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und nordöstlichen Eckpavillons sind gewöhnliche Dampfheizungs
röhren angewendet worden, welche allerdings die Wärmereser-
virung der Oefen nicht besitzen.
In adaptirten Gebäuden, wie im vorliegenden Falle, ist
ein anderes Heizsystem auch gar nicht wohl anwendbar, denn
jedes andere System würde mehr oder weniger kostspielige,
umständliche, theilweise höchst lästige Einrichtungen erfordern,
und zum Theil kaum ausführbar sein. Auch wäre dabei die
Einrichtung einer der Größe des Gebäudes entsprechenden Zahl
von Feuerstellen innerhalb des Gebäudes nöthig.
In den Gebäuden für die aufgeregten, für die un
reinlichen, blödsinnigen rc. Kranken können dagegen Oefen
nicht aufgestellt werden, sondern es müssen hier sog. Heizungen
mit erwärmter Luft ans dem weiteren Grunde Platz greifen,
weil nur bei diesen eine Erneuerung der schlechten Luft in
genügendein Maße inöglich ist.
In welcher Weise diese Luft erwärmt wird, ist nicht ganz
gleichgültig. Im vorliegendeil Falle erschien es als das Ein-
fachste, Zweckmäßigste und Beste, die Luft mittelst Dampf zu
erwärmen, zu welchem Behuf jeder Gebäudetheil mit der er
forderlichen Zahl von Heizkammern versehen wurde, in welchen
die Heizröhren liegen. Es war hiezu keine weitere Feuerstelle
nöthig, denn es konnte der erforderliche Dainpf aus derselben
Stelle bezogen werden, welche den Dampf für die Heizöfen
des Hauptgebäudes liefert.
Auf diese Weise werden nun die sechs Heizkammern der
Gebäude der unreinlichen, blödsinnigen und aufgeregten Kranken
der männlichen Abtheilung, wie die der weiblichen Abtheilung,
ebenso auch das ganze Hauptgebäude von der einzigen Feuer
stelle, nämlich von dem im vertieften Küchehof stehenden
Kesselhause aus geheizt, und bedarf es hiezu nur des OeffnenS
oder Schließens der betreffenden Ventile.
Für die Luftzuführung hätte es genügt, wenn die Heiz
kammern nlit der äußern Luft in passender Weise in Verbin
dung gesetzt worden wären; allein da es sich nicht blos um
Heizung, sondern um öftere Lufterneuerung handelte, wie es
bei dieser Art von Kranken (unreinlichen, aufgeregten rc.)
durchaus erforderlich ist, so wurde neben dem Kesselhause ein
Ventilator ausgestellt, durch welchen die äußere, reine Luft in
die sämmtlichen Heizkammeru getrieben, dort erwärmt und in
die Zimmer gepreßt wird. *
Da in Letzteren für Abzug der verdorbenen Luft gesorgt
ist, so kann mittelst des Ventilators eine fast beliebig oftmalige
Erneuerung der Luft während der schlechten Jahreszeit vor
genommen werden.
Der hier angewandte Ventilator hat einen Durchmesser
von 3 m. und wird durch Dampf in Bewegung gesetzt.
Verschiedene im Winter 1876 vorgenommene Messungen
in den entferntest gelegenen Tobzellen haben ergeben, daß die
erwärmte Luft durch den Ventilator in dieselben mit einer
Geschwindigkeit von ca. 1 in. und einer Temperatur von ca.
36 0 R. eingetrieben wird, was bei dem Querschnitt der Ein
trittsöffnungen von 30 l 27 cm. eine stündliche Luftzuführung
von ca. 290 kbm. und bei der durchschnittlichen Größe der
Zellen von 5 m. lang, 3 in. breit, 3,5 in. hoch, eine mehr als
fünfmalige Erneuerung der Luft einer Zelle pro Stunde ergibt.
Die Temperatur der abströmenden Luft wurde hiebei zu
ca. 17 0 gefunden.
Man sieht hieraus, daß es genügt, wenn der Ventilator
jeden Tag nur kurze Zeit in Bewegung gesetzt wird.
Als von besonderein Werthe kann noch der Umstand an
geführt werden, daß die Temperatur in den Zellen sich die
Nacht über nahezu konstant gehalten hat; es erfolgte in der
Regel niir eine Abkühlung von ca. 2 ", so das; also Kranke,
welche sich in ihren Zellen der Bekleidung entledigen, keine
Erkältung zu befürchten haben.
Daß bei der beschriebenen Einrichtung sowohl die Heizung,
als auch die Ventilation jederzeit auf die einfachste Weise, nur
durch Drehung der entsprechenden Ventile in oder außer Wir
kung gesetzt werden kann, soll nur nebenbei bemerkt werden.
