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Die Versuchsstrecke geht von der Horizontalen des Wädens-
wyler Bahnhofes zu einer Steigung von 5°/ 0 (1:20) über; sie
ist 400 m. lang und liegen davon 156 m. in Curven von 300 und
600 m. Radius. In dem horizontalen Theile liegen natürlich
keine Leitschienen, dieselben beginnen vielmehr erst bei dem Ueber-
gange in die Steigung und führt über diese Stelle auch ein Weg
übergang im Niveau der Schienen, so daß auf der kurzen Ver
suchsstrecke die schwierigsten Umstände (größte Steigung bei kleinem
Curven-Radius und Wegübergang im Niveau) vereinigt sind.
Was nun die Lokomotive für den Betrieb dieser Probestrecke
anbelangt, so ist sie als eine dreiachsige Tender-Maschine gebaut
und zwar sind die drei Achsen gekuppelt und werden in der bei
den gewöhnlichen Güterzug-Lokomotiven üblichen Weise in Drehung
versetzt. Das Neue besteht darin, daß nur die beiden äußersten
Achsen mit Rädern versehen sind, während die mittlere Achse die
erwähnte Walze mit den schraubenförmigen Vorsprüngen trägt.
Diese mittlere Achse, mit dieser Walze, welche einen Durchmesser
von ca. 900 mm. besitzt und 3 Paar Schraubengänge trägt, kann
etwas gehoben und gesenkt werden; sie soll nur da arbeiten, wo
wegen der stärkeren Steigungen die Leitschienen angebracht sind,
aus den anderen Bahnstrecken soll die Achse mit der Walze ge
hoben sein, sie dreht sich dann zwar gleichzeitig mit den 4 Trieb
rädern, verrichtet dabei aber keine Arbeit.
Interessant ist die Art und Weise, wie die Achse gehoben und
gesenkt wird. Die Hebung geschieht selbstthätig und zwar durch
eine in der Bahn gemachte Anordnung. An denjenigen Stellen
nämlich, wo wegen Aufhörens der scharfen Steigung auch die
Leitschienen aufhören, ist der Zwischenraum zwischen den Geleis
schienen bis zur Höhe der letztem mit Dielen von Eichenholz auf
eine Länge von etwa 3 m. ausgefüttert und es sind in diesen
Dielen parallel mit den Leitschiencn in entsprechender! Abständen
Rinnen angebracht, in welche die Vorsprünge der Walzen eingrei
fen; diese Rinnen werden aber gegen das Ende der Dielen hin
immer flacher und hören zuletzt ganz auf, so daß dadurch die
Walze gezwungen wird, bei dem Vorwärtsrollen allmühlig in die
Höhe zu steigen; sobald sie aber auf der nöthigen Höhe angelangt
ist, werden die Lager, in welchen sie sich dreht, an ihren oberen
Verlängerungen durch einen Fangapparat gepackt und unverrück
bar in ihrer Stellung erhalten, so daß die Walze frei über der
Bahn schwebend bleibt.
Das Senken der Walze, welches an derjenigen Stelle nöthig
ist, wo ein Uebergang von der Horizontalen oder von einer schwa
chen Steigung zu einer stärkeren vorhanden ist, dürfte Manchem
als mit großen praktischen Schwierigkeiten verknüpft erscheinen, da
es während der Fahrt zu geschehen hat und da es nicht wohl
möglich ist, für das Senken der Walze immer genau denjenigen
Moment zu treffen, wo sie eine solche Stellung hat, daß ihre Vor
sprünge genau auf die Leitschienen passen. In der Wirklichkeit
macht sich die Sache aber ganz einfach; der Lokomotivführer löst
da, wo die Leitschienen im Geleise beginnen, den erwähnten Fang
apparat aus, und die Walze fällt dadurch so weit hinunter, daß
ihre Vorsprünge eingreifen können. In den meisten Fällen wird
nun kein Eingreifen stattfinden, sondern die Vorsprünge der Walze
werden zwischen die Leitschiencn treffen; die Lokomotive geht in
zwischen aber auf ihren Rädern vorwärts und sobald sie dann der
stärkeren Steigung sich nähert, macht sich der Umstand, daß ihre
Zugkraft der Adhäsion nicht entspricht, geltend; es stellt sich neben
dem Vorwärtsschreiten auch ein Gleiten der Räder ein und da die
Achse der Walze mit den Achsen der Räder gekuppelt ist, sv folgt
sie dem Gleiten der Räder, bis nach einem kurzen Zeitraum ihre
Vorsprünge zum Angriff gekommen sind. Bei den Versuchsfahr
ten, denen ich beiwohnte, fand dieses Eingreifen der Walze in die
Leitschienen mehrfach in so sanfter Weise statt, daß es von gar
keinem Geräusche begleitet war, zuweilen jedoch war der dabei vor
kommende Stoß allerdings deutlich zu hören, niemals aber dabei
auf der Maschine eine Erschütterung zu spüren, und glaube ich
daher, daß diese Art des Einrückens in der Praxis zu keinen Jn»
convenienzen führen wird, und daß sie wegen ihrer großen Ein
fachheit und Zuverlässigkeit zu empfehlen ist.
