10
eine in der Verlängerung des Bohrschachtes hinter dem Bohr
loch an der Maschine aufgehängte starke Blechtrommel, die
durch radialgeformte flache Gußeisengewichte beschwert werden
kann. An der Verbindung des Kopfendes der beiden Ma
schinenständer ist in der Mitte das Antriebrad zur Bewegung
der Bohrspindel frei schwebend aufgehängt. Die hohle Bohr
spindel hat außen eine senkrecht herablaufende Ruthe, in
welche eine entsprechend vorstehende Feder des Antriebrades
paßt, wodurch die Drehung und zugleich die vertikale Be
wegung der Bohrspindel und des dieselbe tragenden Schlittens
ermöglicht. Die durch die rasche Bewegung entstehende starke
Reibung wird durch Schmiervorrichtungen vermindert und
durch Wasserkühlung vor Erhitzung geschützt. Durch sinn
reiche Vorrichtungen ist das Bohrgestänge in genaue senkrechte
Richtung gebracht und vollkommen festgehalten. Deffen Ver
bindung mit dem Gegengewicht ist durch starke flachgliedrige
Ketten mit durchgehenden Bolzen befestigt und wird mittelst
eines Zahnradgetriebes von 80sacher Uebersetzung mit Hilfe
eines an der letzten Getriebswelle angebrachten Steuerrades
und einer eingeschalteten Bremse vom handhabenden Bohr
ingenieur regulirt. Das Gestänge selbst besteht aus genau
gearbeiteten hohlen Stahlröhren von 6' engl. Länge, je an
den Enden mit inneren Gewinden versehen, in welche ent
sprechend hohle stählerne Verbindungsstücke eingeschraubt wer
den. Zur Einführung des Hochdruckwassers in das hohle
Bohrgestänge dienen hiezu besonders konstruirte Metallaussätze,
welche durch starke Spiralschlänche mit der Hochdruckleitung
verbunden sind. Rach jedem Niedergang eines Röhrenstücks
d. h. nach beiläufig einer Stunde wird der Schlitten ge
hoben, eine vorher bereit gehaltene Röhre ausgeschraubt und
dann die Bohrarbeit fortgesetzt. Nach ungefähr 4 Aufsätzen
wird zur Erlangung des erbohrten Steincylinders das ganze
Gestänge aufgezogen und in Längen von 52' abgeschraubt.
Der erbohrte Gesteinszapseu bricht in ver Regel auf dem
Grund ab, sobald angezogen wird, und wird theils durch die
Reibung in der Bohrkrone, theils dadurch festgehalten, daß
er auf dem inneren Rand der Krone aufsitzt. Sobald aus
gezogen ist und die letzte Röhrentour hängt, wird die Bohr
krone abgeschraubt, mit einem Hammer an die letzte Röhre
geklopft, in Folge dessen die, wie auf der Drehbank abge
drehten, Bohrzapfen herausfallen. In diesen Bohrzapfen,
welche das getreueste Abbild des durchsunkeneu Gebirgs wieder
geben, liegt der ganz eminente Werth der Diamantbohrung.
Es liegt vor den Augen des Geologen das natürliche Ge-
birgsprofil des seither verborgenen Erdinnern und kann daran
bis ins kleinste Detail die Aufeinanderfolge der Schichten,
deren Lagerung und Struktur ganz zweifellos beobachtet
werden. In Rheinfelden betrug nach den ausgehobenen Bohr
zapfen, die, wie wir hören, in Aarau archivarisch deponirt
werden, die Mächtigkeit des bunten Sandsteins 27b" — 78,5 M.
(bei Waldshut 15 M., im Wutachthal 35 M., Donaueschingen
100 M., Dunninger Bohrloch 142 M., Oberndorfer B. 159 M.,
Dettinger B. 166 M., Türrmenzer B. 446 M., Jngelfinger
B. 401 M.). Hienach scheint die Mächtigkeit des bunten
Sandsteins mit seiner Entfernung vom Centrum des Schwarz
walds zuzunehmen. Folgten in Rheinfelden 2 M. Dolomit
mit Bitterspatdrusen. Unter dieser den Zechstein vertretenden
Dolomitbank wurden ganz regulär 263 M. Rothliegendes
durchbohrt, ein Wechsel von rothen Landen und Thonsteinen
von Gypsschnüren und nach unten von Kalkspatadern durch
setzt; mitunter stellten sich Schichten eines gröberen Sandkorns
ein. (Im Schramberger Bohrloch fanden sich 458 M., in
Jngelfingen 286 M. Rothliegendes.) Da zeigte auf einmal
der Bohrzapsen eine Art grauitischen Deckels aus Quarz und
Felsspat, sehr fest durch Kalk cementirt, worunter 6,8 M.
mächtig eine weiche, braunrothe Masse hervorkam, die wie
verwitterter Glimmerschiefer ausschaut. Statt der festen Bohr
kerne traten strangförmig gewundene Würste dieser weichen
knetbaren Masse aus der Maschine. In den nächstfolgenden
2 Metern wurde die Masse etwas solider, statt der rothen
Farbe stellte sich ein dunkles Grün ein; der nächste Meter j
bringt rothen, grobkörnigen Granit, wie er dem südlichen
Schwarzwalde eigenthümlich ist. Dieß war bei 352,8 M.
