12
et möchte über diese seine Thätigkeit unserem Protokolle einen Bei
trag nicht versagen, was derselbe für das erste Heft 1875 freund
lich zusagte.
Sechzehnte ordentliche Versammlung am 19. Dezbr. 1874.
Vorsitzender! Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftführer: Professor Silber.
Anwesend: 27 Mitglieder, 2 Gäste.
Die Sitzung ist ungewöhnlich zahlreich besucht und drei Wände
des Saales sind mit Zeichnungen und Geniälden reich behängt.
Der Herr Vorsitzende Oberbaurath von Schlierholz hat
die von ihm entworfene und unter seiner Oberleitung ausgeführte
Bahn- und Hochbauten der Ulm-Sigmaringer Bahn, Herr Bau
rath I. Laut in Sigmaringen, Hofbaumeister Seiner Königlichen
Hoheit des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen, die von ihm
für diesen ebenso kunstsinnigen, als liberalen und baulustigen hohen
Herrn und dessen Familien-Angehörigen entworfenen und größten-
theils ausgeführten oder in Ausführung begriffenen Bauten in
nicht weniger als 54 Blättern ausgestellt. Unter diesen Entwür
fen sind besonders hervorragend das fürstliche Archivgebüude, das
fürstliche Marstallgebäude, ein im Bau begriffenes Reithaus mit
erbprinzlichem Marstall, ausgedehnte Meiereigebäude, die verän
derten Facaden des erbprinzlichen Palais und des Theaters, so
wie das Gebäude für die fürstlichen Kunstsammlungen.
Ein Interieur dieses Letzteren ist in einer in großem Maß
stabe von Conrad von Düsseldorf mit außerordentlichem Fleiße,
scharfer Auffassung der Details, tiefer Empfindung und Harmonie
der Farbentöne ausgeführten Aquarelle gegeben. Das Aeußere
des Schlosses ist durch eine schöne Aquarelle von Herrn Bau
inspector Eulenstein dargestellt.
Der Herr Vorsitzende geleitet zuerst die Versammlung auf die
von ihm gebaute Donaubahn von Ulm (Bahnhof 476 m ü. M.)
unter dem Festungswall mittelst 48 m langem Doppeltunnels hin
durch über den Festungsgraben durch das landschaftlich schöne
Blauthal an Söflingen, Ehrenstein, Klingenstein, die Blau mehr
mals überbrückend und am Ruffenschloß vorüber über den 14 m
hohen Blau-Viadukt mit 4 je 22 m weiten mit Gitterbalken über
deckten Oeffnungen unter dem Ruckenstich — einer eisernen Bogen
brücke — hindurch auf den malerisch gelegenen Bahnhof Blaubeuren;
von hier durchs schöne felsenreiche Aach- und Schmiechthal über
Schelklingen und Allmendingen nach Ehingen, in das Donauthal
1:200 abfallend, von wo die Bahn im Donauthal weiter über
Dettingen, Rottenacker, Munderkingen, enger und malerischer
werdend, an Untermarchthal vorüber — rechts über Felsen
gruppen das schöne Neuburg, links über einer schroffen Felsen
wand das vormalige Benediktinerkloster Obermarchthal mit seiner
schönen zweithürmigen Kirche und dem berühmten Klostergarten
— weiterhin über eine Gitterbrücke von 5 je 14.5 m weiten
Oeffnungen über die Lauter an dem an eine Felswand angebauten
malerisch gelegenen Rechtenstein mit seiner Ruine vorüber, über
die Donau auf einer Parabolbrücke mit 2 Oeffnungen von je 32.2 m
und einer von 17 m Weite nach Zwiefaltendorf mit dessen mittel
alterlichem Schlosse über eine 42 m weite Gill erdrücke nach der zu
gehörigen Station. Zwiefaltendorf ist der Abzweigepunkt für die
Staatsirrenanstalt Zwiefalten, gleichfalls einem vormaligen Bene
diktinerkloster mit weitbekannter ungewöhnlich reich ausgestatteter
zweithürmiger großen Kirche; letztere namentlich mit prächtigen
geschmiedeten und getriebenen Chorgitter-Abschlüffen, schönen Chor
stühlen und Bildern versehen. Ebenso interessant ist dort auch
das frühere Refektorium, die jetzige evangelische Kirche.
