Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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ren Partien, den entstandenen Vertiefungen nachgehend und die 
vorhandenen Erhöhungen umgehend, ohne Einhaltung bestimmter 
Formen in mehreren Touren möglichst geschloffen ausgebessert werden. 
Ueber vorstehende 3 Aeußerungen haben wir nun Folgendes 
zu bemerken: 
Zu 1) Das von Herrn Regierungs- und Baurath Lauer 
beschriebene Unterhaltungssystem vermögen wir trotz der guten Er 
folge, welche damit erzielt worden sein sollen, nicht als nach- 
ahmenswerth zu bezeichnen, da es offenbar seine starken Schatten 
seiten hat. Bei dem so großen Einfluß, welchen die Witterung 
auf die Abnützung der Straßen hat und der großen Verschieden 
heit, welche bei uns die einzelnen Jahrgänge, insbesondere die 
Winter, zeigen, glauben wir nicht, daß ein auf Jahre hinaus 
berechneter Straßenunterhaltungsplan sich systematisch durchführen 
läßt; zwei Winter, wie z. B. die letztvergangenen, müssen noth 
wendig den ganzen vorentworfenen Plan zerstören und die Folge 
haben, daß diejenigen Straßenstrecken, für welche schon seit län 
gerer Zeit nichts oder nur wenig geschehen war, in besonders 
hohem Grade nothleiden. 
Ganz zu verwerfen finden wir aber den Gebrauch, die Straße 
mit Sperrsteinen (auch Schlangensteine genannt, weil sie die 
Fuhrwerke nöthigen, in Schlangenlinien zu fahren) zu belegen, 
um hiedurch eine gleichmäßige Abnützung der Fahrbahn zu erzielen. 
Dieses den Verkehr in hohem Grade belästigende und unter Um 
ständen selbst gefährdende Belegen der Straße sollte im Gegentheil 
streng verboten und nur in Nothfällen zum Schutze der nicht 
chaussirten Nebenwege zugelassen sein. 
Zu 2) Mit der Aeußerung des Herrn Baurath Günther, 
welcher die Anwendung der partiellen Ausbesserungen anempfiehlt, 
so lange mit derselben überhaupt auszukommen sei, dagegen bei 
Straßen, die einer starken Abnützung unterworfen sind, das Ein 
bringen einer geschloffenen Decklage und Einwalzen derselben für 
nöthig hält, können wir uns einverstanden erklären. 
Zu 3) Bezüglich der Eintheilung der Straßen im Jnspek- 
tionsbezirk Oberndorf in solche von kleinem und mittlerem Verkehr 
und in solche von großem Verkehr haben wir zu bemerken, daß 
die frequenteste Straße in diesem Bezirk einen Verkehr von nicht 
viel über 300 Zugthieren per Tag aufweist, von einem großen 
Verkehr daher dort nirgends die Rede sein kann. 
Die von Herrn Leibbrand gemachte Eintheilung bezieht sich 
somit thatsächlich auf Straßen von kleinem und mittlerem Verkehr 
und zwar solche, die 
a) mit wenig bindenden, d. h. sandigen oder quarzhaltigen Ge 
steinen und solchen die 
b) mit gut bindenden, d. h. thonigen und kalkhaltigen Steinen 
unterhalten werden. 
Das System der periodischen Ausbesserungen hält nun Herr 
Leibbrand nach den von ihm gemachten Erfahrungen besonders 
bei Straßen mit kleinerem Verkehr und bei Verwendung eine? 
zum Sanden geeigneten Materials, sowie bei Straßen in trockener 
Lage für zweckmäßig und beschränkt das „vorbauende System" 
auf Straßen mit größerem Verkehr bei Verwendung von Material 
mit erheblicher Bindekraft oder bei Zusatz eines Bindemittels. 
Im Allgemeinen finden wir die hier gemachte Unterscheidung 
der Beschaffenheit des Unterhaltungsmaterials zwar für wohl be 
gründet, glauben aber nach den in Baden gemachten Erfahrungen, 
wo das vorbauende System auf Straßen mit ziemlich starkem 
Verkehr und einem Unterhaltungsmaterial, das fast keine Binde 
kraft besitzt, wie Porphir, mit großem Erfolg angewendet wird, 
daß Herr Leibbrand dieses System in einen etwas zu kleinen 
Rahmen gebracht habe. 
Anhaltungspunkte zu einer Vergleichung des Aufwandes, welchen 
die verschiedenen Systeme erfordern, wurden von keinem der drei 
genannten Herren geliefert. 
Baurath Schenck. 
Baurath Martens. 
Städt. Baurath Kaiser.
	        
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