefärbte Lösung da, wo sie gegen das Licht gedeckt 
war, ganz rein auswaschen und am Ende der Operation habe ich 
auf dem weißen Papiere eine blaue, braune oder schwarze, voll 
kommen treue Kopie der Originalzeichnung. 
Wenn einer der verehrten Herrn einen Versuch mit der Photo 
kopie machen will, so gebe ich den Rath, ehe eine Sicherheit in 
korrekter Herstellung des gefärbten Kalipapiers erlangt ist, zu den 
Negativen das Berliner Chlorsilberpapier zu verwenden. Bei die 
sem läßt sich die Entstehung der Kopie deutlich beobachten und die 
Reife derselben unmittelbar erkennen, bei meinem Papier ist es 
anders: die Vorderseite desselben behält die ihm gegebene Färbung; 
zuweilen machen sich die stärkeren Linien auf der Rückseite, wohl 
auch auf der Vorderseite, in dunkler Zeichnung bemerklich. Es 
hängt dieß von der Qualität des Papiers und der angewendeten 
Farbe ab. Die Erscheinung der dunkeln Linien zeigt die Reife 
der Kopie an; wenn Papier und Farbe diese Erscheinung nicht zu 
lassen, muß man eben aus Versuchen und aus der eigenen Beob 
achtung entnehmen, welche Dauer der Aussetzung unter verschiede 
nen Umständen eine fertige Kopie liefern kann. 
Die von mir vorgelegten Proben sind nicht tadellos, was ich 
damit zu entschuldigen bitte, daß ich neben den Berufsarbeiten 
keine Zeit habe, der Sache genügend abzuwarten. Indeß glaube 
ich durch dieselben wenigstens das Prinzip gewahrt zu haben und 
bin meines Theils befriedigt, wenn ich durch meine Mittheilungen 
da und dort zu weiterer Entwicklung und Vervollkommnung der 
Photokopie Anregung gebe.
	        
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