Die Kuppelung der Walze mit dm 4 Triebrädern hat man
cherlei Bedenken erregt und viele Meinungs-Verschiedenheiten zu
Tage gebracht. Von der einen Seite hat man die Ansicht ver
fochten, daß, wenn die Walze arbeite, dann die Triebräder keine
Kraft mehr übertragen, von der anderen hat man wieder behaup
tet, die Triebräder üben unter allen Umstünden Zugkraft aus und
überlassen der Walze nur einen Theil der zu leistenden Arbeit.
Ich neige mich der letzteren Ansicht zu und zwar aus folgenden
Gründen: Die Walze schreitet nothwendiger Weise in einem Maße
vor, welches dem Umfange des Berührungskreiscs ihrer Vorsprünge
genau entspricht, und die Räder der anderen Achsen müssen, weil
sie mit der Walze gekuppelt sind, um ein gleiches Maß vorrücken;
sie werden daher, wenn ihr Umfang größer oder kleiner, als der
jenige der Walze ist, fortwährend etwas schleifen müffen. Nun
ist es aber eine bekannte Thatsache, daß der Berührungskreis der
Triebräder an den gewöhnlichen Lokomotiven immer einen größeren
Weg zurücklegt, als der von ihnen bewegte Zug, daß sie mithin
immer während des Ziehens etwas schleifen; bei schlüpfrigen Schie
nen bemerkt man häufig ein sehr starkes Gleiten der Räder, ohne
daß dieselben dabei aufhören, den Zug fortzubewegen; das Gleiten
hebt also das Ziehen nicht auf. Es kann deßhalb der Umstand,
daß unter bestimmten Verhältnissen das Vorrücken der Walze ein
continuirliches geringes Schleifen der Triebräder verursacht, die
letzteren nicht abhalten, die ihrer Belastung und der Reibung auf
den Schienen entsprechende Arbeit zu verrichten und es liegt daher
kein Grund vor, diese Arbeit gleich Null zu setzen. Die Befürch
tung, daß, wenn die Triebräder etwas größer sind, als die Walze,
dann die letztere durch schnelleres Vorrücken der Räder zuweilen
vom Eingriff in die Leitschienen abgezogen würde, worauf dann
wieder ein plötzliches mit Stoß verbundenes Zurückgehen an die
Leitschienen erfolgen könnte, dürfte unbegründet sein, da, wenn für
die Fortbewegung die Adhäsion der Triebräder nicht genügt, bei
denselben fortwährend ein Rückwärtsgleiten stattfinden muß, wo
durch die Walze unwandelbar im Eingriff erhalten wird.
Die Frage, um welches Maß der Durchmesser der Trieb
räder größer oder kleiner sein dürfe, als derjenige des Berührungs
kreises der Walze, ohne wesentliche Nachtheile im Gefolge zu
haben, läßt sich vom theoretischen Standpunkte aus nicht be
antworten, da die Kenntnisse von denjenigen Vorgängen, welche
bei dem Gleiten der Triebräder stattfinden, noch zu mangel
haft sind. Es werden in dieser Beziehung praktische Erfah
rungen allein entscheiden können. Herr Wetli beabsichtigt übri
gens , die Bandagen der Triebräder anfänglich ein wenig zu
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