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können. Uebrigens lehre die Erfahrung, daß Unterholz und
Gestrüpp weit eher in Brand gerathen als Strohdächer.
Prof. Baumgärtner weist darauf hin, daß bei der
bestehenden Vorschrift es in vielen Fällen nicht möglich sei,
in einem engen Thal mit bewaldeten Hängen eine Sägmühle
zu errichten.
Der Kommissionsantrag wird hierauf angenommen.
Zu §. 25. Entfernung der Gebäude von Eisenbahnen.
Kommissionsantrag für Gebäude mit brennbarer Bedachung,
statt 35 in. zu setzen 20 in.
Prof. Laißle ist mit jeder Verringerung des Abstandes
einverstanden, also auch mit der vorgeschlagenen. Er hält die
Entfernung von 7 in., welche für Gebäude mit feuersicherer
Bedachung gilt, für überflüssig groß. Namentlich kann sich
Redner nicht mit der weiteren Bestimmung befreunden, daß
im Falle die Bahn auf dem Damme liege, die Entfernung
von 7 in. um das l'/z fache der Höhe des Dammes vergrößert
werden müsse. Hiedurch seien die Rechte der Nachbarn der
Eisenbahn in einer bedenklichen Weise beschränkt und es lasse
sich mit Rücksichten der Feuersgefährlichkeit diese Bestimmung
nicht begründen.
Redner stellt den weiteren Antrag, den ganzen Abs. 2
zu streichen, weil
1) der Abs. 1 bei niederen Dämmen für die Entfernung
ausreichende Vorschrift biete;
2) bei hohen Dämmen die Entfernung von selbst sich da
durch entsprechend regulire, daß auf das Bahneigenthum
— den Dammfuß — nicht gebaut werden dürfe.
Oberbaurath v. Morlok betont, daß nicht allein feuer
polizeiliche Rücksichten maßgebend seien, sondern auch Rück
sichten auf die Bahn selbst. Die größere Entfernung der Ge
bäude gestatte einen Damm zu erbreitern für ein zweites Ge
leise mit billigerer Grunderwerbung. Die Eisenbahnen ver
dienen als öffentliche Verkehrswege dieselbe Rücksicht wie
Landstraßen, bei diesen werden auch Abstände vorgeschrieben.
Bauinspektor Köhler ist auch für Beibehaltung des
Abs. 2 wegen der geringeren Kosten, mit welchen die Her
stellung eines weiteren Geleises verknüpft ist.
Prof. Laißle: Um diesen Vortheil zu sichern, soll die
Bahnverwaltung sich den Grund und Boden kaufen oder ein
Servitut in dieser Hinsicht erwerben.
Bei der Abstimmung wird der Kommissionsantrag ein
stimmig und der Antrag Laißle's mit 9 gegen 7 Stimmen
angenommen.
§§. 26, 27 und 28 dem Kommissionsantrag entsprechend
unverändert.
Um 10 Uhr 30 Min. wird die Versammlung geschlossen.
Der Schriftführer:
E. Mayer.
Aürrfte ordentliche Wersammkung am 24. Februar 1877.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlier holz/
Schriftführer: E. Mayer.
Anwesend 23 Mitglieder.
1) Das Protokoll der letzten Sitzung wird vorgelesen und
genehmigt.
2) Der Vorsitzende theilt mit, daß das Mitglied
vr. Pilgrim ein Exemplar seines Buches: Theorie des
kreisförmigen Tonnengewölbes von konstanter Dicke mit nur
eigenem Gewicht dem Verein zum Geschenk gemacht habe.
Wird verdankt.
3) Die Ingenieure Carl List und Ludwig Vetter,
beide bei dem Eisenbahnbauamt in Wangen angestellt, vor
geschlagen von Oberbaurath v. Schlierholz, werden in den
Verein als ortsabwesende Mitglieder aufgenommen.
4) Von den Mitgliedern Baurath Wolf und Fabrikant
Stotz sind Musterfelder eines Treppengeländers ausgestellt,
welches von ersterem für die Villa Falk in Nürnberg
(Duzendteich) entworfen und von letzterem ausgeführt wurde.
