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Als Ursache dieser Erscheinung glauben wir nun in erster
Linie das theils schlechte Material, in zweiter ein zu grobes Ge-
schlag und endlich die Häufung vieler Geschäfte auf eine bestimmte
Zeit, wo nicht alles rechtzeitig und vollständig zur Ausführung
gelangen kann, sobald früh eintretender Frost die Einstellung der
Arbeiten gebietet oder anhaltend schlechte Witterung umfassende
Arbeiten erfordert, bezeichnen zu sollen.
Ein gutes Material, was den Einflüssen der Witterung, den
Wirkungen des Stoßes und der Reibung die größte Widerstands
fähigkeit entgegensetzt, dabei von solcher Beschaffenheit ist, daß es
entweder unter sich oder mit Beimengung anderen Materials eine
innige Verbindung zuläßt, ist eine Hauptbedingung zur Unterhal
tung guter Straßen und sollte die Beibringung eines solchen un
bedingt verlangt werden, wo starker Verkehr, schlechte Lage und
ungünstige klimatische Verhältnisse zusammenwirken.
In Württemberg sind wir aber zunächst an die zunächstliegen
den, in unseren Formationen vorkommenden Kalksteine und Dolomite
angewiesen; außer diesen finden auch kieselhaltige Sand- und
Thonsteine, sowie Gerölle Anwendung, welche mehr oder weniger
ihrem Zweck entsprechen. Besonders gutes Material aber, wie
Basalt, Granit, Granulit, Porphyr rc. kommt vereinzelt vor und
dient auch zur Unterhaltung einiger Straßen im Neckar- und
Schwarzwaldkreis; allein so reichhaltig ist das Vorkommen nicht,
daß es allgemein Verwendung finden könnte und somit steht meistens
nur das in der Umgegend der einzelnen Straßen vorkommende
Gestein zu Gebot, was zwar häufig zu weich ist und viel Thon
enthält, bei sonst geeigneter Auswahl aber unter strenger Aus
scheidung unreinen und weichen Materials neben sorgsamer Warte
und Pflege immerhin einen guten Zustand der Verkehrswege zuläßt.
Zu Vermeidung groben Geschlügs, welches zu Materialverlust,
langsamer und ungenügender Verbindung, rauher Oberfläche der
Fahrbahn, baldiger Bildung von Schlaglöchern und somit zu ver
mehrten Unterhaltungskosten Veranlassung gibt, bestehen zwar schon
längst entsprechende Verordnungen, bei dem Umstand aber, daß
dem ungeachtet den Wärtern nicht immer durchaus ordnungsmäßig
zerkleinertes Material zu Gebot steht, läßt sich der theilweise un
befriedigte Zustand unserer Straßen gleichfalls erklären.
Aus den meisten unserer Straßen haben die mit der Unter
haltung beauftragten Wärter auch das nöthige Unterhaltungs
material zum größten Theil selbst zu zerkleinern; solange aber
das damit beschäftigte Personal dieß selbst zu besorgen hat, ist es
sehr häufig auch darauf angewiesen, mit dem nöthigen Quantum
zur rechten Zeit fertig zu werden, was die Folge hat, daß ge
wöhnlich zu grobes Geschläg zur Verfügung steht. Da aber, wo
der Verkehr nicht stark und das Material nicht schlecht ist, somit
die Straßenwärter nicht viel mit anderen Arbeiten in Anspruch
genommen sind, auch das Kleingeschläg von solch guter Beschaffen
heit wird, daß es fast zu jeder Zeit und selbst bei geringen Tiefen
eingebracht werden kann, ohne Zerstreuung des Materials oder
Belästigung der Zugthiere befürchten zu müssen, kann sich die bei
uns eingeführte Methode, sowohl hinsichtlich der Güte als auch
bezüglich der Kosten mit jedem anderen Unterhaltungssysteme messen,
daher es auch kommt, daß einzelne Straßen, z. B. auf der Alb,
im Schwarzwald, in Oberschwaben, im Jaxt- und Neckarkreis in
der Regel bei ganz mäßigen Unterhaltungskosten in einem vor
trefflichen Zustand sich befinden.
