Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1876)

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Meister gefertigt werden, angewendet, und wäre selbst auch 
für Schreiner- und Glaserarbeiten empfehlenswerth. 
Bei einzelnen Arbeiten, wie z. B. bei decorativen 
Arbeiten, besseren Malerarbeiten, bei mechanischen Aus 
stattungen wird entweder ebenfalls beschränkte Concurrenz an 
gewendet, nach Umständen aber auch dergleichen Arbeiten 
unter der Hand vergeben, wie dies z. B. auch für das Legen 
des Oberbaues geschieht. 
Ju der Regel wird der Akkord, wie Eingangs erwähnt, 
auf Grund der Voranschläge, Preislisten und möglichst de- 
lailirten Plänen auf's Nachmaß, Nachgewicht und Nachzählung 
abgeschlossen und darf ein Unternehmer in keiner Weise ohne 
Zustimmung der oberen Bauleitung von genannten Vorschriften 
abweichen. 
Im Weiteren verweisen wir auf die Berichte des K. Württ. 
Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten an Seine Ma 
jestät den König vom Jahre 1867 und 1870, betreffend das 
Verakkordirungswesen beim württembergischen Eisenbahnbau 
als einem sehr schätzbaren Materiale hin. 
Stuttgart, 6. Juni 1876. 
Abel. Schlierholz. 
ad 2) Von Oberbaurath Binder bezüglich des Eisen 
bahnbetriebs, wie folgt: 
Die größern Bauten, Erneuerungen und Erweiterungen 
werden für Unterbau und Hochbau ganz wie bei den Eisen 
bahnneubauten im Wege der schriftlichen Submission auf 
Grund eines Voranschlags vergeben, und zwar je nach den 
Umständen in größern oder kleinern Summen. Nur Umbau 
ten an Brücken, Geleisen rc., bei denen eine Gefährdung des 
Bahnbetriebs nahe liegen kann, und bei denen daher große 
Vorsicht nöthig wird, werden wenn nöthig in Regie durch 
Taglohnarbeiter in unmittelbarer Aufsicht und Verrechnung 
des techn. Beamten ausgeführt. Alle zum Betrieb nöthigen 
Materialien werden im Submissionswege in größern oder 
kleinern Parthien vergeben, mit Ausnahme der Kohlen nnd 
des Holzes; erstere werden von den betr. Gruben, letzteres 
von der K. Staatsforstverwaltung um vereinbarte Preise 
direkt bezogen. 
Das Oberbaumaterial Schienen, Laschen, Bolzen, Nägel, 
Schwellen, wird ebenfalls im Submissionswege in Lieferung 
gegeben, nur bei den Schwellen können neben den Lieferungen, 
welche aus Submissionen hervorgehen, auch von verschiedenen 
und kleineren Lieferanten zu bestimmten Preisen so lange 
geliefert werden, als Bedarf vorhanden ist. 
Reparaturarbeiten an Hochbauten rc. werden in der Regel 
einschließlich der dazu nöthigen Materialien durch schriftliche 
oder manchmal auch nur mündliche Submission, wobei der 
betreffende Beamte die Angebote — einzeln — zu Proto 
koll nimmt, vergeben; nur bei kleinern Arbeiten, bei denen 
sich die Kosten und Preise nicht wohl voraus feststellen lassen, 
und wozu die Materialien aus eigener Verwaltung genommen 
werden können, tritt Taglohnsarbeit ein. 
Bei der eigentlichen Bahnunterhaltung wurde von jeher 
das Schottermaterial im Submissionswege zur Lieferung in 
kleinen Abtheilungen vergeben, im Fall die Verwaltung nicht 
eigene Steinbrüche oder Kiesgruben besitzt. Dabei kann ent 
weder fertiges Kleingeschläge oder ungeschlagene Steine ge 
liefert werden, im letztern Fall wird das Kleinschlagen wieder 
besonders in Akkord gegeben, wie es auch geschieht, wenn 
Steine in eigenen Brüchen oder an Felsböschungen gewonnen 
werden. 
Auch die Gewinnung von Kies in eigenen Kiesgruben, 
sein Reinigen, Beifuhr zur Bahn und in die Bahn, geschieht 
regelmäßig in kleinen Akkorden, meistens an Bahnarbeiter. 
