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Beil. 5.
zur 7. Versammlung.
Vortrag des Professors Groß
über die
Hhomas'sche Rechenmaschine
und die Manipulation mit derselben.
Schon seit einigen Jahrhunderten ist das Bestreben vorhan
den, die geistige Arbeit bei verschiedenen Arten von Rechnungen
durch eine mechanische zu ersetzen, um die Ermüdung des Geistes
zu vermindern. Ein Hülfsmittel dieser Art wurde in den Loga
rithmen entdeckt, allein auch bei diesen ist immer noch ein bedeu
tender Grad von geistiger Arbeit vorhanden, weßhalb eine Reihe
von Männern, so z. B. Pascal, Leibnitz u. A. suchten, Ma
schinen für gewisse Arten von Rechnungen zu verwenden. Mehrere
solcher Maschinen wurden gebaut, jedoch immer wieder als unprak
tisch verlassen, bis endlich M. Thomas in Colmar im Jahre 1820
die Erfindung niachte, welche wir jetzt nach wesentlichen Verbesse
rungen unter dem Namen ^ritümomstrs oder Rechenmaschine
vielfach verwendet sehen.
Das Prinzip dieser Rechenmaschine soll hier kurz dargestellt
werden.
Ein um eine horizontale Axe drehbarer Cylinder trägt auf
der Hälfte seines Umfangs 9 Rippen, von welchen die erste die
ganze Länge des Cylinders hat, die zweite ®/ 9 dieser Länge, die
dritte 7 / 9 , . ... die letzte oder neunte ‘/ 9 . Ein mit 10 Zähnen
versehenes Zahnrädchen, dessen Axe parallel mit der Cylinderaxe
und welches auf seiner Axe verschiebbar ist, greift mit seinen Zäh
nen in die Rippen des Cylinders ein. Wird dieses Rädchen in
das erste Neuntel des Cylinders gestellt, so wird bei einer Um
drehung des letztem nur eine Rippe, d. i. die längste, eingreifen,
das Zahnrüdchen also nur um einen Zahn, d. h. um ‘/ 10 einer
ganzen Umdrehung gedreht. Wird das Zahnrädchen in das zweite
Neuntel des Cylinders gestellt, so dreht sich bei einer Umdrehung
des letztem das Zahnrädchen um l / 10 Umdrehungen, bei einer
Stellung von % gegen den Cylinder um 3 /io u. s. f. Um die
verschiedenen Stellungen des Zahnrädchens auf der horizontalen
Platte, welche über dem erstem und dem Cylinder liegt, ausführen
zu können, wird das Zahnrädchen durch einen Knopf verschoben,
welcher in einem zur Cylinderaxe parallelen Schlitze der Platte
verschiebbar ist und dessen richtige Stellung durch beigeschriebene
Zahlen bezeichnet wird. Senkrecht über der Axe des Zahnrädchens
befindet sich eine horizontale, auf ihrer obern Fläche am Umfang
die Zahlen 0, 1, 2 — 9 tragende Scheibe so, daß der Reihe
nach diese Zahlen in einer kleinen Oeffnung einer zweiten Platte
erscheinen, welche mit der vorhin berührten in einer Ebene liegt.
Die Scheibe macht mittelst konischer Räder denselben Bruchtheil
einer Umdrehung wie das Zahnrädchen.
Es sei nun 0 die Ziffer, welche in der Oeffnung der zweiten
Platte steht, der Knopf ist auf die Zahl n gestellt und der Cylin
der wird einmal gedreht, so erscheint in der Oeffnung die Zahl n,
bei einer weitern Drehung des Cylinders die Zahl 2n u. s. w.,
bei m Drehungen die Zahl m. u, d. h. das Produkt der Zahl,
welche der Knopf angibt in die Anzahl der Umdrehungen des
Cylinders.
Dieß das Prinzip der Maschine, die Ausführung ist folgende:
Statt eines Cylinders, welcher nur eine einziffrige Zahl als Faktor
zuließe, sind deren mehrere mit parallelen Axen vorhanden und
zwar gibt es Maschinen mit 4, 6 oder 8 Cylindern, so daß also
ein Faktor 4, 6 oder 8 Ziffern haben kann. Selbstverständlich
sind auch mit jedem Cylinder die weitem oben angeführten Theile
verbunden. Alle diese Cylinder werden durch eine Kurbel gleich
zeitig gedreht und zwar erhält jeder einzelne Cylinder bei einer
Kurbeldrehung auch eine ganze Umdrehung. Denkt man sich nun
bei einer 6ziffrigen Maschine in allen Oeffnungen die Nullen der
Scheiben, stellt man ferner die Knöpfe auf 213202 und macht
eine Kurbeldrehung, so erscheint in den Oeffnungen die Zahl
213202, bei einer weitern Drehung erscheint die Zahl 426404,
d. i. 2.213202, bei einer dritten Drehung der Kurbel die Zahl
639606 d. i. 3.213202 u. s. w. Man hat somit bei dem Ge
brauche der Maschine für eine Multiplikation nur den einen Faktor
durch die Knöpfe darzustellen und den andern durch die Anzahl
der Kurbeldrehungen, um sofort das Produkt in den Oeffnungen
erscheinen zu sehen.
Einer weitern Vorrichtung an der Maschine, nämlich der so
genannten Zehnerübertragung, muß noch Erwähnung gethan wer
den, es läßt sich jedoch dieselbe ohne eine Reihe von Zeichnungen
nicht beschreiben. Genügend wird es sein, anzuführen, daß sobald
eine der Scheiben mit den Ziffern eine ganze Drehung gemacht
hat, durch eine besondere Vorrichtung die nächste Scheibe links um
eine Ziffer vorgeschoben wird. Es sei ein Knopf z. B. auf 4 ge
stellt, bei der ersten Umdrehung der Kurbel erscheint in der betref
fenden Oeffnung 4, bei der zweiten Umdrehung 8, bei der dritten
4 Ziffern weiter, d. h. der Reihe nach 9, 0, 1 und zuletzt 2,
während in der nächsten Oeffnung links 1 zum Vorschein kommt,
das Produkt 4. 3 stellt sich somit als 12 dar.
Wie oben bemerkt wurde, ist der Multiplikant eines Produk
tes mit den Knöpfen einzustellen, während der Multiplikator durch
die Anzahl der Kurbeldrehungen gegeben wird. Ist nun letzterer
ebenfalls eine mehrziffrige Zahl bespielsweise 734, so könnte das
Produkt nur durch 734 Umdrehungen hergestellt werden, wenn die
Maschine nicht auch hier zur Vereinfachung eine sinnreiche Einrich
tung hätte, welche ganz auf dem Prinzip der gewöhnlichen Mul
tiplikationsregeln beruht. Letztere sagen uns, daß die Multiplika
tion der Reihe nach mit allen einzelnen Ziffern des Multiplikators