Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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Vortrag über betonirte Dohlen, 
von Architekt Halber, früherer Stadtbaumeister zu Heilbronn, 
gehalten im Vereine für Baukunde den 25. April 1874. 
Beil. 6 mit Zeichnungsbeil. 1 
zur 8. Versammlung. 
Einleitung. 
Es ist Ihnen bekannt, daß ein Stadtbaumeister im Hochbau- 
und Jngenieurfach Aufgaben zu lösen hat; so ging es auch mir 
in Heilbronn, wo ich 7 Jahre als solcher thätig war. Unter an 
dern, schönen Aufträgen im Hochbau, worüber ich Ihnen später, 
nachdem ich die zugehörigen Zeichnungen und Notizen gesammelt 
haben werde, Kenntniß zu geben mir erlaube, wurde mir der Auf 
trag zu Theil, in einer engen Straße — Schulgasse — eine Was 
serabzugsdohle nebst Pflasterung auszuführen. Ueber die Art der 
Ausführung sind keine weitern Vorschriften ertheilt worden; es 
wurde nur verlangt, über die Kosten einen Anhaltspunkt zu geben, 
damit der Gegenstand in den nächsten Bauetat aufgenommen wer 
den könne; ferner lag der gemeinderäthliche Beschluß vor, daß 
„alle Häuser mit Dachrinnen nebst Abfallröhren versehen 
„und die Seitendohlen zu Privatzwecken auf Rechnung 
„der Privaten, aber durch die Stadt ausgeführt werden 
„müssen". 
Nachdem über diese Beschlüsse Verhandlung mit den Privaten 
gepflogen und ihr Einverständniß damit unterschriftlich anerkannt 
war, wurde von mir in folgender Weise weiter operirt. 
A. Dohlenart. 
Eine gemauerte oder betonirte Dohle? 
Das war die erste Frage; für eine betonirte Dohle sprachen 
folgende Punkte: 
1) Bei dem lebhaften, kaum möglich zu unterbrechenden Verkehr 
in der durchschnittlich nur 15' breiten Gasse war es von 
Wichtigkeit, eine möglichst beschränkte Breite der Grabarbeit 
und möglichst kurze Bauzeit zu erzielen, was bei der Beton- 
dohle zutraf, weil nur eine Breite der Baugrube von 3,3' 
gegen 7,5' für eine gemauerte Dohle und kaum die halbe 
Bauzeit erforderlich waren; es konnten die Pflasterkandel 
beiderseits der Gasse stehen bleiben, was von großem Vor 
theil war; der Arbeits- und Materialienplatz beschränkte sich 
auf ein viel kleineres Maß, als dieß bei einer gemauerten 
Dohle der Fall gewesen wäre. 
2) Wie viele Klagen werden nicht durch Privaten bei dem Stadt 
bauamt oder Gemeindekollegium darüber geführt, daß aus 
der städtischen — gemauerten — Dohle Flüssigkeiten in ihre 
Keller eindringen! Wie schwierig es für den Baubeamten 
in vielen Fällen wird, solchen Mißständen auf die Spur zu 
kommen und abzuhelfen, ist meinen Fachgenossen bekannt ge 
nug. Ich erblickte in der betonirten Dohle eine Gewähr 
dafür, daß die Stadt in dieser Beziehung keine Unkosten 
mehr haben werde und die Erfahrung hat es auch be 
stätigt. 
3) In Bezug auf den Kostenpunkt ist eine betonirte Dohle einer 
gemauerten vorzuziehen, denn nehme ich für beide eine Weite 
von 2' und eine Höhe von 3' an, so erfordert 
a. die gemauerte Dohle per lfd. Fuß: 
48 c' Grabarbeit a 1 kr. . . — fl. 48 kr. 
12,6 c' Backengemäuer ä 10 kr. 2 „ 06 „ 
2Q' Kandelplatten ä 16 fr. . — „32 „ 
3,5 0' Deckelplatten ä 16 kr. — „ 56 „ 
zus. pr. lfd. Fuß 
6. die betonirte Dohle pr. lfd. Fuß: 
21 c' Grabarbeit ä 1 fr. . . 
5 c' Beton von Romaucement 
a 24 kr 
4 fl. 22 kr. 
— fl. 21 kr. 
2 
zus. pr. lfd. Fuß 2 fl. 21 kr. 
Nahezu 100°/, Ersparniß haben der bstonirten Dohle trotz 
gewisser Anfeindungen den Sieg verschafft, wozu die Unterstützung 
des Stadtvorstandes nicht wenig beigetragen hat. 
13. Grundsätze für den Entwurf. 
Der alte Zustand in der Gaffe war folgender: Alle Flüfi 
sigkeiten von den Dächern, Winkeln, Höfen, Schüttsteinen der Küchen, 
gewerblichen Anlagen ergoßen sich in die Straßenkandel, wo sie in 
den Vertiefungen des Pflasters stehen blieben, und die Seh- und 
Geruchsnerven auf sehr unangenehme Art belästigten; im Winter 
bildete sich eine über die ganze Straße ausdehnende Eisdecke, deren 
oftmalige Beseitigung der Stadt ziemliche Unkosten verursachte. 
Folgende Punkte fanden daher beim Entwurf Berücksichtigung: 
1) Zur Querschnittsfläche der Hauptdohle wurde das als zweck 
mäßig erkannte eiförmige Profil gewählt. 
2) Zu allen Seitendohlen das kreisförmige Profil. 
3) Alle Ablaufröhren der Dachrinnen sind mit den Seitendoh 
len möglichst hermetisch zu verbinden, wodurch gleichzeitig 
der Zweck der Ventilation der Hauptdohle erfüllt wird. 
4) Alle übrigen Seitendohlen mit Einläufen für Flüssigkeiten 
aus Winkeln, Höfen, Schüttsteinen, von gewerblichen Anlagen, 
Straßenkandeln rc. sind mit Wasserabschluß und Schlamm 
sammler zu versehen und sollen möglichst hoch in die Haupt 
dohle einmünden. 
5) Die Straße erhält nach gemeinderäthlichem Beschluß beider 
seits, wenn auch nur schmale erhöhte Trottoirs, wodurch 
Fußgänger und Häuser durch die Fuhrwerke verschont blei 
ben. An den Querstraßen find dieselben auf Straßenhöhe 
heruntergezogen, damit der Verkehr für Fußgänger leichter 
wird und durch die Räder der Fuhrwerke die Trottoirsteine 
nicht so sehr beschädigt werden, wie dieß gewöhnlich geschieht.
	        
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