Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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und Materialverlust auch immer nachtheilig auf den Zustand der 
Straße wirkt. 
Ferner ist durch die Einmündung unchaussirter Fahrwege in 
die Staatsstraße der Hereinschleppung von Erde und Morast Thor 
und Thüre geöffnet, was zu Zeiten der Feldbestellung und Abfuhr 
der Früchte den sonst gut erhaltenen Straßen viele Belästigungen 
und Widerwärtigkeiten und dem Wärterpersonal mehr Arbeit und 
große Unlust bereitet. 
Diesem Mißstand dürfte durch Erlassung einer allgemeinen 
Verordnung, daß solche Wege von der Straße an auf mindestens 
12 m. Länge zu chaussiren sind, abgeholfen werden. 
Endlich sollte das Gesetz vom 14. Juli 1839, betreffend die 
Benützung der Kunststraßen durch Fuhrwerke, auch bei uns — wie 
in Preußen — strenge durchgeführt werden, indem schmale Felgen 
bei schweren Lasten zum größten Verderben der Straßen beitragen. 
Von den 8 auswärtigen Bauvereins-Mitgliedern, an welche 
die Einladung ergangen ist, sich über die verschiedenen zur Anwen 
dung kommenden Straßenunterhaltungs-Methoden zu äußern, sind 
nur 3 diesem Ansuchen bis jetzt nachgekommen, nämlich die Herren 
Regierungs- und Baurath Lauer in Sigmaringen, Baurath 
Günther in Reutlingen und Bauinspektor Leibbrand in 
Oberndorf. 
Das Wesentlichste ihrer Mittheilungen ist im Nachstehenden 
enthalten: 
1) Herr Regierungs- und Baurath Lauer beschreibt 
das im preußischen Staate seit etwa 20 Jahren eingeführte System 
der periodischen Erneuerungen der Steinbahndecklagen. 
Der Zeitraum, innerhalb welcher die Erneuerung respektive 
Verstärkung der Decklagen stattfinden muß, richtet sich im Allge 
meinen nach der Frequenz der Straße, der Beschaffenheit der Fuhr 
werke (Radfelgenbreite) und dem zur Anwendung kommenden Unter 
haltungsmaterial und beträgt 2 bis 5 Jahre, meistens 4 Jahre. 
Die Deckenerneuerung findet abtheilungsweise in Strecken von 500 
bis 1000 Metern Länge statt und werden die vorgenommenen 
Verstärkungen in lithographirten Straßenbildern unter Angabe des 
Materialquantums und der Zeit übersichtlich zusammengestellt. 
Diese Verstärkungen werden nicht unter 10 ein. meistens aber 
12 cm. stark unter Anwendung der Schablone eingebracht, über- 
grundet und tüchtig eingewalzt. 
Nach Vollendung der Decklage bis zur Zeit ihrer Wieder 
erneuerung werden nur die nöthigsten kleineren Ausbesserungen 
vorgenommen und wird die nöthige gleichmäßige Abnützung 
der Decklage durch Verlegen der Steinbahn mittelst 
Sperrsteinen, deren Lage täglich mehrmals gewechselt 
wird, ganz gut bewirkt. 
Dieses System hat sich nach der Versicherung des Herrn rc. rc. 
Lauer auf den stark frequentirten Straßen seines Bezirks im 
Allgemeinen sehr gut bewährt und glaubt derselbe nicht, daß das 
Verfahren der jährlichen Ausbesserungen bei gleichem Materialauf 
wand und gleicher Arbeitskraft ebenso gute Resultate geliefert hätte. 
Für Straßen von geringerer Frequenz dürfte dieses System 
nach Herrn Lauer weniger Vortheilhaft sein, obgleich er es auch 
hier noch für zweckmäßig hält. 
