Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1876)

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Zweite Sitzung vom 17. Juni 1876. 
Anwesend: Die Herren OberbaurLthe v. Abel, Binder, V.Egle, v. Schlier 
holz, v. Landauer. Baurath Bok und Prof. Baumgiirtner. 
Der Vorsitzende theilt mit, daß von auswärtigen Vereinen 
bis jetzt nur eingelaufen: 
Ein Bericht des Mittelrheinischen Architekten- und In 
genieur-Vereins und 
Ein Bericht des Frankfurter Architekten- und Ingenieur- 
Vereins. 
Beide werden verlesen. 
Ferner wird mitgetheilt, daß von hiesigen Vereins- 
Mitgliedern eingekommen sind: 
1) Ein sehr eingehender Bericht der Herren Oberbau 
räthe v. Abel und v. Schlier holz über die Art und Weise, 
wie die Arbeiten für den ausgedehnten Bau der württemb. 
Eisenbahnen vergeben werden, in welchem empfehlend an 
geführt sind: 
Zwei rm Staats-Anzeiger veröffentlichte Berichte des 
K. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten an den König 
in Betreff der bei dem Staatseisenbahnbau in den Finanz- 
Perioden 1864,67 und 1867/70 eingehaltenen administrativen 
Grundsätze. Zwei gründliche Abhandlungen über die ein 
schlägige Frage. 
2) Ein Gutachten des Herrn Oberbaurath Binder über 
die Verakkordirung der Arbeiten beim Eisenbahnbetrieb, ins 
besondere bei der Unterhaltung der Bahnen. 
3) „Notizen über die Art und Weise (der Verakkordirung) 
der in Württemberg zur Ausführung gelangenden Straßen 
bauten" von Herrn Oberbaurath Schenk. 
4) Em Bericht des Herrn Oberbaurath v. Landauer 
über die Art der Verakkordirung bei der sc. Finanz-Verwaltung. 
Diese sämmtlichen Schriftstücke, einschließlich der ad 1 ge 
nannten Staatsanzeiger-Beilagen, werden verlesen, beziehungs 
weise von den Herren Versaffern vorgetragen wie erstere nach 
stehend folgen: 
Auf Vorschlag des Vorsitzenden wird beschlossen: 
a) Eine Abschrift sämmtlichen Materials dem Breslauer 
Verein, als dem Correferenten, sofort zugehen zu lassen. 
b) Das vorliegende Material zu sichten und übersichtlich 
zusammenzustellen, um bequeme Grundlage und Stoff 
für die weitere Behandlung der Frage zu gewinnen. 
e) In Erwägung, daß das von auswärts eingelaufene 
Material verhältnißmäßig noch sehr wenig ist, daß ins 
besondere aus einem großen Theil Deutschlands Be 
richte oder Notizen noch gänzlich fehlen, für die nächste 
Versammlung des Verbands deutscher Architekten und 
Ingenieure ein sachliches Referat über die gestellte Frage 
nicht auszuarbeiten, derselben vielmehr nur das gesam 
melte Material mitzutheilen und den Antrag zu stellen, 
daß das Material erst noch zu vervollständigen und 
deßwegen die Frage auf die Tagesordnung der nächst 
folgenden Versammlung des Verbands zu setzen sei. 
Die Sichtung und Zusammenstellung des Materials, so 
wie die Abfaffung eines Berichts für die nächste Verbands- 
Versammlung im Sinne des sub c) erwähnten Beschlusses 
übernimmt Herr Oberbaurath v. Egle. 
z. B.: 
der Schriftführer 
Fr. Baumgärtner. 
Vdt. der Vorsitzende der Kommission 
Egle. 
Nachschrift. Die größere Zahl der bei dem Verbands- 
Vororte eingelaufenen, das Bau-Akkord-Wesen betreffenden 
Berichte der Einzel-Vereine sind dem Unterzeichneten erst 8 
Tage vor dem Beginne der Delegirten-Versammlung zuge 
kommen, in einer Zeit, wo die Mehrzahl der Commissions 
Mitglieder verreist war und also schon aus diesem Grunde 
weitere Commissions-Sitzungen nicht mehr abgehalten werden 
konnten. Egle. 
Hienach hat Herr Oberbaurath v. Egle, welcher das 
Referat für die Abgeordneten-Versammlung zu München über 
nommen hat, ein Solches ausgearbeitet und dort vorgetragen. 
