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möglichste Trennung der nicht zusaminen passenden Kranken
gesehen ist.
Jede Abtheilung hat außerdem ihre besondere Garderobe,
Spulküche, Baderäume und Abtritte.
Die Abtheilungen der ruhigen Kranken haben ferner be
sondere Jsolirzimmer, um vorübergehend aufgeregte Kranke
absondern zu können.
Die Zimmer der Wärter liegen in der Regel neben und
zwischen den Schlafräumen der Kranken; bei ruhigen Kranken
theilen sie auch deren Schlafzimmer.
Aufenthalt -er Kranken im Freien.
Um dem Aufenthalt der Kranken im Freien möglichst
Vorschub zu leisten, ist für sede Abtheilung ein besonderer
Garten hergestellt worden, wie dies der Situationsplan zeigt.
Dabei ist darauf Rücksicht genommen, daß jede Abtheilung
möglichst direkt von ihren Tagräumen aus in den zugehörigen
Garten gelangen kann. Die Kranken des Hauptgebäudes ge
langen auf der männlichen Seite durch ein besonderes Treppen
haus, ohne mit den einzelnen Abtheilungen in Berührung zu
kommen, in den Verbindungsgang gegen das Gebäude der un
reinlichen Kranken, und von da durch einen Vorgarten in ihren
besonderen Garten. Auf der weiblichen Seite gelangen sie
direkt vom Hause aus in den Frauengarten.
Jeder Garten ist mit Bäumen und Grasbeeten angelegt,
enthält 1 bedeckten Pavillon, 1 Abtritt und 1 laufenden Brun
nen. Der große Männergarten enthält außerdem 1 Kegelbahn
und 1 Springbrunnen, der große Frauengarten ebenso 1 Spring
brunnen und 1 größeren Pavillon.
Die Gärten sind gegen außen durch genügend hohe Mauern,
unter sich durch hohe Bretterzäune mit steinernen Pfosten ab
geschlossen. Bei letzteren sind die 35 mm. starken, schräg über-
sälzten Bretter in Ruten der Steinpfosten eingeschoben und hat
sich diese Umfriedigung als sehr zweckmäßig, billig und dabei
dauerhaft erwiesen.
Gemüsegarten.
Zunächst hinter den äußeren Gebäuden, in welchen sich
die unruhigen Kranken befinden, und deren Höfen (Tobhöfen),
wurde nach der ganzen Breitenausdehnung der Anstalt ein
großer Gemüsegarten angelegt, dessen Fläche ca. 440 Ar beträgt.
Durch denselben geht der Abfluß des sog. Mangenweihers
in einem offenen Graben, der sich als Dohle unter den Ge
bäuden der Anstalt und denen des Hüttenwerks fortsetzt und
sodann in die Schüssen mündet.
Für den Fall eintretenden Hochwassers ist von dem Ein-
tritt des Wassers in den Gemüsegarten, an Stelle eines früheren
offenen Grabens, eine Uebereichdohle in westlicher Richtung
unter dem Gemüsegarten hindurch hergestellt worden.
Dieser Garten liefert die für die Anstalt erforderlichen
Gemüse in ausreichendem Maße. Durch Anbringung von
mehreren Wasserbassins mit laufenden Brunnen ist für das
erforderliche Wasser in genügender Weise gesorgt.
Die Anlage dieses großen Gemüsegartens ist von großer
Wichtigkeit für die Anstalt, nicht nur wegen der Gewinnung
der erforderlichen Gemüse, die andernfalls aus größerer Ent
fernung und mit hohen Kosten bezogen werden müßten, son
dern auch und vorzugsweise wegen der Beschäftigung eines Theils
der Kranken, da die Garten- wie auch die Feldarbeit als die
zweckmäßigste und heilkräftigste Beschäftigung derselben zu be
trachten ist. Es sollen sich in dieser Hinsicht namentlich die
englischen Irrenanstalten vor Allen anderen auszeichnen.
Aufenthalts»«»»» für Kranke und deren Cimelheiten.
Diese Räume sind theils Wohnzimmer, theils Schlaf
zimmer, Speise-, Gesellschafts- (Unterhaltungs- rc.) und Arbeits
zimmer.
