Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Kreppen. 
Die Treppen des Hauptgebäudes, welche sehr groß und 
schön angelegt sind und in den Ecken gegen den inneren Hof 
liegen — was schon früher bemerkt wurde — sind von 
Eichenholz. 
Für den Verkehr im Innern der Anstalt, insbesondere für 
die Kommunikation mit den einzelnen Abtheilungen und der 
Abtheilungen mit den Gärten und nach außen wurden an den 
Enden des Mittelbaus noch zwei Treppen von Cement her 
gestellt, welche sich gut bewährt haben und ist die eine von 
Portland-Cement, die andere von Grenoble-Cement. 
Lader. 
Wie schon oben angeführt, hat jede Krankenabtheilung 
im Allgemeinen ihre besonderen Bäder. Wo diese nicht in 
unmittelbare Verbindung mit den Abtheilungen gebracht wer 
den konnten, wie im Hauptgebäude, ist dafür gesorgt worden, 
daß man von jeder derselben in die Bäder gelangen kann, ohne 
eine andere Abtheilung zu berühren. 
Die Badwannen sind von emaillirtem Gußeisen. Der 
Zufluß des warmen und kalten Wassers erfolgt am Boden der 
Wannen und wird, wie auch der Abfluß des Badewassers, durch 
besondere Hahnen bewirkt und regulirt, welche unter dem Boden 
liegen und durch besondere Schlüssel bewegt werden. 
In jedem Badezimmer ist eine Douche für warmes und 
kaltes Wasser vorhanden. 
Das erforderliche warme Wasser wird in einem beson 
deren Apparat im Kesselhause mittelst Abdampf bereitet. 
Die Fußböden und Nebenwände sind von Cement und 
letztere mit Oelfarbe gestrichen. 
Mafferoersorgnng «ui» WafferMeitung. 
Unweit der Anstalt, am südwestlichen Ende des Ortes 
Schussenried befindet sich ein Hügel, von welchem schon seit 
früheren Zeiten das Trinkwasser für das Kloster hergeleitet 
wurde. 
Für die neue Irrenanstalt wurde unter der Leitung des 
Staatstechnikers für das öffentliche Wasserversorgungswesen, 
des Oberbauraths vr. v. Eh mann, eine neue Quellenfassung 
mittelst Herstellung einer ca. 100 m. langen Gallerie vorge 
nommen und hat sich dadurch ein Wasserreichthum von bestem 
Trinkwasser ergeben, der das Bedürfniß weit übersteigt. 
Leider liegen diese Quellen nicht so hoch, um das Wasser 
durch natürlichen Druck in die oberen Stockwerke der Anstalt 
zu bringen; es mußten deshalb auf den höchstgelegenen Dach 
böden derselben in den Eckpavillons zwei große eiserne Reser 
voirs aufgestellt werden, in welche das Wasser vom Kesselhause 
aus mit einer Dampfpumpe gepumpt wird. 
Von diesen Reservoirs aus ist die ganze Anstalt mit 
Wasser versorgt, so daß nicht nur die Bäder, die Küche, Wasch 
küche, sondern alle Spülküchen, Korridors, Pissoirs rc. mit 
Wasserzuleitung versehen worden sind. 
Außerdem ist eine besondere Feuerleitung eingerichtet 
und mit der nöthigen sonstigen Ausstattung, als Schläuche, 
Löschwerkzeuge und Geräthe rc., versehen worden. 
Die Wasserableitung aus den Bädern, Spülküche, Küche, 
Waschküche, Kesselhause rc. geschah durch wasierdichte Dohlen, 
welche in die bereits vorhandene, oben berührte Abflußdohle 
des Mangenweihers eingeleitet wurden. 
Heßling und Ventilation. 
Einen Gegenstand von größter Wichtigkeit für eine Irren- 
anstalt bilden die richtigen Heiz- und Ventilationsein 
richtungen, und erfordern diese ein äußerst sorgfältiges und 
genaues Studium in allen Einzelheiten. 
Die Verwendung gewöhnlicher Ofenheizungen ist nur bei 
den ruhigen Kranken und selbst da nicht ohne Bedenken hin 
sichtlich der Feuersgefahr thunlich; bei allen andern Kranken 
ist sie vollständig ausgeschlossen. 
Es drängt sich bei diesen Anstalten daher, wie bei keiner 
andern, die Nothwendigkeit der Anwendung von Central 
heizungen auf. In der Ausführung dieser Heizungen hat man 
nun auch glücklicherweise in den letzten Decennien so große 
Fortschritte gemacht, daß man sie jetzt überall mit Ruhe ein 
führen kann. 