Dasselbe wird vom Vorort dem Drucke übergeben und 
abgesondert an die Vereinsmitglieder gelangen; es folgen 
daher hier nur die Aeußerungen der vorgenannten Comitö- 
mitglieder über das Verakkordirungswesen in den einzelnen 
Zweigen des Bauwesens und zwar: 
ad 1) von den Oberbauräthen v. Abel und v. Schlier 
holz bezüglich des Eisenbahnbaues; sie bemerken: 
Im Allgemeinen lassen sich bestimmte Regeln für das 
Verdingungswesen wohl nicht aufstellen, es wird die Art von 
der Beschaffenheit der^ Arbeiten selbst, von ihrer Ausdehnung, 
von der mehr oder wenigeren Nachfrage nach Arbeit, von der 
Gegend, in der gebaut wird und von den zu Gebot stehenden 
Arbeitskräften abhängen, in welch letzterer Beziehung in Würt 
temberg, als noch vorherrschend ackerbautreibendem Lande, wo 
der Feldbau sowie die Industrie den größten Theil der Arbeits 
kräfte absorbirt und den Bauten nur wenige übrig bleiben, 
wo in manchen Gegenden, wie in Oberschwaben, auf dem 
Schwarzwalde rc. auch wenig Lust für dergleichen Arbeiten 
vorhanden ist, meist auswärtige Arbeiter beigezogen wer 
den müffen und die bis jetzt auch mästen- und vorzugsweise 
aus Baiern, Südtyrol und Oberitalien erhalten werden 
konnten. 
Die bei uns bis jetzt in Anwendung gekommenen Arbeits- 
Vergebungssysteme, nachdem zuvor die Voranschläge möglichst 
detailirt ausgearbeitet und die Preise nach genauen Erhebungen 
der lokalen Verhältnisse, bei Erdarbeiten auf Grund einer ge 
nügenden Anzahl von Probegruben und nach den Formations 
und Schichtenverhältniffen, festgestellt sind und zwar ad B a. b. 
auf Nachmeß und Nachgewicht und Nachzählung und insoweit 
nicht 
A. der Regiebau geboten erscheint, sind es 
B. a) Gesammtakkorde (Großakkorde), 
b) Kleinakkorde, 
c) G eneralakkorde, 
d) Pauschalakkorde. 
ad A. Der Regiebau wird in der Regel nur in solchen 
Fällen bei kleineren und größeren Arbeiten zur Anwendung 
gebracht, wenn 
a) wie bei Wasserbauten, Brücken rc., Fundationen, 
Tunellstollen, Entwäfferungsarbeiten und dergleichen, bei wel 
chen weder ein richtiger Ueberschlag gefertigt noch der Gang 
der Arbeiten bei der Ausführung vorausgesehen werden kann, 
also für den Akkordanten ein wesentliches Risiko verbunden 
wäre, oder 
b) für größere Arbeiten, wo es an tüchtigen Unterneh 
mern fehlt und eine Art Zwang zum Regiebau vorliegt. 
Aber in beiden Fällen wird man Arbeiten nur ausnahms 
weise in Taglohn, sondern soweit thunlich, in sogenannten 
Kleinakkorden nach bestimmten Arbeitsgattungen und Abthei 
lungen an Arbeiterkolonien vergeben und ebenso auch die er 
forderlichen Materialien in besonderer Akkordsvergebung und 
nicht selten auch die Geräthe und Geschirr beschaffen und nur 
das absolut Unvermeidliche im Taglohn ausführen. 
Dergleichen Regiebauten wurden beim Württ. Eisen 
bahnbau bei einer Reihe von Arbeitsloosen, wie aus dem ver 
lesenen Bericht an den König vom 2. März 1870 zu er 
sehen ist, mit gutem Erfolge ausgeführt, und werden auch 
stets günstige Resultate hiedurch bei all denjenigen Ausfüh 
rungen erzielt werden, wo eine tüchtige, erfahrene Geschäfts 
leitung mit dem für dergleichen Ausführungen geeigneten, 
technischen Personal vorhanden ist; nicht immer steht aber 
solches zu Gebot, woraus resultirt, daß dem Regiebau, wenn 
immer möglich 
ad B. die Akkordsvergebung vorzuziehen ist. 
Dieselbe wurde bis jetzt in Württemberg 
a) als G roßakkord , entweder 
n. in größerer Ausdehnung auf eine größere Bahn 
strecke von 15 und mehr Kilometer, entweder
	        
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