Als Grundsatz gilt, daß überall, wo nicht Einzelaufenthalt
stattfindet, vollständig getrennte Wohn- und Schlaf
räume hergestellt werden müssen.
In einigen neueren Anstalten ist diese Trennung eine
vertikale, so daß die Schlafräume gewöhnlich in den oberen
Stockwerken und die Tagräume in den unteren sich befinden.
Bei andern Anstalten ist sie eine horizontale.
In Schussenried sind beide Systeme zur Anwendung ge
kommen, und sind namentlich die geräumigen oberen Stockwerke
der Eckpavillons zu Schlafsäälen verwendet worden. Die Zahl
der Betten eines Schlafsaals beträgt nicht über 12—14.
Auch in Zwiefalten ist es ähnlich.
Die Wohn- und Tagräume theilen sich in solche zum
ruhigen Aufenthalt und in solche zur Bewegung. Zu letzteren
werden (wie auch in Zwiefalten und Winnenthal) die schönen,
großen, luftigen Korridors verwendet.
Die Böden sind in sämmtlichen Tagräumen von Eichen
holz, gewichst, Luden Schlafräumen von Tannenholz, mit Oel
gestrichen.
Die Fenster sind gewöhnliche Fenster, mit Bascule-
Verschluß und einer Einrichtung, daß sie von den Kranken nickt
geöffnet werden können, wenn es denselben nicht gestattet
werden will.
Dieselben sind sämmtlich vergittert, und haben sie zum
Theil Korbgitter, wozu die vom Kloster vorhandenen sehr
schönen und großen Korbgitter verwendet wurden, zum Theil
sog. Rautengitter, welche sich durch ihre gefällige Form
und Billigkeit empfehlen und den Räumen nicht das Aussehen
von Gefängnissen geben, wie es bei gewöhnlichen Gittern der
Fall ist.
In den Zellen für die aufgeregten Kranken sind keine
besonderen Vergitterungen, sondern es sind — wohl hier zum
ersten Male — eiserne Fenster mit sehr dicken Scheiben zur
Anwendung gebracht.
Diese Einrichtung hat viele Vortheile und hat sich gut
bewährt, ist aber etwas theuer.
Da die Fenster die Größe der Fenster in den gewöhnlichen
Wohnräumen haben, so sind die Zellen sehr hell und freundlich.
Die Brüstungshöhe ist ca. 1,2 in.
In den betreffenden Tagräumen der unruhigen Kranken
sind die Fenster ebenfalls mit dickerenl Glas und eisernen
Sprossen hergestellt.
Jede Abtheilung hat, wie schon oben bemerkt, ihre beson
deren Abtritte (Pissoirs) in unmittelbarer Verbindung, ebenso
ihre Garderobe, Spül- und Theeküche.
Die Arbeitssääle und Werkstätten der männlichen Kranke!:
befinden sich im Erdgeschoß.
Als Betsaal wird der im oberen Stock des Mittelbaus
befindliche, oben angeführte Bibliotheksaal benützt und ist dessen
Lage zwischen den weiblichen und männlichen Abtheilungen
hiezu ganz geeignet.
Uebrnmäude.
In allen Wohn- und Schlafräumen der ruhigen Kranken
sind solche in gewöhnlicher Weise verputzt und theils mit Leim
farbe gestrichen, theils tapezirt.
In den Räumen der aufgeregten und unreinlichen
Kranken sind die Nebenwände mit Portlandcement verputzt
und mit Oelfarbe angestrichen.
Es ist nöthig, daß dieser Verputz nicht zu glatt abge
schliffen oder abgerieben und wenn inöglich längere Zeit zur
Erhärtung stehen gelassen, dann mit Schwefelsäure überstrichen
wird, bevor der Oelfarbanstrich stattfindet.
Abtritte.
Dieselben haben sog. Asphaltschläuche, welche unten in
fahrbare Fässer oder Tonnen (ko8868 mobile) münden, und
werden die Fäcalstoffe zur Düngerbereitung für die Gemüse
gärten verwendet.
Ueber deren Ventilation, welche sich sehr bewährt hat,
wird das Erforderliche weiter unten angegeben werden.