Bei den ersten Entwürfen für die Einrichtung der Anstalt 
Schussenried im Jahre 1869/70, bei welchen es sich noch um 
eine kleinere Anstalt handelte, durfte ich es der Kosten wegen 
nur wagen, eine Alternative zwischen gewöhnlichen Oefen und 
gewöhnlicher Ofen-Luftheizung in Vorschlag zu bringen. Erst 
bei den späteren, weiter gehenden Entwürfen im Jahre 1872 
konnte ich den Vorschlag zu Einrichtung einer Dampf 
heizung für die ganze Anstalt machen, und wurde diese 
Heizung denn auch höheren Orts genehmigt, nachdem man sich 
von der Ausführbarkeit derselben und deren großen Vorzügen, 
durch Besichtigung einiger anderen schweizerischen Irrenanstalten 
(Königsfelden, Zürich rc.), überzeugt hatte. 
Die Vortheile der Dampfheizung sind im vorliegenden 
Falle, wie auch in den meisten andern ähnlichen Fällen, so 
überwiegend, gegenüber anderen Centralheizungsarten, daß 
die Entscheidung über die Wahl nothwendig zu Gunsten dieser 
Heizung ausfallen mußte. 
Dieselbe hat nämlich die großen Vortheile vor allen an 
deren Centralheizungen voraus, daß für die Heizung eines 
Gebäudes oder eines jeden noch so großen Gebäude 
komplexes nur eine einzige Feuerstelle erforderlich ist, 
und daß diese Feuerstelle außerhalb des Gebäudes oder des 
Gebäudekomplexes gelegen sein kann. 
Es trifft dies weder bei den Wasserheizungen und noch 
weniger bei den Luftheizungen zu. 
Ein weiterer, der Dampfheizung in höherem Grade 
zukommender Vortheil ist der der raschen und sicheren 
Heizung, selbst in den entferntesten Räumen. 
Nicht minder vortheilhaft zeichnet sich die Dampfheizung 
durch die angenehme Wärme aus, die sie erzeugt und kann 
bei derselben von einem Verbrennen oder Verderbt 
werden der Luft gar keine Rede sein, was bekanntlich den 
sog. Osenluftheizungen zum Vorwurf gemacht wird. 
Es kann ebenso wenig von Eindringen von Rauch rc., 
wie bei letzteren, die Rede sein, weil solcher bei den Dampf 
heizungen gar nicht vorhanden ist. 
Es ist vorzugsweise das Verdienst der Maschinenfabrikanten 
Gebr. Sulzer in Winterthur, die Dampfheizungen in 
neuerer Zeit zu solcher Vollkommenheit gebracht zu haben, daß 
das gegen dieselben (zum Theil aus Unkenntniß) bestehende 
Vorurtheil nach und nach überall schwindet, und daß man sie 
gegenwärtig überall anwenden wird, wo man nicht der größeren 
Einrichtungskosten wegen zu anderen wohlfeileren und damit 
auch weniger guten Heizsystemen greifen muß. 
Die Gebr. Sulzer, welche die Einrichtung von Dampf 
heizungen seit vielenJahren als Spezialität betreiben, haben zuerst 
für gewöhnliche Zimmerräume sog. Dampfwasseröfen konstruirt, 
welche einerseits eine rasche, und andererseits eine nachhal 
tige und gleichmäßige Erwärmung derselben gewähren, und 
geschieht dies dadurch, daß solche zum Theil mit Wasser gefüllt 
werden, welches durch den Dampf erwärmt wird; und daß für 
Durchströinung der Zimmerluft, oder (im Falle einer Venti 
lation) der äußeren Lust durch die Oefen, behufs deren Er 
wärmung, Einrichtung getroffen ist. 
Die Hauptschwierigkeiten bei diesen Oefen bestehen in der 
Ableitung des Condensationswassers und in einer selbstthätigen 
Regulirung des Austritts der Lust aus dem Ofen rc. beim 
Einströmen von Dampf, und des Eintritts der Luft nach dem 
Heizen rc. 
Diese Dampföfen sind nun überall anwendbar, wo Oefen 
gestellt werden dürfen, also in allen Räumen, in welchen sich 
ruhige Kranke aufhalten, und sie wurden daher in allen Räumen 
des Hauptgebäudes der Anstalt verwendet. Nur in den zu 
Schlafräumen benützten oberen Stockwerken der nordwestlichen
	        

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