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Ueber die Ventilatiousfrage entspinnt sich eine Discusion,
wobei Herr Bauinspektor Köhler die Frage aufstellt, ob man
nicht die Schornsteine an Fabriken zur Ventilation beiziehen
könnte, indem man den Kanal mittelst einer Röhre mit dem
Kamin in Verbindung bringen und diese Röhre innerhalb des
Schornsteins fortsetzen würde.
Herr Professor Teichmann spricht gegen die Einmündung
eines Ventilationsrohrs in die Kamine, wie auch gegen die
Führung eines eigenen Rohrs durch das Kamin selbst, da eine
solche Einrichtung eine bedeutende Belästigung der Fabriken
wäre, der Zug unter wesentlicher Abkühlung der Luft im Kamin
in beiden Fällen bedeutend geschwächt würde, und schon beim
Bau eines Kamins hierauf Rücksicht genommen werden müßte.
Herr Oberbaurath v. Schlierholz glaubt, es würde
eine solche Einrichtung zu weit in die Prioatrechte des Einzelnen
eingreifen, man könnte vielleicht beisetzen, es dürfte sich em
pfehlen auch Schornsteine großer Fabrikanlagen, welche eine
starke Feuerung haben, zur Ventilation soweit thunlich zu be
nützen.
Die Versammlung war jedoch der Ansicht dresen Punkt
in ihren Bericht nicht aufzunehmen.
Die von Baurath Bock aufgeworfene Frage über die in
andern Städten gemachten Erfahrungen wurde dahin beant-
tvortct, daß die Ventilations-Einrichtungen überhaupt noch nicht
vollkommen seien; der Zweck derselben sei aber auch nur, durch
die Kanüle einen Luftzug herzustellen, um dieselben zum gefahr
losen Aufenthalt der darin beschäftigten Arbeiter einzurichten;
und hiefür haben sich die Einrichtungen anderer Städte, nämlich
Benutzung der Regenabfallröhren wo es thunlich war, sowie
Anbringen von besondern Ventilationsschächten an geeigneten
höher gelegenen Stellen bewährt.
Nach verschiedenen Erörterungen über die Benützung der
Wasscrabfallröhrcn und über Bestimmung ihrer Minimalweite
glaubte die Versammlung nicht in weitere Details eingehen zu
sollen und sprach ihr Einverständniß mit der Commissions-
rassung aus.
Herr Baurath Kaiser geht nun zum V. Abschnitt „Bau
materialien" über, und theilt feine Erfahrung über die Beton-
verwendung im Anlagenkanal mit. Derselbe sei zum Theil
unter schwierigen Verhältnissen gebaut worden; der Beton habe
wegen starken Wasserzudrangs an ewigen Stellen kaum genügend
erhärten können, trotzdem daß zur Beseitigung des Grundwassers
eine Rollschichte unter der Sohle angebrachr worden sei; noch
jetzt drücke das Wasser bei anhaltendem Regenwetter an tief
gelegenen nassen Stellen von außen herein und haben sich
mehrere kleine Oeffnungen nach und nach gebildet; auch sei eine
schnelle Auffüllung des Betongewölbcs nicht gerathen, was aber
im Interesse des Straßenverkehrs oft nothwendig sei. Hienach
neige sich seine Ansicht der Verwendung tadellosen Backsteinen
zu, wie solche auch schon für die neuen Kanäle in der Schiller-
und Alleenstraße vorgesehen seien, erschwerend dafür spreche nur
der Umstand, daß gute Backsteine in der Nähe von hier schwierig
zu erhalten seien, doch werden sich ohne Zweifel die Ziegelei-
besitzer die größte Mühe geben, ein brauchbares Material zu
liefern.
Herr Oberbaurath v. Schlier holz theilt seine Erfahrungen
über Backsteinverwcndung gegen feuchten Grund mit: Es feien
sehr viele Mauern von geringer Stärke, wenn die Steine nicht
von vorzüglichster Beschaffenheit waren, bald zerstört worden
und müsse bei der Verwendung von unsern Backsteinen zu
Kanälen und bergt, mit größter Vorsicht vorgegangen werden,
da dieselben nicht mit denen am Rhein fabricirten verglichen
werden können. Die Verwendung von Beton erheische eben
so große Vorsicht, als nicht selten der Cement sich ungleich
zeige und zu einer dauerhaften Arbeit guter Cement, vorzugs
weise Portland-Ccment, reines Kies, reiner Sand, reines Wasser
und erfahrene zuverlässige Arbeiter nebst richtiger Verarbeitung
und Verwendung absolutes Bedürfniß seien. Würden diese
Voraussetzungen nicht ganz sicher zutreffen, so würde er Back
steine, aber nur solche von vorzüglicher Beschaffenheit dem
Beton vorziehen.
