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zudecken. Es liegt also im Interesse der städtischen Behörden,
mit der Eröffnung der Straßen nicht zu lange zuzuwarten.
Von Frciburg aus erreicht man Altbreisach mit der von
Frciburg ausgehenden Zweigbahn, die nach Vollendung der
Brücke (s. Fig. 6) die Verbindung mit Colmar bildet. Breisach
selbst liegt auf einem Felsen hart am Rhein (Ausläufer des
Kaiserstuhls) und bildet so einen natürlichen Brückenkopf; die
Wichtigkeit Breisachs in militärischer Beziehung hängt damit zu
sammen, weil in großer Entfernung auf- und abwärts durch die
Altwasser des Rheins keinerlei Uebergangsstellc über den Rhein
vorhanden ist. Die ganze Gegend ist sehr flach, liegt theilweise
unter dem Hochwasser des Flusses und muß die Bahn mittelst
einer starken Rampe auf die Brückenbahn heraufgeführt werden,
was eine Zurückvcrlcgung der bis jetzt provisorisch hergestellten
Station nöthig macht, so daß sie etwa einen Kilometer von
Altbreisach entfernt liegt. Die Brücke wird von der Direktion
der Reichseisenbahnen ausgeführt und ist man erst mit Herstel
lung der Fundamente beschäftigt, was den Besuch der Baustelle
sehr interessant macht. Bezüglich der allgemeinen Verhältnisse
der Brücke ist noch zu erwähnen, daß bei Breisach das Hoch
wasserprofil des Rheins sehr beengt ist, indem die Hochwasser-
vämme hier fast bis zu den Parallelwerken herantreten, während
sie weiter oben 90 in. von denselben entfernt sind. Das Ge-
iälle des Rheins ist sehr stark, mittlere Geschwindigkeit bei
Mittelwasser 3,0 m., der Untergrund besteht aus schwerem Ge
schiebe (das man kaum mehr Kies nennen kann). Die Pfähle
sind sehr schwer einzutreiben gewesen. Bei großer Geschwin
digkeit des Wassers ist das Flußbett sehr veränderlich und wirft
sich der Stromstrich bald auf die eine, bald auf die andere
Seite des Flusses; die von Monat zu Monat aufgenommenen
Flußprosilc sind ganz verschieden, wir haben in der betreffenden
Zeichnung innerhalb zweier Monate Differenzen von 4 in. in
der Höhe der Flußsohle beobachtet. An einzelnen Stellen sind
Auskolkungen dis 12 in. unter Pegel 0 (der Elsäßer Pegel
— 0,26 m. über Niederwasser, der badische hat die 0 oben)
beobachtet, so daß die Arbeitsdrücke in Gefahr kam, am
15. Juni 1876 weggcwaschen zu werden, und die wankenden
Pfähle mittelst Faschinen gestützt werden mußten. Am genannten
Tag stieg an der Brücke der Rhein um 5,97 in. über 0,
während das Mittelwasser auf + 1,66 in , die Parallclwerke
2,8 in. über 0 liegen. Hierdurch brach der Hochwasserdamm
oberhalb, verursachte ein Sinken des Wassers und beseitigte die
Gefahr für den Arbeitssteg lote auch für die Stadt Altbreisach.
Die Brücke erhält 4 Oeffnungen von 70 in. Lichtweite
(72 in. Stützweite und 73 m. von Achse zu Achse der Pfeiler),
die Pfeiler werden pneumatisch fundirt (eigenthümlicherweise
nur mit einer Arbeitsschleuse), jede Oeffnung erhält eine geson
derte Eisenkonstruktion mit unten liegender Fahrbahn (s. Fig. 7).
System unsymetrisch doppelt, Vertikalständer in 3 in. Abstand
nur am Widerlager eine Druckendstrebe, die Gurtungen haben
hohle Kastensorm (s. Fig. 8), die Querträger liegen auf der
untern Gurtung auf, die Schienen ohne Vermittlung von Quer
schwellen direkt auf den Längsträgern.
Interessant ist auch die beabsichtigte Aufstelluugsart der
Brücke, da 'ein festes Gerüst aus den oben angegebenen Um
ständen nicht praktikabel erachtet wird, so soll jede Oeffnung
für sich übergeschobcn werden, wobei dieselbe auf dem defini
tiven Mittelpfeiler und einem provisorischen Holzpfeiler inmitten
der Spannweite ausruht. Um die Gurtungen zwischen den
Knotenpunkten nicht auf Biegung zu beanspruchen, sind die
Tragrollcn nicht fest am Pfeiler, sondern an den Knotenpunkten
des Trägers, und zwar dadurch, daß derjenige Knotenpunkt,
welcher eben auf den Pfeiler trifft, durch einen kleinen Wagen
unterstützt wird; dieser Wagen wird mittelst einer schiefen Ebene
unter den Knotenpunkt geschoben, sobald letzterer die Pfeiler-
kante überschritten hat, und läuft mit Hilfe einer solchen Schief-
ebene wieder herab, wenn der rückwärts liegende Knotenpunkt
zum Tragen gebracht ist.