Bemerkt wird noch, daß die Radfelgenbreite der verschiedenen 
Fuhrwerke gesetzlich vorgeschrieben sei und je nach der Ladung 3 bis 
5 Zoll rheinisch (8 bis 13cm. betragen müsse, was der Stra 
ßenunterhaltung zu gut komme. 
2) Herr Baurath Günther in Reutlingen spricht sich für 
geschlossenes Einbringe:: und für partielle Ausbesserungen, wie diese 
Methoden schon längst in Württemberg eingeführt sind, aus. 
Partielle Ausbesserungen seien bei Straßen von mäßigem 
Verkehr, die in gutem Stand sind und die nöthige Wölbung haben, 
dem geschlossenen Einbringen vorzuziehen. 
Wer aber davon spreche, da? geschlossene Einbringen ganz zu 
beseitigen, der verstehe wenig von der Straßenunterhaltung. 
Bei großer Frequenz, oder wenn die Straße ihre Wölbung 
verloren habe, lasse sich nie auf die Dauer mit Ausbesserungen 
allein auskommen, es zeige sich dann das Bedürfniß einer neuen 
Schotterdecke, die geschlossen eingebracht werden müsse und besser 
eingewalzt als durch die Fuhrwerke komprimirt werde. 
Solange man jedoch mit partiellen Ausbesserungen auskomme, 
seien diese vorzuziehen und auch billiger. 
Empfiehlt bessere Wölbung der Straßen und hernach partielle 
Ausbesserungen so lange als thunlich. Geschlossene Einlagen sollen 
aber immer eingewalzt werden. 
3) Herr Straßenbau-Inspektor Leibbrand in Obern 
dorf spricht sich nach den Erfahrungen, die er mit den Straßen 
seines Bezirks, welche meist über stark koupirtes Terrain führen 
und zu deren Unterhaltung sowohl Urgebirgssteine als Sand- und 
Kalksteine verwendet werden, gemacht hat, dahin aus, daß 
für kleinen und mittleren Verkehr, bei Verwendung von Mate 
rial das sich schlecht verbindet, auf Straßen mit erheblichem 
Gefäll und in trockener Lage die periodischen Ausbes 
serungen entschieden vorzuziehen seien, daß aber 
bei starkem Verkehr, bei Anwendung von gut bindendem Mate 
rial oder bei Zusatz eines besonderen Bindematerials, das 
vorbauende System, d. h. das System der partiellen 
Ausbesserungen vorzuziehen sei. 
Herr rc. Leibbrand gibt sodann eine eingehende Schilderung 
der verschiedenen Arten des Einlegens und der damit erzielten 
Erfolge. 
Ein geschlossenes Einlegen des Materials auf große 
Längen sei bei kleinem und mittlerem Verkehr entschieden zu ver 
werfen, nur bei sehr großem Verkehr und unter Zuhilfe 
nahme des Einwalzens werde diese Methode rationell sein. 
Die schachbrettförmige Art des Einlegens sei von im 6 Jahre 
lang eifrigst betrieben worden aber nun ganz verlassen. Die 
richtige Eintheilung des meist spärlich zugemessenen Materials sei 
für die Wärter zu schwierig gewesen und in Folge davon sei häufig 
zum Ausfüllen der letzten Quadrate kein Material mehr vorhanden 
gewesen. 
Besser habe sich bei der Unterhaltung mit leicht bindendem 
Material das Verfahren erprobt, die Straßen in kurzen, abgesetz 
ten Stücken über die ganze Breite einzulegen. Wenn dann auch 
ein Stück nicht mehr vollständig habe eingelegt werden können, so 
sei dieß nicht so nachtheilig für den Verkehr gewesen, als wenn 
die halbe Breite der Straße eingelegt worden wäre. Bei schwerer 
bindendem Gestein habe sich weder das geschlossene Einlegen auf 
große Längen noch das stückweise bewährt; es müsse hier, auch 
bei ganzen Uebersteinungen, das Material in kleineren und größe
	        
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