Herr Bauinspekior Zobel spricht sich für die Betonver
wendung aus, da er beim Legen von Wasserableitungsröhren
schon auf Betonkanäle von außerordentlicher Härte gestoßen sei.
Herr Oberbaurath Binder erwähnt der Ulmer Beton-
kanäle, welche schon seit 15 Jahren sich gut bewährt haben
sollen, und theilt als seine Erfahrung mit, daß sich der schädliche
Wasserdruck auf Bctonfundamcnte von unten dadurch wesentlich
mindern lasse, wenn man senkrechte Drainageröhrcn durch den
Beton gehend aufstelle und so dem Wasser während des Be-
tonircns das Aufsteigen ermögliche. Nach Beendigung der
Arbeiten können dann die Röhren leicht geschlossen werden.
Herr Oberbaurath v. Egle theilt die Herstellung der Kanäle
in Paris mit. Dort habe er nur Portland-Cement mit Sand
ohne Kies verwenden sehen; Hauptsache sei dabei trockenes
Anmachen und tüchtiges feststampfen, es falle die Hinterfüllung
dadurch weg, auch habe er nach 2 Tagen schon zu seiner Ver
wunderung große Auffüllungen darauf bringen sehen, ohne daß
es den Kanälen geschadet hätte.
Herr Architekt Schittenhelm macht auf die neue Art
von Backsteinen, welche in heißem Theer getränkt werden, auf
merksam, wobei die Dauerhaftigkeit derselben in hohem Grade
gewinnen soll.
Endlich wird nun, da wohl nicht an dem Streben unserer
Ziegeleibcsitzer, „ihr Fabrikat stets zu verbessern" gezweifelt
werden darf, die Fassung auf S. 17 Nr. 2, Abs. 2 über die
Unbrauchbarkeit der in der hiesigen Gegend fabricirten Back
steine von der Versammlung allzuscharf bezeichnet.
Herr Prof. Teich mann schlägt daher Zeile 9 folgende
Aenderung vor:
„daß zu diesem Zwecke geeignete Backsteine in der Nähe
von Stuttgart zur Zeit nicht erhältlich sind und daß aller
Lehm in hiesiger Umgegend kalkhaltig ist, wird von den
Mitgliedern der Commission allseitig anerkannt und es müßten
deßhalb wenn Backsteine verwendet werden wollten, diese
möglicherweise von auswärts bezogen werden, wie dieß in
Frankfurt ebenfalls geschehen ist.
Ferner auf Seite 18 Abs. 3.
Mit dieser Beschränkung der Anwendung von Back
steinen erklärt sich der Verein aus ökonomischen Gründen
einverstanden, namentlich re. re.
Hienach spricht sich die Versammlung für Verwendung
von Backsteinen, wie dieses auch die Commission vorschlägt,
jedoch nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung aus, daß
dieselben von ganz vorzüglichem Material hergestellt und gut
gebrannt würden.
Im Ucbrigen stimmt sie den 2 obigen Vorschlägen bei
und ist somit Abschnitt V erledigt.
VI. Abschnitt Hauscntwässerungen.
Herr Baurath Kaiser macht die Mittheilung, daß der
ursprüngliche Entwurf über „ortsbaustatutarische Bestimmungen
bctr. die Anlage der Hauskanäle" vom Kgl. Ministerium des
Innern in der beantragten Fassung nicht genehmigt worden
sei, sondern mehrere jedoch unwesentliche Aenderungen erleiden
werde, es dürfte sich daher empfehlen, dieselben aus dem Be
richte ganz wegzulassen und dafür diesem Abschnitt folgende
Fassung zu geben.
VI. Abschnitt Hausentwässerungen.
Frage 13. Ist die Commission mit dem Entwürfe ein
verstanden?
Da die Anlage der Hauskanäle eine Angelegenheit ist,
welche zwischen dem Kgl Ministerium des Innern und den
bürgerlichen Collegien ihre Erledigung sinden wird und worüber
auch schon Verhandlungen gepflogen wurden, so glaubt die
Commission, die cndgiltige Feststellung eines diesbezüglichen
Entwurfs den obigen Organen anheim geben zu sollen. Der
von den bürgerlichen Collegien angenommene Entwurf schließt
sich in der Hauptsache den von Gordon in seinem Berichte
dargelegten Grundsätzen an, und da sich ähnliche Anlagen in
Frankfurt als zweckmäßig erwiesen haben, so glaubt die Com
mission denselben ihre Zustimmung geben zu sollen.
Hiemit erklärt sich die Versammlung einverstanden.