Außerdem aber kann auch jeder einzelne Ofen,
jede einzelne Heizkammer und jedes einzelne Zim
mer ganz nach Belieben von der Heizung ausge
schlossen werden.
Betreffend den Kubikinhalt der geheizten Räume, so haben
die sämmtlichen im Hauptgebäude mit Dampfheizung erwärm-
ten Räunre der Anstalt (excl. Wohnungen) einen Raumgehalt
von ca. 23,000 kbm., und die in den Neubauten mit Dampfluft-
heizung versehenen Räume einen solchen von ca. 9000 kbm.
In dein Voraugeschickten ist auseinander gesetzt worden,
in welcher Weise die Lufterneuerung in den Zellen und Räumen,
in welchen sich aufgeregte und unreinliche Kranke jeder
Art aufhalten, stattfindet.
Im Hauptgebäude, in welchem die ruhigen Kranken sich
befinden, ist eine solche Erneuerung nicht für nöthig erachtet
worden, und wäre solche auch nicht wohl ausführbar gewesen.
Dagegen ist für nöthig erachtet worden, für die im Haupt
gebäude befindlichen Abtritte, welche mit den Tagräuinen
(Korridors) direkt in Verbindung stehen und aus welchen sich,
wie leicht zu ermessen, sehr lästige Gerüche für das ganze Ge
bäude entwickeln könnten, eine besondere Ventilation einzu
richten. Es geschah dies aber nicht auf dem Wege der Pul
sion (Lufteinpressung), welche abgesehen davon, daß sie hohe
Kosten verursacht hätte, wohl keine günstigen Resultate zu
liefern im Stande gewesen wäre, sondern auf dein Wege der
Aspiration (Luftabsaugung).
Diese Aspiration wurde hergestellt durch Benützung der
Wärme der abgehenden Rauchgase der Dampfkesselfeuerungen,
und wurden diese zu gedachtem Zwecke nicht wie gewöhnlich
in einem freistehenden Dampfkamin abgeleitet, sondern in einem
eisernen Rauchrohr von 1 in. Durchmesser, welches innerhalb des
Hauptgebäudes an passender Stelle aufgestellt, und in welches
der Rauch unter dem Küchehof hindurch geführt wurde.
Um dieses Rauchrohr wurde in angemessenem Abstand ein ge
mauerter Mantel aufgeführt, und wurde dieser Zwischenraum
mit den untern Ausmündungsräumen der Abtrittröhren in
Verbindung gebracht.
Durch die Erwärmung des Rauchrohrs ergab sich nun
eine Luftströmung nach oben, welche die Luft aus den genann
ten Abtritträumen und damit zugleich aus allen Abtritten der
verschiedenen Stockwerke nach unten absaugte, was zur
Folge hat, daß die Luft von den Korridoren und Zim
mern nach den Abtritträumen strömt und nicht um-
gekehrt.
Diese Ventilationseinrichtung hat sich als außerordentlich
wirksam und günstig erwiesen, und es ist derselben hauptsäch
lich zuzuschreiben, wenn in den Tagräumen fortwährend reine
und gute Luft anzutreffen ist.
Eine gleiche Einrichtung ist — nebenbei bemerkt — von mir
auch in dem Ludwigsspital in Stuttgart zur Aspirations
Ventilation der mit Dampfluftheizung erwärmten Krankenzim
mer schon im Jahr 1863 getroffen worden, und es ist höchst
erfreulich dort zu beobachten, welche kräftige Wirkungen diese
Einrichtung ohne jedweden besonderen Betriebsauf-
wand hervorbringt.
Diese Aspirationseinrichtung wird wie dort, so auch in
Schussenried gleichzeitig zur Ventilation der Küche und Wasch
küche, sowie des Schnelltrockenapparats benützt, und insbeson-
ders zur Entfernung der unvermeidlichen und lästigen Dämpfe,
welche Dampfkoch- und Dampfwaschküchen haben, und welche
auf andere Weise kaum zu beseitigen sind.
Bei den im Winter 1876 in dem Mantelraum des Kamins
vorgenominenen Messungen hat sich durchschnittlich eine Ge
schwindigkeit der Luft von 1 m. gezeigt und ergibt sich hieraus
bei dem Querschnitt des Zwischenraumes von ca. 1,54 Dm. eine
durchschnittliche Luftaspiration von ca. 5500 kbm. pro Stunde,
welche bei Tag und einem Theil der Nacht ziemlich gleichmäßig
vorhanden ist, was einer nahezu Imaligen Erneuerung