Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1876)

11 
Sechste ordentliche Versammlung vom 25. März 1876. 
Borsitzender: Oberbaurath v. Schlierhot;. 
Schriuführer Stiidt. Ingenieur Dobel. 
Anwesend 17 Mitglieder. 
Die Versammlung wird durch den Vorsitzenden Oberbau- 
rath v. Schlierholz eröffnet. 
Derselbe übergicbt das Sitzungsprotokoll des Vereins zu 
Lübeck mit dem Anfügen, daß dasselbe interessanten Inhalts in 
nächster Zeit circuliren werde. 
Ferner macht der Vorsitzende die Mittheilungen: 
1) der Architektenverein zu Berlin habe in einem Schreiben 
an den Verein angezeigt, daß das neue Werk: „Berlin und 
seine Bauten," welches ebenso interessant für Architekten, wie 
Ingenieure sei, auch von Nichtmitgliedern des Berliner Archi- 
tcktcnvercins zum Preise von 20 M. zu beziehen sei. Sub 
scriptionen darauf können, soweit dieß nicht schon geschehen, 
bei Herrn Architekt Staudenmai)er oder bei dem Vorsitzenden 
selbst gemacht werden. 
2) Der Vorort des Verbandes deutscher Architekten- und 
Jngcnicurvcrcine habe verschiedene Fragen aufgestellt, welche 
auf der nächsten Delegirtenversammlung zu München behandelt 
werden sollen und auch an unseren Verein zur Beantwortung 
zligesendet wurde. 
Die erste Frage, welche über Ziegclfabrikation und Ziegel 
rohbau handelt, glaubt der Vorsitzende zur Beantwortung em 
pfehlen zu dürfen und schlagt zur Ausarbeitung dieses Referats 
vor: die Herren Baurath Bok, Baurath Wolfs und Professor 
Dollinger, womit sich die Versammlung einverstanden erklärt. 
Ueber die 2. Frage, Fundation großer Brücken betreffend, 
bemerkt der Vorsitzende, werden wir uns nicht wohl weiter ver 
breiten können, da wir kaum Gelegenheit hatten, Fundationen 
im Sinne der Anfrage zur Ausführung zu bringen und schlägt 
vor, diese Frage nicht in's Referat zu nehmen, was von der 
Versammlung gutgeheißen wird. 
Zur Beantwortung der 3. Frage: „Welche Erfahrungen 
liegen vor über Minimal-Dimensioncn von Brückenpfeilern" 
wurde ein Comite gewählt, bestehend aus den Herren Ober 
baurath v Abel, Baurath Bcckh, Baurath v. Häncl, Prof. 
Laißlc und Bauinspcktor Kn oll. 
4) Die Königl. Regierung, fährt der Vorsitzende fort, habe 
in letzter Zeit einen Entwurf ausgearbeitet, betreffend die Rechts 
verhältnisse der Staatsbeamten rc. 
Von Herrn Bauinspektor Preu in Leutkirch sei nun ein 
Schreiben eingelaufen, in welchem derselbe die ungünstigen 
Dienstverhältnisse der Baubeamtcn gegenüber den andern Staats 
beamten hervorhebt, indem ihre Staatsbeamtenrechte erst mit 
der Anstellung als Bauamts-Assistcnt beginne und die vorher 
als Bauführer rc. zugebrachte Zeit nicht berücksichtigt werde 
u. s. f. und den Verein ersucht in dieser Angelegenheit sich bei 
den maßgebenden Faktoren um entsprechende Berücksichtigung 
der Techniker bei dem neuen Gesetze verwenden zu wollen. 
Das Schreiben des Herrn Bauinspektor Preu kommt zur 
Verlesung. 
Der Vorsitzende hält diesen von Herrn Inspektor Preu 
angeregten Gegenstand für zu wichtig, als daß solcher nicht von 
dem Verein in die Hand genommen werden sollte; es werde 
daher angezeigt sein, ein Comiic zu wählen, welches dem Verein 
die nöthigen Vorschläge zur Förderung dieser Sache machen 
würde. 
Der Verein theilt einstimmig diese Ansicht und wählt 
hieiür nachstehende Comitemitglieder: als die Herren Ober 
bauräthe v. Morlok, v. Landauer und Schenk, Bau 
inspektor Köhler und Professor Baumgärtner. 
Es folgt nun noch die Abstimmung zur Aufnahme in den 
Verein über den in der letzten Versammlung durch Herrn Bau 
inspektor Rh ei nhard eingeführten Ingenieur-Assistenten Canz 
von Stuttgart; gegen dessen Aufnahme wird nichts erinnert 
und derselbe als ortsanwescndes Mitglied des Vereins betrachtet. 
Nach der Verlesung des Protokolls vom 11. März, welches 
nicht beanstandet wurde, wird zur Berathung des Kommissions- 
bcrichtcs, Canalisation betreffend, übergegangen und bittet der 
Vorsitzende den Herrn Baurath Kaiser mit dem Referat fort 
zufahren. 