Daß ferner bei den Unterhaltungsarbeiten die Witterung von
großem Einfluß und nicht zu unterschätzender Wirkung ist, wird
als eine nicht zu bestreitende Thatsache allgemein anerkannt werden.
Aufgabe der bei uns eingeführten Straßenunterhaltung muß
es daher sein, die zum Einlegen des Materials besonders günstige
Zeit im Spät- und Frühjahr so schnell als möglich zu benützen,
um nicht durch Eintritt von Frost und Kälte in den Arbeiten sich
unterbrochen und durch theilweise Unterlassung der nöthigen Er
gänzungen einen noch schlechteren Zustand herbeigeführt zu sehen.
Hieraus ergibt sich, daß nur bei kurzen Distriktsstrecken der Wärter
allein, ohne Beihülfe, fertig werden kann, bei großen aber genöthigt
ist, sich entweder Hülfsarbeiter zu bedienen oder nur streckenweise
— nach und nach — die Straße in geordnete Verfassung zu
bringen.
Das Verfahren, durch die Wärter kein Material zerkleinern,
vielmehr solches im Akkord und die übrigen Arbeiten mit Hülfs-
arbeitern unter Anleitung und Aufsicht der ersteren vollziehen zu
lassen, kann bei Straßen mit starkem Verkehr, wie es bei den
Straßen in der Umgegend Stuttgarts theilweise in großartigem
Maßstabe der Fall ist, kaum durch ein anderes ersetzt werden, in
dem ein fortwährendes Ausbessern schon durch die Lebhaftigkeit
des Verkehrs sich von selbst verbietet und gerade durch den Zeit
verlust, welcher mit der Störung der Arbeiter verknüpft wäre,
neben einem immer noch bleibenden unbefriedigenden Zustand ein
äußerst kostspieliges Mittel werden würde. Um aber wegen dieses
Umstandes gerade die Unterhaltung mit vielen Arbeitern auf der
Straße thunlichst zu beschränken, ist daher in solchen Füllen nicht
allein die Verwendung des besten Materiales, sondern auch nach
jedem Einbringen einer Kleingeschlägdecke die Komprimirung der
selben mit der Walze geboten, indem nur dann an Material er
spart, sowie am wenigsten Morast erzeugt werden kann und die
geringsten Abnützungen erfolgen können, so daß auch mit den
nöthigen Arbeiten die kleinste Zeit in Anspruch genommen wird,
wodurch der Verkehr die geringsten Belästigungen erleidet.
Nachdem wir Straßen mit geringen und starken Verkehrs-
Verhältnissen beleuchtet haben, kommen wir an jene mit mittel
starkem Verkehr von etwa 200 bis 300 Zugthieren täglich und
deren wir in Württemberg eine große Zahl haben. Auf solchen
kann ein Wärter seine Arbeiten, ohne darin durch den Verkehr
gestört zu werden, immer fortsetzen und bei entsprechender Größe
seines Distrikts auch immer Beschäftigung finden, ohne deßhalb
mit der Zerkleinerung des Unterhaltungsmaterials in Anspruch
genommen werden zu müssen. Wird dieses vielmehr durch Andere
zerkleinert und verführt, so können dem Wärter bei normalmäßiger
Witterung, günstiger Lage der Straße und gleichbleibenden, ge
wöhnlichen Verkehrsverhältnissen sämmtliche übrige Arbeiten zu-
gemuthet werden, indem er dann in den Stand gesetzt ist, jeden
Schaden sofort wieder beseitigen zu können, wodurch eine Ver
schlimmerung durch Aufschieben der Ausbesserung nicht stattfindet,
und schon Vornhinweg eine Materialersparniß herbeigeführt wird;
kommt ferner in Betracht, daß bei der fortgesetzten Ausbesserung
die Fuhrwerke auf jedem Theil der Fahrbahn sich bewegen können,
ohne gezwungen zu sein, die Geleise der vorangegangenen Wagen
einzuhalten, so bilden sich durch die gleichmäßige Benützung der
Straße auch keine Leise, welche sonst das Befahren einer Straße
so sehr stören und die Unterhaltung erschweren.