Die Bahnunterhaltung im eigentlichen Sinne, das Auf 
nehmen und Krampen des Oberbaues, das Einziehen neuer 
Schwellen und Schienen rc. geschah bis zum Jahre 1867 aus 
schließlich im Taglohn, höchstens der Transport der Materia 
lien vom Lager- bis zum Verwendungsplatz im Akkord. Vom 
Jahre 1867 an hat der Unterzeichnete auch die Bahnunter 
haltung in Akkord auf größere Strecken eingeführt, und da 
der Erfolg ein befriedigender war, wird diese Unterhaltungs 
weise, so viel ihm bekannt ist, immer mehr ausgedehnt. Es 
wird aber nur Einzelakkord eingehalten und werden Preise 
bestimmt, in Abstufungen für das Heben des Geleises um 
1, 2 oder 3 Zoll rc., wobei vor Beginn der Arbeit die zu 
hebende Strecke nivellirt und das Maß der Hebung bestimmt 
wird, nach vollendeter Arbeit haben die Unternehmer 4 Wochen 
lang für das Festliegen des Geleises zu garantiren und jede 
Setzung durch neues Krampen zu beseitigen. Die Arbeit wird 
aber nicht an einzelne Unternehmer vergeben, sondern in 
kleinern Abtheilungen an Arbeitergruppen, um sich fortwährend 
einen Stamm von Arbeitern für die vorkommenden Fälle und 
nöthigenfalls den Sicherheitsdienst zu erhalten. Auch das 
Auswechseln von Schwellen, Schienen rc., sowie alle sonstigen 
Nebenarbeiten werden um voransbestimmte Einzelpreise im 
Akkord von den Arbeitern ausgeführt. 
Sowohl Verwaltung als Arbeiter stellen sich bei dieser 
Art der Bahnunterhaltung besser, als bei der Taglohnarbeit. 
Näheres darüber findet sich in den Referaten der techn. 
Commission des deutschen Eisenbahnvereins vom Jahre 1871. 
C. Binder. 
ad 3) Von Oberbaurath Schenck über die Art und 
Weise der zur Ausführung gelangenden Straßenbauten. Der 
selbe besagt: 
Bei den Staatsstraßenbauten Württembergs findet in 
der Regel die Vergebung der Bauarbeiten, wenn es sich um 
keine großen Summen handelt, im öffentlichen mündlichen 
Abstreiche statt, und zwar in der Weise, daß gewöhnlich die 
vorkommenden Erd-, Chaussirungs-, Maurer? und Steinhauer 
arbeiten einem Unternehmer übertragen werden, indem es 
schon häufig vorgekommen ist, daß, wenn die Arbeiten ge 
trennt an mehrere Akkordanten vergeben wurden, dieß zu 
Unzuträglichkeiten geführt hat, welche den Betrieb der Arbeit 
mehr oder weniger gestört haben. 
Im Allgemeinen hat sich diese Art der Vergebung ganz 
zweckmäßig erfunden; nur tritt bei großer Concurrenz der 
Nachtheil hervor, daß oft genährt durch Leidenschaft die Ab 
streiche so groß werden, daß die Unternehmer unmöglich be 
stehen können, ihre Verluste durch unsolide, schlechte Arbeit 
zu decken suchen, in Folge dann wieder die Bauten zu leiden 
haben, wenn nicht strenge Aufsicht ausgeübt wird. 
Handelt es sich dagegen um bedeutendere, größere Bau 
ten mit erheblichen «Lummen, so wird fast immer das Sub 
missions verfahren eingeschlagen; die Art dieser Vergebung 
hat sich in den meisten Fällen als die sicherste und beste be 
währt. Dabei muß aber vorausgesetzt werden, daß unter den 
Submittenten eine Auswahl stattfinden darf, da oft ein 
tüchtiger, schon bewährter Unternehmer selbst mit höherem 
Offert unbedingt einem weniger zuverlässigen, aber mit grö 
ßerem Abgebot aufgetretenen Liebhaber vorzuziehen ist. 
In Regie werden nur solche Arbeiten vorgenommen, 
welche sich gar nicht oder nicht gehörig im Akkordwege aus 
führen lassen, z. B. Gründungsarbeiten, Rntschbeseitigungen, 
schwierige Entwässerungen rc., wogegen die dazu erforderlichen 
Materialien und theilweise auch ihre Zubereitung, wie Hölzer, 
Steine, Kalk, Cement rc., gleichfalls meistens auf eine oder 
die andere Art verakkordirt werden. 
In den Jahren 1847 und 1848 wurden in Württemberg 
eine Reihe von Straßenbauten, um den armen Leuten Gelegen 
heit zum Verdienst zu geben, in Regie zur Ausführung ge 
bracht. Obgleich diese Bauten unter Controle und Aufsicht 
hergestellt wurden, so konnte solche doch nicht überall genügend 
geübt werden, so daß in den meisten Fällen große Kosten- 
anschlags-Ueberschreitungen stattgefunden haben. Nur da, wo 
über entsprechendes tüchtiges Parlier- und Unterausseherper 
sonal verfügt werden kann, dürfte sich bei Straßenbauten die 
Ausführung im Regiewege empfehlen. 
Kleinere Bauten und Ausbesserungen, sowie Baugegen 
stände in Gegenden, wo es an Concurrenz fehlt, werden auch
	        
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