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sante Sammlung von Photographien von Gmünd und Lorch,
malerische Architekturzeichnungen von alten meist jetzt übertünchten
Häusern und Jnräumen von Gmünd, aufgenommen von C. Wey-
ser in Carlsruhe, Zeichnungen von Lorch und Wäschenbeuren, in
teressante Handschriften und Lithographien von Trachten und Son
stigem zu besichtigen. Mit Dank verließen wir diese Räume, wo
so manches zu Grunde Gegangene noch in Abbildung gerettet sich
findet und bedauerten, daß wir weitere Einladungen von den be
deutenderen Silber- und Goldwaarenfabrikanten nicht Folge leisten
konnten, denn die Stunde des Essens war herangekommen.
Auf dem Wege zum Gasthof kamen uns noch manche hübsche
Eisenarbeiten von Gittern und Rinneu-Ausläufern mit Trägern
zu Gesicht.
Im Gasthof zum Rad waren wir mit indessen auch aus
Aalen herbeigekommenen Collegen und mit den Herren von Gmünd
gegen 27 vereinigt, erfreut über den trotz der fatalen Aussicht bei
unserer Abfahrt aus Stuttgart doch noch so gelungenen Tag, dex
nur zu kurz war für all das, was Gmünd uns an der Hand der
Herren von Gmünd freundlichst noch weiter geboten hatte.
Zum Schluffe daher denselben nochmals herzlichsten Dank.
Die Heimreise verlief ebenfalls gut, wir kamen Nachts 11
Uhr in Stuttgart an und trennten uns, nachdem wir noch eine
Stunde bei einem Glase gutem Bier verbrachten.
Elfte ordentliche Versammlung vom 10. Oktober 1874.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftfilhrer: Städt. Baurath Kaiser.
Anwesend 16 Mitglieder und Herrn Repetent Pilgrim
als Gast.
Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung durch Begrüßen
der anwesenden Mitglieder nach Ablauf der Sommerferien, stellt
den als Gast eingeführten Herrn Repetent Pilgrim vor, und
theilt mit, daß Herrn Professor Lübke seinen Austritt aus dem
Verein angezeigt habe.
Sodann erfolgt von dem Vorsitzenden noch weiter Mitthei
lung, daß
1) ein mittelrheinischer Architekten- und Ingenieur-Verein sich
konstituirt, zu seinem Vorstand Herrn Baurath Sonne in Darm
stadt gewählt und dieser die Statuten uns zugesandt habe.
2) Herrn Oberbürgermeister Di-. Hack 3 Exemplare des Orts
baustatuts für die Residenzstadt Stuttgart,
8) der Techniker-Verein zu Lübeck 2 Exemplare seiner Pro
tokolle, ebenso
4) der bayrische Architekten- und Ingenieur-Verein 2 Exem
plare seiner Versammlungsprotokolle übersandt habe.
Herr Oberbaurath v. Egle übergiebt dem Vorstand 2 Exem
plare einer Denkschrift über Reinigung der Städte, mit besonderer
Rücksicht auf die Stadt Carlsruhe, welche ihm von Herrn Pro
fessor Baumeister in Carlsruhe für den Verein zugesandt wurde,
und beantragt Zirkulation derselben bei den Mitgliedern unseres
Vereins, die zugesagt wird.
Hierauf hält Herr Baurath Brockmann einen sehr ein
gehenden Vortrag über Gebirgsbahnen nach dem System des In
genieurs Wettli, auf Grund einer an Ort und Stelle von ihm
vorgenommenen Besichtigung auf der 2 */ 2 Meilen langen Bahn
strecke von Wädenschwyl nach Einsiedeln bei Wädenschwyl, worüber
Beilage 1. denselben ausführlich giebt.
Ueber denselben Gegenstand verliest der Vorsitzende einen Brief .
von Herrn Bauinspektor Maier in Pfullendorf, welch' letzterer auf
der erwähnten Bahnstrecke der ersten Probefahrt anwohnte. Der Brief
erläutert ebenfalls das Wesentliche des Systemes und berührt die
vielfachen Hindernisse, mit denen Herr Wetli zu kämpfen hatte,
die selbst bei der Probefahrt ihr Ende noch nicht gefunden hatten,
indem er glaubte, in der Person eines renommirten Maschinen
technikers zu Winterthur einen Construkteur für eine geeignete
Maschine gefunden zu haben, allein auch hierin sich täuschte, in
dem die Ablieferung der Maschine längere Zeit hinausgeschoben
und als sie endlich mit gerichtlicher Hilfe abgeliefert wurde, es sich
ergab, daß sie in primitivster Weise angefertigt, sich unbrauchbar
zeigte, indem sie mit Weglassung des Systemes (der Walze) als
einfache Lokomotive gar nicht in Gang zu bringen war und erst
nachdem verschiedene Nacharbeiten, als Strecken, Verkürzen, Ab
hauen, Verdichten u. s. w. einzelner Bestandtheile stattgefunden
hatten, habe die erste Probefahrt am 26. Mai 1874 auf dem
400,5 m. langen Probestück vorgenommen werden können.
Die Maschine wurde leer ohne Anwendung des Walzensystems
jn Gang gebracht, sie lief ca. 10 Meter auf der schiefen Ebene,
dort fingen die Räder an zu schleifen und die Maschine gieng
rückwärts.
Nun wurden der Maschine 4 Wagen mit 1000 Ctr. Schie
nen und ca. 100 Personen belastet angehängt und die Walze nie
dergelassen, die Maschine legte den Weg mit einer Geschwindigkeit
von 14 Kilom. per Stunde bergauf zurück und gieng mit der glei
chen Geschwindigkeit sicher ohne Anwendung einer Wagenbremse
bergab. Der theilweise noch mangelhaft ausgeführte Oberbau aus
alten Schienen hat nicht im Geringsten gelitten, und läßt sich
leicht aus alten Schienen Herstellen.
Die Probefahrt habe auf's Schönste bewiesen, daß das Sy
stem Wetli's die Ueberwindung von großen Höhenunterschieden
ohne die bis jetzt nöthige Lüngenentwicklung ermöglicht und findet
Herr Maier, da eine gewöhnliche Maschine mit dem System ver
bunden werden kann, dasselbe der größten Beachtung werth.
Der Vorsitzende selbst theilt unter Dankesbezeugung an Herrn
Brock mann noch seine persönlichen Ansichten über das erwähnte
Bahnsystem mit, glaubt, daß dasselbe in Zukunft wegen seiner
mancherlei Vorzüge eine größere Anwendung finden werde, selbst
auch für Württemberg nützlich verwendet werden könne, wie nach
Umständen bei einem zweiten Albaufgang, auch hält er an seinem
aufgestellten Gedanken fest, daß ein solches Gebirgsbahnsystem für
Stuttgart auf die Hasenbergstation etwa von einer geeigneten
Stelle der Schloßstraße aus mit ca. 6°/,, Steigung genügt hätte
und dadurch viel erspart werden könnte, zudem in erster Linie als
eigentliche Transitbahn stets die Verbindung Zuffenhausen-Hasen
berg in Betracht zu ziehen feie, und dieser stets die Priorität zu
fallen werde; derselbe empfiehlt den Mitgliedern bei der Wichtig
keit des Gegenstandes eine Besichtigung der genannten Bahnstrecke
bei Wädenschwyl.