Die Fundation der Pfeiler geschieht auf bekannte Weise
mittelst des pneumatischen Verfahrens, an dem einen Mittel
pfeiler war man mit dem Versenken beschäftigt, am andern war
eben der Caisson zum Ablassen parat gestellt, an dem andern
erst mit den Gerüsten und dem Schlagen der aus kantigen
i Pfählen bestehenden Umfassungswände begonnen.
Die Pfeiler bestehen, soweit sie unter Wasser zu stehen
kommen, aus Rauhmauerwerk mit Vorsatzsteinen (Mauersteinen)
aus buntem Sandstein, und im Innern aus rauhen unbearbei-
; tetcn Kalksteinen. welche in der Nähe (2 Stunden) brechen.
Als Mörtel wird kein Cement, sondern wie z. B. auch bei den
Hcllingsbauten in Kiel ein Gemenge von 1 Traf;, 1 schwarz.
Kalk, 1 Sand — 2 Raumtheilen Mörtel angewendet (auch
zum Beton). Es war vorgeschrieben, daß der Ccmentmörtcl
1 Tag außer Wasser befindlich und sodann 14 Tage im Wasser
liegend, sich derart erhärtet haben müsse, um 20 k. pro Dein.
Zuginanspruchnahme aushalten zu können. 42 Theile Mörtel
und 87 Theile Kies ergaben 100 Theile Beton, welcher in den
Baugruben in je 0,6 in. hohen Lagen eingebracht wurde.
Außer Wasser sollen die Pfeiler ebenfalls aus Mauerwerk der
genannten Art hergestellt werden mit einzelnen Quaderschichten,
außen aus buntem Sandsteine, innen aus rauhen Kalkstein
quadern. Der Unternehmer hat nur die Arbeit herzustellen,
alle Materialien liefert die Bauverwaltung. Die Gerüste der
Brücke sind etwas luxuriös hergestellt, beispielsweise die Piloten
kantig beschlagen. Man hätte Rundhölzer hiezu wohlfeiler er
halten und bequemer einschlagen können, da bei der groben
Beschaffenheit des Kieses die Pfühle sich nach allen Richtungen
drehen und schräg stellen. Sonst aber macht die Sache einen
sehr soliden Eindruck, namentlich auch die Arbeitsdrücke, die
Anstalt zur Erzeugung der komprimirten Luft, die Röhrcnleituug,
die Vorrichtungen zum Ablassen der Caissons u. s. w.
Zu dem Einrammen der ca. 30 cm. starken Spuntpfählc
wurden ca. 20 m. hohe Dampskettcnrammen verwendet, welche
ein Bärgewicht von 23 Zentnern und 2—4 in. Fallhöhe hatten.
Dieselben haben sich gut bewährt und nehmen wenig Platz ein.
Wir hatten Gelegenheit, einige Notizen über die Leistungen
dieser Rammen zu sammeln. Es wurden z. B. mit einer solchen
Ramme in groben Kies 40 Pfähle ca. 3,5—4 in. tief ein
gerammt. Hiebei waren verwendet (k. — Tagschichtc):
1 Maschinist mit 18 % t., welcher kostete 74 J& — /&
1 Heizer • „ 18 t, „ 59 „ 14 „
1 Zimmermann „ 15 s / 4 k-, „ „ 56 „ 70 „
| 3 Schiffer „ 41 '/„ t., „ „ 137 „ 50 „
2 Arbeiter „ 34*/ 2 t., „ „ 103 „ — „
Zusammen kosteten die 40 Pfähle somit 431 M. oder
1 Pfahl 10 M. 78 A
Bei einem zweiten Aufschrieb stellten sich die Kosten bei
! 38 Stück gleich tief eingerammter Pfähle wie folgt:
1 Maschinist erforderte 18 t., — 90 M. — Unkosten,
i 1 Heizer „ 171., — 56 „ — „
1 Zimmermann „ 9 '/ 4 t., — 31 „ 80 „
1 Schiffer .. 16-st t., = 56 „ 95 „
3 Arbeiter „ 46-st t., — 140 „ 25 „ „
somit betrug der Aufwand pro Pfahl 9 J& 87 A
An dem einen Pfeiler hatte sich in Folge des Hochwassers
von 1876 eine über Niederwasser reichende Kicsbank gebildet,
durch welche die Pfähle 9—13 in. tief getrieben werden mußten-
Zur Ausstellung der Rüstung wurden auf einer Pfcilerscitc
5 Pfähle eingerammt. Der Arbeitsaufwand aus das Einrammen
dieser 5 Pfähle betrug 19 t. beim Maschinisten, 18'st t. beim
Heizer, bei dem Zimmermann 16-st t. und bei 5 Schiffern
89 t., der Gesammtaufwand pro Pfahl somit 101 M. Sehr
interessant waren einige Abschnitte von Psahlköpfen , die uns
vorgezeigt wurden und von denen der eine durch die Schläge
der Ramme ganz verkohlt, der andere hiedurch wahrscheinlich
in Folge eines Sprungs des Pfahlrings in lauter einzelne
Faserbündel zertheilt war.
Der linksseitige Ortpfeiler, welcher vor Eintritt des großen
1876er Hochwassers schon ausgebaggert war, wobei die eben
falls angewendete indische Schaufel keine befriedigende Resultate
geliefert haben soll, hatte an einer Stelle, um das gebaggerte