Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Versicherung beträgt etwa ein Jahr und kostet pro Dm. 15 sS L >, 
sie wird namentlich da angewendet, wo Böschungen zeitweise 
auftretenden Winterhochwassern ausgesetzt sind. 
Dagegen gehört die sogenannte „Rysbelag"sicherung 
zu den stärksten provisorischen Bauten, und wird solche bis zu 
Niederwasserhöhe herauf ausgeführt. 
Zuerst wird hier eine Rohrlage von 25 vom. Stärke auf 
der Böschung ausgebreitet, auf diese kommt der Quere nach 
eine 13 am. starke Faschinenlage, worauf Pfähle durch beide 
Lagen getrieben und mittelst Zaungeflecht verbunden werden. 
Die Reihen stehen hiebei 60 cm. von einander entfernt. Die 
ganze Oberfläche wird aber mit schweren Bruchsteinen bedeckt, 
bis die Belastung ca. 155 Ir. pro □ in. beträgt. Diese Ufer 
sicherung kostet inklusive der Steine 30 pro □ m. und hält 
ca. 3—4 Jahre. Definitive Ufersicherungen bestehen aus den 
sogenannten Hangstucken, welche etwas schwächere Faschinen- 
matrazen als die Zinkstucken haben, sonst aber wie die letzteren 
konstruirt sind. Die Hangstucken werden an den Böschungen 
auch unter Wasser verwendet und mit einer starken Steinwnrf- 
lage beschwert. 
An geschützten Lagen werden zuweilen auch in Sand ge 
bettete Ziegelpflasterungen angewendet. 
An allen exponirten Stellen kommt dagegen das Stein 
pflaster in einer Stärke von 30 cm. in Anwendung, welches 
auf eine 20 cm. starke Schichte von Bruchziegeln gesetzt und 
von einer 1,0 m. starken wasserdichten Tegelschichte unterlagert 
wird. Die Pflastersteine werden cyclopisch zusammengerichtet. 
Wenn die Böschung keine horizontale Berme an ihrem Fuße 
hat, so werden längs dem Dammfuß in Entfernungen von 
30 cm. starke eichene Stämme zur Herstellung eines Fußes 
eingetrieben. In sehr exponirten Lagen werden auch noch 
Faschinenbündel ausgebreitet, welche mit Steinen gegen das 
Unterwaschen beschwert werden. Letztere Sicherung kostet durch 
schnittlich 2 M. pro Dm. 
Beilage 6 
zur 11. ordentl. Versammlung. Hiezu Zeichnungsbeil. Taf. 3. 
Port r ll \\ 
über 
die neue Irrenanstalt Schustenried, 
gehalten 
im Verein für GauKnnde den 12. Mai 1877 von Oaurath Vok in Stuttgart. 
Die Unzulänglichkeit der württembergischen Irrenanstalten 
(Winnenthal und Zwiefalten) führte in den Jahren 1867/69 
mit Nothwendigkeit zu der Errichtung einer weitern Anstalt, 
und wurde auf meinen damaligen Vorschlag das schöne groß 
artige Prämonstratenserkloster Schussenried, welches seit einer 
Reihe von Jahren als Wohn-Kaserne für 4 Geistliche, das 
Kameralamt, das Revieramt und für verschiedene Bedienstete, so 
wie als Magazin für das Hüttenwerk Wilhelmshütte diente, 
nach eingehender Prüfung zur Aufnahme der neuen Irren- 
anstalt ausgewählt. 
Es zeigte sich dasselbe nämlich wie kein anderes im Lande 
befindliches, disponibles Gebäude, hiezu besonders geeignet, 
sofern 
1) das Klostergebäude an sich durch seine große Ausdehnung, 
seine zweckmäßige innere Eintheilung (1 bündig mit 4 m. 
breiten und 4 m. hohen Korridors und entsprechend 
schönen Wohnräumen und Treppenanlagen) sich aus 
zeichnet; 
2) die Lage deflelben eine freie, ruhige, schöne, hochgelegene 
und gesunde ist; 
3) als das in der Umgebung desselben befindliche Areal 
auf größere Ausdehnung, wenigstens auf 3 Seiten, in 
Händen des Staats sich befindet und dadurch sowohl 
der erforderlichen Ausdehnung der Anstalt, als auch der 
Anlage von Gärten kein Hinderniß entgegensteht. Auf 
der Ostseite ist zwar — wie der beigegebene Situations 
plan zeigt — in ziemlicher Nähe das Anwesen eines 
Bräumeisters, und ist dasselbe sogar etwas erhöht ge 
legen; indessen ist ein nachtheiliger Einfluß auf die An 
stalt von dieser Seite nicht zu befürchten; 
4) als vortreffliches Trinkwasser in nächster Nähe vorhan 
den ist, und der Anstalt zugeleitet werden kann. 
Sodann ist als weiterer Vorzug hervorzuheben: 
5) Tie Nähe der nur 20 Minuten entfernten Eisenbahn 
station und die unmitelbare Nähe des Ortes Schussen 
ried mit nahezu 2000 Einwohnern (incl. Filialen), wo 
durch es möglich ist, die wichtigeren Lebensbedürfnisse 
sich leicht zu verschaffen. 
Diesen großen Vorzügen standen nun aber auch ver 
schiedene Nachtheile gegenüber, und zwar lagen solche 
einerseits in der Stellung, Form und Gestaltung des Ge 
bäudes, und andererseits darin, daß der vordere Hof von der 
Südseite durch die Kirche und das Hüttenwerk Wilhelmshütte 
abgeschlossen ist, und eine Ausdehnung nach dieser Seite nicht 
thunlich war. 
Die Nachtheile der Stellung und Form, beziehungsweise 
Eintheilung des Gebäudes bestanden im Wesentlichen darin, daß 
der vorhandene und nicht wohl zu ändernde Zugang zum Ge 
bäude an der Langseite des westlichen Flügels sich befindet, und 
nach der ganzen Lage des Gebäudes nicht verändert oder ver 
legt werden konnte. In Folge hievon mußte die Direktion und 
Administration in diesen Flügel — statt wie sonst in die Mitte — 
j gelegt werden, wenn nicht am Eingang in die Anstalt ein beson 
deres Administrationsgebäude erbaut werden wollte, was zwar 
wohl anfänglich vorgeschlagen, später aber aus verschiedenen 
Gründen, insbesondere auch der Kosten wegen, wieder aufge 
geben wurde. 
Sodaun ergaben sich bei der bestehenden Anlage für die 
Unterbringung der Oekonomie-Gelasse (Küche, Waschküche rc.) 
verschiedene Schwierigkeiten, da solche in dem Souterrain des 
(westlichen) Flügels der Administration keinen Platz fanden, 
und ein besonderes Gebäude hiefür schwer zu placiren und 
zugänglich zu machen gewesen wäre.
	        

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