Letzterer macht in dem in der letzten Sitzung nicht voll 
ständig zu Ende geführten Abschnitt VI. bei Frage 14 „Tiefe 
der Kanäle" weiter und nachdem der Kommissions-Antrag gut 
geheißen 
wird der ganze Abschnitt VI. in seiner neuen Fassung an 
genommen. 
Zu Abschuitt VII „Zeitdauer" bemerkt der Vorsitzende, 
daß Herr Gordon s. Z. Anstand genommen habe, die Kosten 
der Kanalisation in den Bericht aufzunehmen und habe deßhalb 
gebeten, es möchte die Kommission diesen Punkt noch einmal in 
Erwägung ziehen. 
Hierauf erwiedert Herr Baurath Kaiser, daß in dem 
Kommissionsbericht bei der Angabe der Kosten der Kanäle nicht 
nur diejenigen, welche in den schon angelegten und bebauten 
Straßen auszuführen wären, enthalten seien, sondern auch die 
Kosten der in den neu prvjcktirten Straßen anzulegenden Kanäle, 
welche vielleicht erst nach Jahrzehnten zur Ausführung kommen 
werden, man erhalte deßhalb bei dem Einschluß der letzteren 
eine sehr hohe Summe und glaube nun die Kommission den 
Kostenpunkt nicht berühren zu sollen und den Absatz über Länge 
und Kosten der Kanäle ganz wegzulassen 
Die Versammlung ist hiemit einverstanden. Ebenso wird 
Abschnitt VIII Erweiterung des Kanalnetzes angenommen. 
Ueber Abschuitt IX. spätere Einführung der Waterclosets 
entspinnt sich eine Discussion. Herr Oberbaurath Binder 
betrachtet diese Frage rein vom ökonomischen Standpunkte aus. 
Derselbe ist der Ansicht, daß das Geld, welches jetzt schon aus 
die Kanäle, eventuell auf die Einrichtung zu Fortschaffung der 
später etwa einzuleitenden Fäkalstoffe verwendet werde, vielleicht 
unnöthigcrweise verausgabt worden sei; cs sei möglich, daß die 
Entfernung der Fäkalstoffe, deren Werth als Dünger immer 
mehr anerkannt werde, auf eine andere Weise geschehen könne, 
und in diesem Falle feie die Einrichtung so kostspieliger An 
lagen nicht gerecht! crtigt, diese Sache sei daher reiflich zu 
überlegen. 
Hierauf bemerkt Herr Bauinspektor Rheinhard, daß die 
Kommission diese Frage sehr vorsichtig behandelt habe. Die 
Kanäle erhalten die gleichen Einrichtungen, ob die Fäkalien ein 
geleitet werden oder nicht, es seien deßhalb die Anlagekosten in 
beiden Fällen vollständig gleich. Sollen später die Waterclosets 
eingerichtet werden, so müßten allerdings vom Hauptsammel 
kanal aus weitere Kanäle zur Fortleitung der Stoffe auf die 
Berieselungsfelder und die Berieselungsanlagen selbst geschaffen 
werden, vorerst seien aber solche unnöthig, daher die Baukosten 
der Kanäle sich derzeit um keinen Kreuzer höher stellen, als bei 
i der Annahme, daß einstens keine Fäkalstoffe eingeleitet werden 
würden. 
Auf diese Mittheilung hin läßt Herr Oberbaurath Binder 
seine Bedenken fallen. 
Herr Oberbaurath v. Schlierholz glaubt, daß auf 
Seite 28 die Worte „was für die spätere Einführung der 
Excrcmcnte unerläßlich ist" besonders geeignet sein könnten, die 
Ansicht hervorzurufen, daß der Kostenaufwand der Kanalisation 
hauptsächlich deßhalb so hoch sich stelle, weil man bei der An- 
i läge derselben die spätere Einrichtung der Waterclosets jetzt 
schon berücksichtigt habe. Er sei deßhalb dafür, daß diese Zeile 
j ganz gestrichen werde und der Nachsatz nur heißen solle: 
so wird dies auch bei späterer Einführung der Exkremente 
genügen und wird die Kritik rc. 
Diese Abänderung wird von der Versammlung angenommen. 
Herr Bauinspektor Rheinhard wünscht in diesem Ab- 
i schnitt noch einige Abänderungen als da sind: auf Seite 25 
Abs. 2 Zeile 3. 
„und einer zahlreichen Bevölkerung von ca. 22,000 Seelen." 
! auf Seite 26 Abs. 4 Zeile 4 statt vollkommenes Schwemm- 
! System soll gesetzt werden: 
„ein combinirtes Schwemm- und Riesclsystcm." 
; welchem zugestimmt wird.
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.