Die Hauptstäbe sind aus gedrehtem blankem Schmiedeisen,
die Ausfüllung, Ranken mit Blattwerk und erhabenen Rosetten
von Messingguß ciselirt. Der Verein erblickt in dem Ganzen
eine sehr erfreuliche kunstgewerbliche, Leistung. Es wird von
Herrn Stotz mitgetheilt, daß zuerst beabsichtigt gewesen sei,
die Felderausfüllungen aus Schmiedeisen herzustellen, daß aber
bei dem geringen Preisunterschied der Bauherr sich für
Messingguß entschieden habe. Die Preise waren für Schmied
eisen 27 Mark für ein schräges und 24 Mark für ein gerades
Feld, in Messing 35 Mark für ein schräges und 32 Mark
für ein gerades Feld ohne die gedrehten Stäbe. — Herr-
Stotz stellt die Ausstellung einer in Messing getriebenen Ar
beit, welche er für die genannte Villa anfertigt, in Aussicht.
5) Fortsetzung der Berathung über die Vollziehungs
verfügung.
Zu den §§. 29—31 wird auch im Plenum kein Aen
derungsantrag gestellt.
Der Antrag der Kommission zu §. 32 wird fallen ge
lassen.
Ebenso der Vorschlag von Freund und Preu, der
Verein möge für die Gestattung von halbschühigen Giebel
wänden mit Verstärkungspfeilern (anstatt 25 cm. Minimal
stärke) eintreten, indem an dem neuen Ziegelmaße festzuhalten
und allem aufzubieten sei, dasselbe überall zur Anwendung
zu bringen.
Zu den §§. 33—36 wird kein Antrag gestellt.
8- 37. Die Kommission beantragt, den Minimalabstand
für die Gestattung von Schindelschirmen von der Eigenthums
grenze resp. Nachbargebäude auf 7 resp. 14 m. zu ermäßigen.
Von Herrn Freund ist ein Antrag eingesendet, 4 und 7 m.
zu bestimmen.
Oberbaurath v. Schlierholz motivirt die Verminderung
der Entfernung wie in der Kommission.
Baurath Günther bedauert nur, daß die Strenge des
Gesetzes auch bei isolirten Gebäuden, z. B. Sägmühlen, gegen
deren eigene Zubehörden in Anwendung komme.
Man vereinigt sich auf folgende Abstände: zu 1) 4 in.
und zu 2) 10 m.
Der weitere Antrag der Kommission bezüglich der jalousie
artigen Verschalung fällt.
Zu 38 wird kein Antrag gestellt.
§. 39. Der Kommissionsantrag, für hölzerne Balköne rc.
auch die Entfernung von 2,3 m. gelten zu lassen, wird mit
dem Amendement von Baurath Bok: „wenn sie steinernen
Gebäuden gegenüber stehen" angenommen.
§. 40. Entgegen der Kommission ist Baurath Bok der
Ansicht, daß nicht massive Dachausbauten in der Nähe anderer
Gebäude verwerflich seien. Oberbanrath v. Egle: Im Aus
druck „wegen der Nähe anderer Gebäude" möchte genauer an
gegeben werden, was hier unter Nähe verstanden wird. Auf
den Antrag Prof. Laißle's wird beschlossen, die Bitte aus
zusprechen, es möchte der fragliche Absatz näher präzisirt
werden.
tz. 41 Abs. 1. Anstatt des Kommissionsantrags bezüglich
jalousieartiger Verschalung wird beschlossen, es sei das Wort
Leisten auszulassen, dann heißt der Satz „daß die Fugen be
deckt werden".
Abs. 2. Die Entfernung von Gartenhäuschen rc. mit
Stroh- oder Schindeldächern von Häusern und Waldungen
will die Kommission von 30 resp. 100 m. auf 10 m. redu-
ziren. Baurath Bok spricht für eine Ermäßigung auf 5 in.
von Gebäuden und führt ein Beispiel an, wie in Zwiefalten
strohgedeckte Spaziergänge an ein anderes Gebäude seit
40 Jahren anstoßen, ohne daß je dies sich irgendwie gefährlich
gezeigt hätte. Ein derartiger Anbau neuerdings sei nicht ge
stattet worden.
Baurath Günther erwähnt, die Forstämter zeigen sich
bei einzelnen vorgelegten Gesuchen für Gestattung von Garten-