Von Zwiefaltendorf führt die Bahn bei Zell zum dritten
Male über die Donau mittelst einer Parabolbrücke mit drei Oeff
nungen von je 37.5 m Weite, über Unlingen — links der Bussen-
berg — nach Riedlingen, wo das Thal sich erbreitert, weiter über
Neufra nach Herbertingen, 547 m über dem Meere, dem Vereini
gungspunkte der Donau- und der Allgäubahn. Erstere führt
weiter nach Mengen 557 m ü. M. gelegen und zugleich Abgrenz
station gegen Mößkirch. Radolfszell rc.
Die Donaubahn setzt hier über Scheer — dessen malerisch ge
legenes Schloß sichtbar — fort, unterführt mittelst eines 91.6 m
langen Tunnels den Schloßberg, überfährt die Donau und das
Jnnundationsgebiet mittelst Fachwerkträger von zwei je 37.5 m
und zwei zu je 17 m Weite, schlängelt sich nach Sigmaringen
dorf, die Lauchert vorher 29 m weit überbrückend, wo Sigma
ringen und dessen stattliches Schloß erstmals sichtbar ist, und
zieht sich an der Berghalde über der Straße gegen Sigma
ringen, die Donau vor dem Bahnhof 57 m weit mittelst Para-
bolbrückenträgern letztmals und zwar 2spurig überbrückend, und zu
gleich für die von Krauchenwies herführende, das Donauthal vorher
für sich überbrückende badische Bahn dienend in den ausgedehnten,
für 2 Verwaltungen — einer alten schönen Allee entlang — an
gelegten Bahnhof Sigmaringen, mit der Ansicht gegen das auf
schroffer Felsengruppe aufgethürmte ausgedehnte fürstliche Schloß
und den gegenüberliegenden, nur durch Donau und Straße ge
trennten, befelsten und bewaldeten Mühlberg. Der Bahnhof schließt
sich sowohl an sich selbst, als mit seinem architektonisch reich aus
gestatteten großen Verwaltungsgebäude und seinen reizenden Neben
bauten an die zwar nur 3000 Einwohner zählende, aber mit so
vielen bedeutenden und interessanten fürstlichen Bauten geschmückt
und so reizend an der Donau gelegene Stadt würdig an.
Der Herr Vorsitzende macht sodann auch den freundlichen
und beredten Führer durch Sigmaringen selbst und dessen hervor
ragende Bauten, deren es außer den schon genannten weiter noch
sind, das Regierungsgebäude von Burnitz aus Frankfurt, ausge
führt vurch I. Laut, derzeit fürstlicher Baumeister, das Stände
haus, entworfen und ausgeführt von W. Laut, jetzt K. preuß.
Regierungs- nud Baurath, die protestantische Kirche von Hofbau
rath Stielet aus Berlin, das fürstl. Hofkammergebäude, ein
fürstliches Beamten-Wohngebüude, das Kriegerdenkmal von I.
Laut, sowie das Fürst Carl-Hospital von Krämer, namentlich
aber durch das Schloß mit seinen seltenen Kunstschätzen, in das
Kunstsaalgebäude mit Werken der Malerei, vorzugsweise aus der
altdeutschen und flanderischen Schule, der Kleinkunst, aus dem Ge
biete des Kunsthandwerks, ferner Goldschmiedesachen, Teppiche,
Gobelins, Majoliken, Elfenbeinarbeiten, Gläser rc. enthaltend, im
Schlosse selbst in die Alterthumssaimulung mit Funden von der
frühesten Zeitperiode an; in die reiche historisch berühmte Waffen
halle und in die reich ausgestatteten mit Kunstgegenständen am
gefüllten fürstlichen Gemächer rc.; ja es ist die Schilderung all
des Schönen, das der Weg nach Sigmaringen mit diesem schöi
Schlußpunkt selbst an Kunst- und Naturgenuß so reichlich 61