Die Hoffnung auf Kohlenflötze war natürlich dahin, es fehlten
die älteren Flötzgebirge zwischen Urgebirge und Rothliegendem
vollständig. Um ja ganz sicher zu gehen, daß nicht etwa nur
ein Gang e§ wäre, auf beit mau zufällig gestoßen, ließ man
noch einige Tage bohren und durchbohrte wirklich auch noch
54 M. Hornblendegneis und Granit, die in den prachtvollsten
Zapfen von 2 Meter Länge an einem Stück heraustraten
und das massive Schwarzwälder Urgebirge bekundeten. Daß
die Diamantbohrung ihre Zukunft hat, steht fest. Herr
Schmidtmann hat das große Verdienst, sie erstmals in
Deutschland eingeführt zu haben. Daß die neue Methode
nicht einfacher Art ist, wird Jeder aus der Beschreibung der
Maschine ersehen haben. Ebenso ist der Verlust der aus
brechenden Diamanten nicht gering anzuschlagen; daher kommt
es auch, daß der lausende Fuß auf ca. 100 Frks. zu stehen
kommt und die Aufstellung der Maschine sich überhaupt nur
da rentirt, wo von Tiefbohrungen auf mehr als 1000" es
sich handelt.
Ein ungemeiner Vortheil der Methode ist, daß nicht blos
die Dicke und Beschaffenheit der Schichten, sondern auch ihr
Streichen und Fallen an den erbohrten Kernen mit größter
Deutlichkeit zu sehen ist. Die Tiefe des Bohrlochs in
Böhmischbrod soll nach neuesten Nachrichten 3100" betragen,
wornach die Besorgnisse des Herrn Vorredners ungegrün
det sind.
Sechzehnte ordentliche Versammlung den 23. Dez. 1876.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftführer: Oberbaurath Binder.
Anwesend 23 Mitglieder.
Das Protokoll der 15. Sitzung kann nicht verlesen wer
den, der Hr. Sekretär Teichmann läßt sich entschuldigen,
daß er bei dessen Umfang noch nicht fertig geworden.
Einläufe finden sich:
Ein Antrag des Vereins deutscher Ingenieure, betr. die
technischen Hochschulen und Einführung einer Reichsprüfung
für Techniker. Derselbe wird bei den Mitgliedern cirkuliren.
Von dem Jngenieurverein des Polytechnikums 1 Exemplar
seines Jahresberichts; die Mittheilung wird verdankt.
Von Prof. Unger in Wien ein Prospektus über Radi
rungen nach den Gemälden der dortigen Gallerte.
In Abwesenheit des Hrn. Prof. Walter, welcher heute
ein Referat vortragen sollte, referirt Herr Binder über den
Brand des Kaiserhofs in Berlin nach den Mittheilungen der
deutschen Bauzeituug Nr. 33. 35. 37 u. 38 von 1876.
Hienach ist die weite Verbreitung des Feuers und das
rasche Umsichgreifen — über seine Entstehung ist nichts Siche
res erhoben — folgenden Umständen zuzuschreiben:
1) Dem hohlen Raume zwischen dem Deckengebälke des
Speisesaals und dem Bodengebälke des Stockwerks dar
über, und den damit in Verbindung stehenden 4 hölzer
nen Ventilationskanälen.
2) Den vielen auf dem Hohlen stehenden Wänden, welche
aus einfachem Rahmenmerk bestanden und deren beider
seitigen Lattenvertäferungen hohle Räume, ohne alle und
. jede Unterbrechung, z. Th. durch 4—5 Stockwerke, bil
deten. In diesen Räumen konnte das Feuer sich schnell
in die Höhe verbreiten, oder von oben herab Brände
fallen, die gleichzeitig unten entzündeten.
3) Dem Mangel genügender feuerfester bis über Dach rei
chender Scheidewände.
Dabei soll die Gleichheit der Gänge im Innern einer
Orientirung der Feuerwehr Schwierigkeiten bereitet haben,
auch sollen die Verbindungstreppen schwer zu finden und zum
Theil zu. enge gewesen sein.